Kulturlastenausgleich bleibt – Fragezeichen auch

Kanton Zug zahlt bei jedem Opernbesuch 284 Franken

Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti steht in der laufenden Spielzeit auf dem Programm des Opernhauses Zürich. Venera Gimadieva ist Lucia Ashton.

(Bild: Judith Schlosser)

Mehr Geld fürs lokale Jodlerdoppelquartett, dafür weniger fürs Zürcher Opernhaus? Das will vordergründig kaum jemand im Kanton Zug. Eine hässliche Diskussion im Zuger Kantonsrat vom Donnerstag zielt aber auf eben diese Frage ab. Sie sollte auch die Luzerner interessieren.

Gute Neuigkeiten für das Luzerner Theater und das KKL: Der Kanton Zug leistet weiter Beiträge an den Kulturlastenausgleich. Das Kantonsparlament schmetterte am Donnerstag eine SVP-Motion deutlich ab, die den Austritt aus dem Konkordat verlangte. Die Beiträge werden bekanntlich derzeit über den kantonalen Lotteriefonds geleistet und nicht mehr aus dem ordentlichen Budget bezahlt.

Da wollten es die Zuger nicht übertreiben, zumal der Kulturlastenausgleich im Rahmen des Nationalen Finanzausgleichs (NFA) vorgesehen ist, wie die ALG-Kantonsrätin Esther Haas anmerkte. Und dass ein Austritt aus dem Konkordat in höheren NFA-Ausgleichszahlungen resultieren könnte, wie Hans Christen (FDP) festhielt. Er befürchtet, dass dies den Kanton Zug unter dem Strich teurer zu stehen käme.

Die Tickets bleiben teuer

Der Kulturlastenausgleich an sich gibt aber immer wieder zu reden. Denn die Beiträge, welche der Kanton Zug anhand der tatsächlichen Besucherzahlen leistet, sind höchst unterschiedlich. Genau dies thematisieren sowohl SVP als auch SP.

«Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gehen nur einige wenige ins KKL und Opernhaus – und zahlen erst noch hohe Eintrittspreise.»

Thomas Werner, Kantonsrat (SVP)

Thomas Werner (SVP) fragt: «Welches Signal senden wir aus, wenn wir Millionen nach Zürich ins Opernhaus und nach Luzern ins KKL schicken, damit sich dort einige wenige – und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind es nur einige wenige –, die erst noch hohe Eintrittspreise zahlen, für wenige Stunden vergnügen können?» Dies müssten sich all die Freiwilligen in den lokalen Musik- und Sportvereinen und in den Fasnachtsgesellschaften fragen. Denn ihnen würde dieses Geld vorenthalten, behauptet Werner.

Bitte um Kultur für Arme

Dies ist allerdings nicht der Fall, weil die CVP dafür gesorgt hat, dass der Lotteriefonds für Kultursubventionen nicht ausgeschöpft werden kann. Dennoch schlägt auch Barbara Gysel (SP) in die gleiche Kerbe: Ihre Partei gehe zwar davon aus, dass Opernhaus, Tonhalle und Schauspielhaus die Unterstützung verdient hätten.

Dennoch: «Aus der Perspektive sozialer Gerechtigkeit ist es uns ein Anliegen, dass die Finanzspritze nicht nur die teuren Kulturhäuser subventioniert.» Kulturförderung müsse sich auch an die Interessen der Nichtreichen richten. «Nicht nur Zwölftonmusik nach Schönberg, sondern auch das Jodlerdoppelquartett von Zug verdient unsere Unterstützung.»

Zürcher erhalten doppelt so viel wie die Luzerner

Gysel hat die Beiträge an die Kulturhäuser durchgerechnet. Zwar besuchen mehr Zuger eine unterstützte Kulturveranstaltung in Luzern als in Zürich (zentralplus berichtete). Der weitaus grösste Teil des Zuger Kulturlastenausgleichs fliesst indes an die Limmat: nämlich 1,7 Millionen Franken – gegenüber den 930’000 Franken, welche Luzern erhält.

Das heisst in der Konsequenz, dass ein Kulturabend in Zürich vom Kanton Zug jedes Mal mit über 200 Franken gesponsert wird – während der Eintritt für die Besucher gleich teuer bleibt.

Der Kulturdirektor rechnet nach

Der Zuger Bildungs- und Kulturdirektor Stephan Schleiss (SVP) nimmt den Ball dankbar auf. Zwar verteidigt er den Kulturlastenausgleich magistral und sagt: «Es gibt keine Notwendigkeit für die interkantonale Finanzierung von lokalen kulturellen Aktivitäten.» Er lässt es sich aber nicht nehmen, die unterschiedliche Unterstützung von Kulturhäusern genau zu sezieren.

Der grösste Teil des Zuger Geldes wird nämlich fürs Zürcher Opernhaus verwendet. 3’700 Besuche erfolgen jährlich aus dem Kanton Zug. «Das bedeutet, dass das Opernhaus mit dem doch sehr stolzen Betrag von 284 Franken pro Eintritt unterstützt wird.»

Opernhaus erhält deutlich am meisten

Die höchst unterschiedlichen Unterstützungsleistungen erklären sich aus den kantonalen Subventionen, welche an die Betriebskosten der kulturellen Leuchttürme geleistet werden. Gemäss Schleiss unterstützt der Kanton Zürich das Opernhaus mit jährlich 81,4 Millionen Franken, das Schauspielhaus mit knapp 40 Millionen und die Tonhalle mit knapp 20 Millionen Franken. Und er möchte daher, dass auch die Beiträge aus dem Kulturlastenausgleich am stärksten dem Opernhaus zugutekommen. 

Das Zürcher Opernhaus im Abendlicht.

Das Zürcher Opernhaus im Abendlicht.

(Bild: flickr / kuhnmi)

Übrigens betragen die gesamten Luzerner Subventionen an die Betriebskosten der durch den Kulturlastenausgleich unterstützten Einrichtungen lediglich 32 Millionen Franken. Das Luzerner Symphonieorchester, das Luzerner Theater und das KKL erhalten also gut viermal weniger als die Zürcher Einrichtungen.

Der Druck bleibt

Die Diskussion im Zuger Kantonsrat zeigt indes: Auch wenn sich die grosse Mehrheit der Volksvertreter für die Kultur an sich und elitäre Kulturhäuser einsetzt, so registriert sie sehr präzise Widersprüchlichkeiten und offene Fragen. Der Rechtfertigungs- und Leistungsdruck der Kulturhäuser bleibt daher hoch, denn ein Begehren, die Unterstützung zusammenzustreichen, kann jederzeit wieder auftauchen. Nicht nur im Kanton Zug.

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