Methoden der IV Luzern sind nicht zulässig

Kantonsgericht untersagt strittige Hirnstrommessung

Hirnstrommessungen sind umstritten, und laut Kantonsgericht nicht zulässig, um IV-Fälle zu beurteilen.  (Symbolbild: Wikimedia/Baburov)

Die IV-Stelle Luzern verweigerte einem Patienten eine Rente. Sie stützte sich dabei auf ein ärztliches Gutachten mit Hirnstrommessungen. Nur: Diese Methode ist äusserst umstritten. Der Versicherte wehrte sich vor dem Luzerner Kantonsgericht und bekam recht: Er hat Anrecht auf eine IV-Rente. Das Gericht kritisiert das IV-Gutachten scharf.

Das Kantonsgericht hat eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde eines Versicherten gutgeheissen – es spricht ihm eine halbe Rente zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Die IV-Stelle Luzern hatte zuvor dem Versicherten den Rentenanspruch abgesprochen. Grund: Es bestehe kein Gesundheitsschaden mit dauerhafter Einschränkung der Leistungsfähigkeit und Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Zu diesem Schluss kam die IV aufgrund eines versicherungsinternen Gutachtens des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD).

Nebst einer psychiatrischen Abklärung führte der betreffende Arzt auch Hirnstrommessungen durch. Der Arzt ging von einem Burn-out-Syndrom aus und unterstellte dem Versicherten, dass er seine Krankheitserscheinungen übertrieb.

Nicht wissenschaftlich anerkannt

Das Kantonsgericht Luzern veranlasste daraufhin ein eigenes psychiatrisch-neuropsychologisches Gutachten. Dieses kritisierte das Vorgutachten des RAD-Arztes scharf. Der Experte hält fest, dass Hirnstrommessungen keine wissenschaftlich anerkannte Methode seien, um psychische Gesundheitsstörungen und Simulationen festzustellen.

Aus Sicht des Gerichtsgutachters sind die Hirnstrommessungen als obsolet anzusehen und in keiner Weise validiert. Ausserdem sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis aufgrund des praktisch fehlenden gutachterlichen Nutzens nicht vertretbar.

Hirnstrommessungen lassen sich nicht rechtfertigen

Das Kantonsgericht Luzern folgte in seinem Urteil vom 10. November 2016 der Auffassung des Gerichtsgutachters. Es hielt mit Blick auf die Expertise und die von weiteren Fachärzten verschiedentlich geäusserte Kritik an den Untersuchungsmethoden des RAD-Arztes fest: «Es fehlt an einem breit abgestützten Konsens, welcher gestatten würde, die streitige Abklärungsmethode als zuverlässige Grundlage für die Beurteilung von psychischen und kognitiven Beschwerden zu betrachten.» Die Anwendung der Hirnstrommessungen zur Abklärung eines Leistungsanspruchs in der Invalidenversicherung lasse sich – zumindest vorerst – nicht rechtfertigen.

Die Luzerner IV-Stelle sorgte 2014 schweizweit für Aufsehen, als sie bekanntgab, bei strittigen IV-Gesuchen auch die Hirnströme der Patienten zu messen. Sie zog damit die Kritik von Ärzten und Fach-Organisationen auf sich.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 18.11.2016, 18:41 Uhr

    Ich frage mich langsam, wie weit will die IV gehen. Was Hirnströme mit dem Bild des Burn-out zu tun hat bleibt mir mehr als schleierhaft. Burn-out hat nichts mit einer Fehlfunktion des Gehirns zu tun, sondern ist eine psychische Episode welche allenfalls körperliche Symptome auslösen kann. Bitte liebe IV-Stelle Luzern, gebt euch nicht der Lächerlichkeit preis, es reicht wenn ihr nicht auf sogenannte IV-Detektive verzichten könnt oder wollt. Die Invaliden-Versicherung wurde eigentlich mal als Organisation gegründet die körperlich und geistig Benachteiligte unterstützen sollte. Von diesem Grundgedanken ist dieses geschilderte Vorgehen meilenweit weg und wirkt auf mich mehr als befremdlich.

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