ALG-Kantonsrätin ärgert sich «gewaltig»

Kaum Fortschritte: Kritik an Zuger Gleichstellungspolitik

Kolin wurde am diesjährigen Weltfrauentag plötzlich zum Feminist. (Bild: zvg)

Die Zuger Regierung sei desinteressiert und zeige passiven Widerstand in Sachen Gleichstellung: Die alternativgrüne Kantonsrätin Tabea Zimmermann kritisiert die schleppende Umsetzung von Massnahmen zur Förderung von Frauen.

Wie steht es mit der Gleichstellung im Kanton Zug? Das wollten die drei Kantonsrätinnen Tabea Zimmermann Gibson (ALG), Hanni Schriber-Neiger (ALG), Anna Spescha (SP) sowie Kantonsrat Luzian Franzini (ALG) von der Zuger Regierung wissen. Diesen Frühling reichten sie eine Interpellation mit Fragen ein.

Insbesondere wollten sie erfahren, wie der Kanton Zug die Erfolge seines Massnahmenplans zur Gleichstellung beurteilt. Nun liegt die Antwort der Regierung vor – und der gesamte Bericht zur Standortbestimmung des Massnahmenplans 2016–2018.

Kein einziges Ziel wurde vollständig erreicht

Die Antwort der Regierung «ist nicht befriedigend, jedoch entlarvend», meint Tabea Zimmermann Gibson. Sie findet klare Worte: «Man merkt, dass die Regierung dem Thema Gleichstellung gegenüber Desinteresse und passiver Widerstand zeigt.»

Wer die 27-seitige Standortbestimmung zum Massnahmenplan zur Hand nimmt, sieht: In einigen Bereichen wurden zwar Fortschritte erzielt. Doch die Regierung – die aus sechs Männern und einer Frau besteht – schreibt selber: «Bei keiner der Massnahmen konnte das Ziel jedoch vollständig erreicht werden.»

Zimmermann stört sich an lapidarer Haltung

«Ich bin über viele Stellen gestolpert», meint Zimmermann Gibson. Es ärgere «gewaltig», dass der Regierungsrat laut Verordnung die erforderlichen und wirksamen Mittel sprechen sollte, aber keine Ressourcen zur Verfügung stellt.

Am offensichtlichsten wird das ihrer Meinung nach bei der Massnahme, wo es um das Engagement für die Lohngleichheit geht. Die Regierung schreibt «lapidar» laut Zimmermann: «Aufgrund fehlender personeller und finanzieller Mittel verzichtete das Personalamt darauf, am vorgesehenen Bundesprogramm ‹Engagement Lohngleichheit› teilzunehmen.»

Jury-Vertretung: Es harzt mit dem Frauenanteil

Ein weiteres Ziel ist laut Massnahmenplan, mehr Frauen in die Beurteilungsgremien zu bringen, die im Einflussbereich des Kantons sind.

«Man merkt, dass die Regierung dem Thema Gleichstellung gegenüber Desinteresse und passiven Widerstand zeigt.»

Tabea Zimmermann Gibson, Zuger ALG-Kantonsrätin

Ein Blick in die Zusammensetzung der Jurys aus dem Jahr 2018 zeigt: Die meisten sind ausgewogen – zwei aber deutlich männerdominiert. Während Frauen und Männer gleichermassen in Jurys von Kunst, Musik und Kultur vertreten waren, sass in den Jurys zum Innovationspreis und zum Ideen- und Investorenwettbewerb gerade einmal eine einzige Frau:

Die Regierung geht auf die Unterschiede nicht genauer ein. «Es scheint dabei nicht aufzufallen, dass diese sechs Jurys im Themenbereich von Kunst und Kultur liegen, wo eine hohe stereotypische Nähe zu Frauen besteht», schreibt Zimmermann Gibson.

«Die Regierung ist so unsensibel, dass sie nicht selber bemerkt, wie oft sie selber in Stereotypen denkt.»

Das ist ihr ein Dorn im Auge. «Es ärgert, wenn man sieht, dass die Regierung bezüglich des Themas Gleichstellung so unsensibel ist, dass sie nicht selber bemerkt, wie oft sie selber in Stereotypen denkt.»

Keine regelmässige Treffen zwischen Bund und Kanton

Aus der Antwort der Regierung auf die Interpellation wird auch ersichtlich, dass sich der Kanton nicht regelmässig mit dem Bund in Fragen der Gleichstellung trifft.

Die Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten funktioniert als Zusammenschluss aller öffentlichen Fachstellen und Büros für die Gleichstellung von Bund, Kantonen und Städten. Weil der Kanton Zug weder eine Fachstelle noch ein Büro für Gleichstellung besitzt, fallen folglich auch die Treffen weg.

Zudem hat der Kanton Zug für die Gleichstellungstätigkeiten oder die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe keine zusätzlichen Stellenprozente geschaffen.

ALG-Kantonsrätin Tabea Zimmermann Gibson. (Bild: wia)

Immer noch wenige Frauen im oberen Kader

Ein weiteres Ziel war, Frauen im Kader der kantonalen Verwaltung zu fördern. Und das über alle Direktionen hinweg.

Verglichen mit dem Jahr 2017 stieg 2018 der Anteil der Frauen im mittleren Kader von 43 Prozent auf 46 Prozent. Im oberen Kader blieb der Anteil der Frauen jedoch mit 27 Prozent vergleichsweise tief.

«Es ist offensichtlich, dass der bisherige Einsatz nicht genügt.»

Auch fanden weder mehr Frauen Einzug als Amtsleiterin noch als Abteilungsleiterin. Bei den Amtsleitenden liegt der Frauenanteil 2018 bei sieben Prozent. Verglichen mit dem Jahr 2017 ist bei den Abteilungsleitungen der Frauenanteil von 31 Prozent im 2018 auf 30 Prozent gesunken.

Regierung setzt sich «schwammige Ziele»

«Es ist offensichtlich, dass der bisherige Einsatz nicht genügt», so ALG-Kantonsrätin Zimmermann Gibson. Die Ziele und Massnahmen der Regierung seien nicht wirklich spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert. «Nirgends hat man den Eindruck, dass spezifische Ziele festgelegt worden sind – die Rede ist nur von schwammigen Zielen wie ‹verbessern›.»

Ihr fehlen Daten und Ressourcen, zudem seien schwammig formulierte Zielsetzungen nicht realistisch. Vor allem, wenn sie gesamtgesellschaftliche Veränderungen betreffen würden, wie die Berufswahl junger Frauen und Männer, so Zimmermann.

Denn auch das ist ein Ziel im Massnahmenplan: Das Berufs- und Studienwahlspektrum für junge Männer und Frauen zu erweitern. In Lehrberufen in der Gesundheits- und Dienstleistungsbranche konnten mehr junge Männer gewonnen werden:

In den eher männerlastigen Berufen wie Technik und Informatik stieg der Anteil weiblicher Lernenden. Allerdings entschieden sich weniger junge Frauen für einen Beruf in der Baubranche:

ALG-Kantonsrätin spricht von Fortschritten in Ameisenschritten

Die Förderung der Gleichstellung werde «stiefmütterlich behandelt» und verweile «in der Prioritätenliste der Regierung tief unten», so Zimmermann weiter. Der Massnahmenplan der Regierung bringe kaum Fortschritte. Dafür seien finanzielle und zeitliche Ressourcen nötig, um die Massnahmen richtig aufzugleisen, zu begleiten und umzusetzen.

«Da es keine Mittel für die Förderung der Gleichstellung gibt, geht alles so weiter wie bisher. Dies bedeutet, dass Fortschritte nur in Ameisenschrittlängen gemacht werden.»

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