Sex sells – auch in der Zuger Fasnachtszeitung «Füürhorn»

Kanton Zug soll Tinder-App für Angestellte testen

Ausschnitt aus dem Titelblatt des «Füürhorns» 2020. (Bild: Karikatur «Füürhorn»)

Pleiten, Pech und Pannen sind der Stoff, aus dem der Inhalt des «Füürhorns» gemacht ist. Titelgeschichte der diesjährigen Ausgabe ist eine unglücklich verlaufene Liebesbeziehung im Korps der Zuger Polizei. Neben zahlreichen derben Anekdoten kommen auch politische Themen zur Sprache.

Ein kurzes mediales Streiflicht berührte im August ein Bundesgerichtsurteil, das die Stadtschulen Zug dazu verdonnerte, zwei jugendlichen Asylbewerbern aus Eritrea das Recht auf Schulbildung zu gewähren. Und sie auf Sekundarstufe in der normalen Regelschule einzuschulen. Einer der beiden konnte weder lesen noch schreiben. Beide beherrschen nur wenig Deutsch und sie rechnen wie Drittklässler.

Die Stadt Zug hatte die beiden Jugendlichen ins «Vorjahr Basisintegration» geschickt – ein Brückenangebot, in dem vor allem Deutsch und Mathematik vermittelt wird. Regierungsrat und Verwaltungsgericht hatten als Beschwerdeinstanz die Stadtzuger Idee gestützt.

Fasnächtler unzufrieden mit Justiz

Das Bundesgericht berücksichtigte in seinem Entscheid, mit dem es das Bildungsdepartement von Stadträtin Vroni Straub (CSP) korrigierte, nicht nur die verfassungsmässigen Grundrechte. Es befand auch, eine solche Einschulung würde die Integration beschleunigen.

Allein: Die Macher der Zuger Fasnachtszeitung, die aus Feuerwehrkreisen stammen, hat dieses Urteil nicht überzeugt – in der diesjährigen Ausgabe des «Füürhorns» kritisieren sie es als Entscheid «weltfremder Richter» aus dem «Elfenbeinturm».

Seitenhiebe gibts gegen alle

Besonders regt sie auf, dass Zuger Verwaltungsstellen den beiden Asylbewerbern beigestanden haben. Namentlich der Abteilungsleiter des Kantonalen Sozialamts in Person von Andy Tschümperlin – ehemals SP-Nationalrat im Kanton Schwyz – und eine Beiständin der KESB hätten dem Analphabeten bis vor Bundesgericht geholfen. Damit hätten sie sich gegen die Interessen des Kantons gestellt, behauptet das «Füürhorn».

Ist dem Styger Rettungskorps nicht nur wegen ihrer neuen Garderobe aufgefallen: Manuela Weichelt (ALG). (Bild: Karikatur «Füürhorn»)

Das ist Unsinn – denn in dieser Sache hatten sich ja eben kantonale Stellen gegen die Stadt Zug gestellt und in Lausanne Recht bekommen. Aber es ist ein Beispiel für den Blickwinkel, mit dem das «Füürhorn» die zeitgenössischen Ereignisse kommentiert. Wobei auch rechtsbürgerliche Gesinnungsfreunde mit bösen Sprüchen bedacht werden, wie wir sehen werden.

«Neue Sex-Affäre»

Hauptsächlich kolportieren die «Füürhorn»-Macher vom Styger Rettungskorps auch dieses Jahr Pleiten, Pech und Pannen aus dem Mikrokosmos des 30’000-Einwohner-Hauptorts des Kleinkantons Zug. Allzu Menschliches eben, das für die Fasnächtler vor allem dann interessant wird, wenn es einen Zusammenhang mit Sex hat.

Diesbezüglich ist das «Füürhorn» in den vergangenen Jahren regelmässig fündig geworden: Nachdem der nicht enden wollende Wirbel um Spiess-Hegglin/Hürlimann mehrere Jahre Stoff für Geschichten lieferte, bot der durch einen Autoverkauf aufgeflogene Seitensprung von Regierungsrat Beat Villiger Anlass für groben Spott. Titelgeschichte in diesem Jahr ist nun eine «neue Sex-Affäre» aus dem vergangenen Herbst.

Beziehungsgeschichte im Kader der Zuger Polizei

Ein «Fall von unerwünschter körperlicher Annäherung» im Kader der Zuger Polizei erschüttere «das friedliche und in der Regel asexuelle Klima in den Zuger Verwaltungsorganen», heisst es in der Fasnachtszeitung. Angespielt wird auf die E-Mails einer enttäuschten Polizistin, die vor Weihnachten private Details über ihren Ex-Geliebten streute (zentralplus berichtete). Die Frau und der Kadermann wurden freigestellt, die Ereignisse werden untersucht.

Jedoch wolle die Zuger Verwaltung nun auch auf andere Art auf die Affäre reagieren, so das «Füürhorn». Man prüfe die Einführung einer verwaltungsinternen mobilen Dating-App nach dem Vorbild von Tinder, heisst es.

Kantonale App heisst «Zünder»

Die Testversion heisse «Zünder» und solle «zur Anbahnung von Flirts und zur Verabredung von unverbindlichem Sex im Arbeitsumfeld» genutzt werden. Das laut Fasnachtszeitung frisch geschaffene «Amt für den einvernehmlichen Austausch von Körperflüssigkeiten» plant ausserdem eine «sympathische Werbebotschaft» leicht abzuändern, da sie ja «nachhaltig gelebt» werde. Aus «Die Polizei, dein Freund und Helfer» soll «Der Polizist, Dein Freund und Helfer» werden.

Damit noch nicht genug: Auf Antrag des Sicherheitsdirektors soll der Regierungsrat über eine «Fallpauschale» fürs Fremdgehen eigener Mitarbeitender beraten. Die «Freiwilligenarbeit» solle zu keinen Nachteilen führen.

Meineidig: Quartett aus drei Personen

Verglichen mit dem eher zahmen Chomer Fasiblatt, das heuer ein Öko-Rating der Chamer Gemeinderäte erstellt und dabei allen die gleiche Note 3,9 erteilt, ist die Stadtzuger Fasnachtszeitung entschieden bissiger.

So werden der in Zug wohnhafte alt Bundesrat Kaspar Villiger (FDP), der frühere FDP-Präsident Rolf Schweiger und der ehemalige Zuger Finanzdirektor und Nationalrat Georg Stucky (FDP) wegen ihrer Verwicklung in die Crypto-Affäre als «Meineid-Quartett» bezeichnet.

Schmähpreis für Zuger Stapi

Nach dem Weltrekord-Versuch der Confiserie Speck mit der weltgrössten Kirschtorte denkt man sich mögliche weitere Zuger Weltrekord-Versuche aus. Und empfiehlt V-Zug die «weltgrösste Geldwaschmaschine» zu bauen, die alle «Gesetzesfalten ausbügelt».

Fasnachtsvers zur Namenssuche der CVP. (Bild: zvg)

Schmähpreise gehen in Form eines «rostigen Hydranten» an den Zuger Stapi Karl Kobelt (FDP) für den «Skandal rund um die Kulturkommission». Das «Käseblatt» wie die «Zuger Zeitung» konsequent genannt wird, kommt fürs Drucken von Blindtext an die Kasse – weswegen gemutmasst wird, dass die CH-Media-Zeitung neuerdings von Blinden verfasst würde.

Zynischer Werbespruch

Ausserdem gibts auch noch die Auszeichnung für den «dümmsten Werbespruch des Jahres» – verliehen für den Slogan «Der Samstag ist der neue Sonntag». Damit überschrieb die Zeitung die Ankündigung, ab Juni 2019 auf die Sonntagsausgabe zu verzichten.

Themen sind ausserdem die Namensdiskussion der CVP, die umstrittene Kita-Kette Globegarden, das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2019 in Zug und die lokalen Auswirkungen des Coronavirus.

Politisches Wunschdenken

Mehrfach bekommt «die einstellungs- und textilmässig grüne» Nationalrätin Manuela Weichelt ihr Fett weg; sie hatte ihre Spesenforderungen versehentlich an alle Nationalräte verschickt (zentralplus berichtete). 

Das «Füürhorn» wertet dies als Anzeichen, dass Weichelt in die Armutsfalle schlittere – trotz ihres Nationalratsgehalts von über 100'000 Franken. Ausserdem wolle Weichelt, die laut «Füürhorn» im Wahlkampf vom Zuger SVP-Übervater Hans Durrer unterstützt worden ist, nach den Ereignissen in Thüringen ihr Amt zur Verfügung stellen, wird ihr unterstellt.

Erhält Greta Thunberg in Zug ein Denkmal?

Schmerzhaft ist die diesjährige Ausgabe des «Füürhorns» auch für den Stadtzuger CVP-Kantonsrat Richard Rüegg. Nicht nur wegen des Fauxpas, der ihm auf der Pilzsuche unterlaufen ist, sondern auch wegen der Publizität, die er damit erlangt: Er soll beim Wasser lösen auf dem Zugerberg in Kontakt mit einem unter Strom stehenden Weidezaun gekommen sein, deswegen einen «Elektroschock» erlitten haben und umgekippt sein.

Ach, noch was: Wenn am Güdelmontag in Zug der traditionelle Greth-Schell-Brauch gefeiert wird, sollte man genau hinschauen, ob die Brunnenfigur noch die alte ist: Laut «Füürhorn» wird Greth Schell in Greta Schell umbenannt und die alte Frau mit einem Mädchen ausgetauscht, das ein schwedischsprachiges Schild in den Händen hält.  

Neue Greta-Schell-Brunnenfigur. (Bild: Karikatur «Füürhorn»)
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