Kantonsrat steht in der Verantwortung

Unser Parlament ist auf die Stadttunnel-Vorlage eingetreten und nimmt dazu am 11. Dezember die Detailberatung auf. Die Schlussabstimmung wird im Januar erwartet. Jetzt gibt es Kantonsräte, die gerne bereits von der Volksabstimmung sprechen: «Nun soll das Volk entscheiden», heisst das Motto. Ratsmitglied Eugen Meienberg meinte sogar: «Ist man gegen den Stadttunnel, möchte jedoch das Zuger Stimmvolk darüber entscheiden lassen, muss man im Kantonsrat Ja stimmen.» Eine etwas seltsame Logik, die zeigt, dass sich bestimmte Politiker aus der Verantwortung nehmen wollen.

Die Volksvertreter sind gewählt, damit sie Sachfragen gründlich analysieren und erörtern, sich eine eigene Meinung bilden und zu dieser auch stehen. In der aktuellen Situation erwartet «das Volk» von allen Kantonsrätinnen und Kantonsräten, dass sie die Vorlage inhaltlich-materiell beurteilen und dann nach bestem Wissen entscheiden. Die parlamentarische Debatte soll den Meinungsbildungsprozess bereichern und mit der Schlussabstimmung wahrhaft abbilden.

Im Rat gibt es eine Tendenz, die Vorlage auf Fragen des Budgets und der Finanzierung zu reduzieren. So soll das Preisschild von 950 auf 850 Millionen Franken gesenkt werden – eine Augenwischerei, weil die Projektrealisierung schliesslich ohnehin auf über eine Milliarde Franken käme. Bei der Finanzierung zeigt sich, dass eine massive Anhebung der Motorfahrzeugsteuer angesagt ist, der in Zukunft noch eine Erhöhung der generellen Steuern folgen könnte.

Das Parlament kommt nicht umhin, sich mit Grundsatzfragen zu befassen: Macht es wirklich Sinn, mit einem Gross-Infrastrukturprojekt aus dem letzten Jahrhundert an die Planung der Mobilität ab 2030 heranzugehen? Sind die grossen geotechnischen Risiken des Vorhabens vertretbar? Wem bringt es etwas, wenn mit der Tunnelanlage ab 2030 auf dem gesamten Gebiet der Stadt Zug deutlich mehr Autos zirkulieren als ohne Stadttunnel?