Joe Steiners Pionier-Airboard nur «genügend»

«Kassensturz»-Test: Fünf Boards versenkt, zwei Sieger, ein frustrierter Zuger

Stolzer Zuger Unternehmer, aber vom TV enttäuscht: Joe Steiner.

 

(Bild: hae)

Der Zuger Sportartikel-Hersteller Joe Steiner (59) ist enttäuscht. Bei einem «Kassensturz»-Test erhielt sein Stand-up-Paddleboard zwar die Note «genügend». Doch der erfolgsverwöhnte Unternehmer findet, es sei viel zu schlecht bewertet worden. Weil die TV-Macher entscheidende Faktoren unberücksichtigt liessen.

Joe Steiner war einst taffer Qualitätsmanager, der seine Leidenschaft zum Lebensinhalt machte: Vor 25 Jahren ertüftelte er im Alleingang einen aufblasbaren Schlitten, nannte ihn Airboard und brachte einen neuen Nervenkitzel in unsere Berge. Seine Kunden flitzten auf dem Bodyboard kopfvoran und lauthals vor Freude lachend über die Pisten.

Von Adelboden bis Zermatt rodelten die Airboard-Rider über den Schnee. Fun-Care nannte Joe Steiner ab 2001 seine Firma, welche heute fünf Angestellte beschäftigt.

Vom Schnee ins Wasser

Dank langjähriger Erfahrung beim Bau von Luftkörpern konstruierte seine Firma vor acht Jahren auch aufblasbare Stand-up-Paddleboards (SUP). Fun-Care konnte der auf feste Bretter setzenden Surfbranche entscheidende Impulse geben, wie ein solides «Luftbrett» auszusehen habe.

«15 Zentimeter dicke Boards sorgen für eine gute Steifigkeit und Solidität, das war unser Erfolgsrezept», erklärt Joe Steiner. Damit das Board ideal übers Wasser gleitet und dem Paddler auch bei Wellengang und Wind einen guten Stand gibt. Seine Entwicklungen für Airboard-SUPs wurden weltweit in der Branche Standard, die Konkurrenz unterscheidet sich heute nur noch leicht in Farbe und Design.

Neun Boards zwischen 400 und 900 Franken geprüft

Der Sommer ist heiss, und viele Wassersportler sind wieder stehend auf solchen Brettern unterwegs. Gar Yoga und Meditation wird bereits auf den Boards gemacht – aber Joe Steiner ist alles andere als relaxed: Denn die SRF-Sendung «Kassensturz» setzte nun zu einem Test an, um zukünftigen Paddlern auf allen Seen Kauftipps zu geben, da man bereits von einem «Wasserspass für die breite Masse» sprechen könne.

«Dieser Test ist zwar spannend anzuschauen, aber leider unvollständig!»

Joe Steiner, Chef Fun-Care

Fünf der Boards soffen vor den Augen von rund 360’000 staunenden Zuschauenden gleich kläglich ab. «Ungenügend», so das harte Urteil.

Weniger hart wurde Steiners Produkt beurteilt: immerhin 4,0, gerade mal «genügend». Grösster Kritikpunkt: Das Airboard verbiege sich zu leicht – dabei war die Steifigkeit doch die Kernkompetenz der Airboard. «Das tut uns besonders weh», sagt er. 

«Die Testkriterien wurden sorgfältig im Vorfeld mit verschiedenen Wassersport-Experten erarbeitet.»

Ursula Gabathuler, Redaktionsleiterin «Kassensturz»

Ursula Gabathuler, Redaktionsleiterin «Kassensturz» / «Espresso», erklärt dazu: «Beim SUP-Test handelt es sich um einen klassischen Praxistest. Dabei ist selbstverständlich eines der wichtigsten Kriterien, wie sich die Boards beim Paddeln im Wasser verhalten. Die Testkriterien wurden sorgfältig im Vorfeld mit verschiedenen Wassersport-Experten erarbeitet.»

Service, Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit fehlen

«Dieser Test ist zwar spannend anzuschauen, aber leider unvollständig!», weiss Unternehmer Joe Steiner. «Im Jahre 2017 sollten Serviceleistungen, Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit bei Produktetests doch auch stets hinterfragt werden. Das ist mindestens so wichtig wie Sicherheitshinweise oder Einpacken und Auspacken. Diese Faktoren waren beim TV-Test von SRF aber leider kein Thema – das darf doch nicht sein!»

Der «Kassensturz»-Test

Auf diese Weise testete das Schweizer Fernsehen SRF die SUP-Boards: Neun Bretter mit Preisen zwischen 400 und 900 Franken wurden auf dem Thunersee geprüft. Es gab eine interessante 10-Minuten-Sendung mit allerlei Wissenswertem und gar Sicherheits-Tipps. Die «Kassensturz»-Tester liessen sieben Wassersportfans – Instruktoren, ein Rettungsschwimmer, Sportler und Laien – nach sieben Kriterien werten. Sie vergaben Punkte nach dem System der Schulnoten von 1 bis 6. Wichtigste Testfaktoren waren das Paddeln im Wasser und das Paddel, welche allein schon 60 Prozent der Punkte ergaben.

Ursula Gabathuler vom «Kassensturz» kontert: «Bei einem solchen Praxistest allfällige Service-Dienstleistungen mit zu bewerten, würde den Rahmen sprengen.» Zudem hätten die Boards alle die gesetzlich vorgeschriebene Zwei-Jahres-Garantie. Diese Garantie-Leistungen zu prüfen, wäre ein ganz anderer Test.

Mangelnde Kenntnis der Materie?

Auch Stefan Ulrich (29), Verkaufsleiter bei Joe Steiner und selber SUP-Instruktor, ärgert sich: «Wir haben das mit 3,34 Metern zweitlängste der neun Testboards, und dann wird im Test bemängelt, dass es schwer zu manövrieren sei. Das ist doch logisch! Dafür gleitet unser Board aber wunderschön, was auf Dauer viel entscheidender ist, wenn man länger auf dem Brett ist.» Ulrich wirft den Testern mangelnde Kenntnis der Materie vor, weil Wendigkeit keine Schlüsseleigenschaft sei.

Halten am «genügenden» Board fest: Joe Steiner und Verkaufsleiter Stefan Ulrich.

Halten am «genügenden» Board fest: Joe Steiner und Verkaufsleiter Stefan Ulrich.

(Bild: hae)

Auch die Farbe war kein Thema, und die sei gerade bei grosser Hitze sehr entscheidend: ob man heisse Füsse bekommt, der Kunststoff sich unnötig erhitzt und dann darunter leidet. Ulrich: «Wir setzen bei unseren Airboards auf helle und fröhliche Farben.»

«Einige Grossverteiler werfen die fehlerhaften Teile der Konkurrenz einfach weg.»

Joe Steiner, Airboard-Erfinder 

Ausserdem ist man bei Fun-Care sicher, dass Airboards ganz vorne im Ranking dabei gewesen wären, wenn die «Kassensturz»-Tester nur schon das zweitgünstigste von den neun verschiedenen Zuger Airboard-Typen ausgewählt hätten. «Es wären dann immer noch drei der neun Konkurrenzboards teurer gewesen. Doch das ist Pech», so Steiner. Hier nochmals Redaktionsleiterin Gabathuler: «Die Auswahl der Boards erfolgte nach einer sorgfältigen Marktabklärung. Wir testeten jeweils die meistverkauften Boards der verschiedenen Marken. Und das Modell ‹Fun› ist das meistverkaufte der Marke Airboard.»

Service-Klinik für Zuger Airboards

Steiner, der als Qualitätsmanager beim Transportunternehmen DHL seine Karriere anfing, weiss, dass er mit seinen Produkten nach wie vor das Bedürfnis der Kundschaft in Sachen Preis und Leistung optimal trifft: So bietet er eine Service-Klinik an: Kleinere Schäden werden innert eines Tages gleich in Zug behoben. «Einige Grossverteiler werfen die fehlerhaften Teile der Konkurrenz einfach weg und geben den Kunden ein neues. Das ist nicht nachhaltig und entspricht nicht unserer Philosophie.»

Die Firmen, welche die «ungenügenden» Boards im Verkauf haben, versprachen gegenüber «Kassensturz» Verbesserung. Joe Steiner braucht das nicht zu tun, weil seine Boards ja sehr tauglich sind. Aber er fühlt sich mit dem Urteil «genügend» unterbewertet.

Auch Joe Steiner zog seine Lehren

Und so hat auch der Zuger Kleinproduzent seine Lehren gezogen. Joe Steiner wird versuchen, mehr Druck zu machen – nicht aufs Fernsehen, sondern auf seine Boards: «Wer mehr Luft ins Airboard pumpt, erhält mehr Stabilität und Steifheit.» Er hat sich beim TV-Test-Journalisten gemeldet und ihm seinen Unmut kundgetan. «Ich konnte ihm klar machen, wie klein der Grat zwischen Nutzen und Schaden sein kann. Wir als kleine innovative Firma fühlen uns hier einfach ungerecht behandelt.»

Mittlerweile nimmt der Unternehmer es sportlich und mit Humor. Deshalb lautet Joe Steiners Urteil über den «Kassensturz»-Test: 4,0, gerade mal «genügend».

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