Studie zeigt: Bus und Bahn stossen an ihre Grenzen

Kanton Zug: Auf diesen Strecken hängt man mit dem Velo den ÖV ab

Die Busse stehen, die Velos ziehen daran vorbei.

(Bild: zvg)

Das Velo befindet sich auf der Überholspur. Es soll den öffentlichen Verkehr dabei unterstützen, die Strassen zu entlasten. Eine Fallstudie zeigt nun, dass Herr und Frau Zuger mit dem Zweirad oftmals viel Zeit einsparen könnten. Und: Eine Strasse scheint bei Velofahrern besonders unbeliebt zu sein.

Es ist eine der ewigen Fragen, wenn man am Bahnsteig oder an der Bushaltestelle steht und das herbeigesehnte Transportmittel wieder einmal auf sich warten lässt: Wäre ich jetzt mit dem Velo nicht schneller am Ziel?

Antworten auf diese Frage bietet «Smart Use», ein Projekt, das im Rahmen eines Programms der Metropolitankonferenz Zürich zum Thema Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum entstand.

Das sechsköpfige Team hat mehrere sogenannte Case Studies, sprich Fallstudien, entwickelt. Eine davon hat es dem Kanton Zug gewidmet. Ziel war es unter anderem, herauszufinden, wohin man mit dem Velo schneller hinkommt als mit dem ÖV. 

Velo ist auch zum Transport geeignet

Hintergedanke ist, dass das Velo einen signifikanten Beitrag zur Entlastung der Strasse beitragen könnte. Durch seine geringeren Anforderungen an Bodenbeläge und Strasseninfrastruktur und die zunehmende Elektrifizierung auch privater Velos könnten zudem neue, wie auch bisher topografisch schwer denkbare Verbindungen, entstehen. Ausserdem würden E-Cargobikes auch den Transport grösserer Lasten ermöglichen.

Das Smart-Use-Team um Viktoria Molnar von Hosoya Schaefer Architects und Joris van Wezemael von der ETH Zürich erstellte eine Karte, die zeigt, wie weit man vom V-Zug-Areal an der Industriestrasse in Zug in 30 Minuten mit dem Velo kommt. Offenbar ziemlich weit, wie die Karte zeigt.

In einer halben Stunde bis Rifferswil

In Richtung Süden schafft es der geneigte Pedaler in einer halben Stunde bis Oberwil, etwa bis zur Badi Trubikon. Selbst Unterägeri ist erreichbar, allerdings reichts nicht ganz bis in den Dorfkern. Auch Hausen am Albis, Rifferswil, Hagendorn, Hünenberg, Neuheim und Holzhäusern sind zu schaffen. Im Kanton Zug sind einzig Walchwil, Oberägeri und Risch inklusive Rotkreuz und Buonas mit dem Zweirad innert einer halben Stunde nicht zu erreichen.

Die Karte zeigt: Je näher man in Richtung Ziel kommt, desto grösser wiegt der Vorteil mit dem Velo. Zielort ist das V-Zug-Areal, gelb eingerahmt.

Die Karte zeigt: Je näher man in Richtung Ziel kommt, desto grösser wiegt der Vorteil mit dem Velo. Zielort ist das V-Zug-Areal, gelb eingerahmt.

(Bild: Screenshot Smart Use)

Anschliessend ging es darum, zu schauen, auf welchen Strecken man mit dem Velo im Vergleich zum ÖV am meisten Zeit herausholen kann. Die Reisezeit wurde jeweils zur Stosszeit um 9 Uhr morgens unter der Woche errechnet.

Aufs Land hapert es mit dem ÖV

Als Resultat zeigt sich, dass man von Zug aus vor allem auf dem Weg in die ländlichen Gebiete mit dem Drahtesel oftmals besser bedient ist. Als Beispiele sind die Höllgrotten in Baar oder der Inkenberg bei Allenwinden zu nennen. Dies verwundert wenig, da sich die Reise mit Bus und Bahn dorthin halt auch eher schwierig gestaltet. Aber auch in urbanen Gebieten lässt sich Zeit sparen.

Schaut man sich die Wohngebiete als Startorte an, ergeben sich für Knonau, Allenwinden, aber auch Teile Steinhausens und Chams, deutliche Vorteile mit dem Velo. «Die Zeitersparnis in die entgegengesetzte Richtung fällt etwas geringer aus, da die gewählten Zielorte zumeist tiefer liegen als die Startorte», schreiben die Köpfe des Projekts.

Pendler kommen von Schaffhausen

Weiter untersuchten sie, aus welchen Gebieten wie viele Leute in den Kanton Zug kommen, um zu arbeiten. Wenig überraschend stechen die zahlenmässig grössten Zuger Orte Zug und Baar heraus: Mit rund 14’000 Pendlern pro Woche, welche von Zug respektive Baar in eine andere Zuger Gemeinde pendeln, um dort ihre Brötchen zu verdienen. Auch aus Cham, Steinhausen und Risch kommen reichlich Pendler.

Ausserhalb des Kantons finden Pendler vor allem aus den Regionen Luzern und Zürich den Weg nach Zug. Es gibt sogar einzelne «Ausreisser», welche von Schaffhausen nach Zug pendeln.

Wie Smart Use zu diesen Daten kommt? Sie haben in einer Sommer- und einer Winterwoche vergangenes Jahr die Bewegungsdaten von Mobiltelefonen analysiert und geschaut, wo sich Muster erkennen lassen.

Im Sommer lieber mit dem Zug

Smart Use kam zum Resultat, dass der Anteil der Verkehrsmittel auf der Strasse (ohne Autobahn), also Auto, Velo und Fussgänger, mit Abstand der grösste war, mit einem Anteil zwischen 61 und 74 Prozent. Das heisst, nur ein kleiner Teil der Leute benutzte den ÖV.

Je nach Jahreszeit sind die Menschen unterschiedlich unterwegs. Als Beispiel wird Baar Dorf genannt, wo in der Winterwoche die Autobahn obenaus schwingt, während es in der Sommerwoche der Zug ist. Der Transitanteil bewegt sich bei den untersuchten Gebieten meist zwischen 92 und 98 Prozent. Auffallend tief ist er im Strassenabschnitt auf der Höhe von V-Zug mit 85 Prozent.

Baarerstrasse wird gemieden

Interessant ist, welche Wege die Velofahrer bevorzugen, um das Gebiet um die Industriestrasse zu erreichen. Oftmals bevorzugen sie gut ausgebaute Velowege wie den Schleifeweg. Über diesen spart man laut Karte sehr viel Zeit.

Viele aus dem Süden kommende Velofahrer treffen erst auf der Höhe der Feld- beziehungsweise der Ahornstrasse auf die Baarerstrasse. Von Norden kommend auf der Höhe der Graben-, Zuger- oder Ahornstrasse.

So erklärt Joris van Wezemael von der ETH Zürich Smart Use:

 

Aus Richtung Nordost kommend ziehen es viele Radler vor, über den Talacher anstelle von Baar und der Hauptachse zu fahren. Bestimmte grosse Strassen wie beträchtliche Teile der Baarer- respektive Zugerstrasse und die Südstrasse meiden sie lieber.

Schliesslich kann Smart Use anhand der Daten aufzeigen, dass eine klare Asymmetrie herrsche zwischen den Routen vom V-Zug-Areal gegen Norden und jenen gegen Süden. Dies sei eine wichtige Information für die Vorbereitung von Infrastrukturprojekten und politischen Entscheiden.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass das Velo ein sehr effizientes Verkehrsmittel und zumindest zur Stosszeit in die meisten Regionen die schnellere Variante im Vergleich zum ÖV ist.

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