Mehr Kontrollen, mehr mutmassliche Verstösse

Kanton nimmt Luzerner Coiffeur-Salons ins Visier

Im Coiffeur-Beruf ist Kreativität nicht nur auf dem Kopf des Kunden gefragt.

(Bild: jav)

Der Kanton Luzern schaut Besitzern und Angestellten von Coiffeur-Salons genauer auf die Finger. Allein im ersten Quartal 2019 wurden mehr Kontrollen durchgeführt als im gesamten letzten Jahr. Und die Zahlen lassen aufhorchen: In sieben von acht kontrollierten Betrieben wird mindestens ein Verstoss vermutet.

Ein Schild vor einem Coiffeur-Salon wirbt: Für 18 Franken können sich Männer die Haare schneiden lassen. Die «Rundschau» wollte wissen, wie dies möglich ist. Also haben sie den Besitzer gebeten, den Vertrag eines Angestellten vorzulegen. Dabei zeigt sich: Der Mitarbeiter verdient 450 Franken im Monat – für eine 42-Stunden-Woche.

Dieser Sachverhalt in der Stadt Bern war kein Einzelfall. Die Fremdenpolizei in Bern führte gezielt Razzien durch, gerade viele Billiganbieter scheinen sich nicht um Mindestlöhne, Arbeitszeiten und Sozialabgaben zu scheren.

Der Luzerner SVP-Kantonsrat Marcel Omlin reichte daraufhin einen Vorstoss ein. Er wollte von der Regierung wissen, ob die «Coiffeur-Misere in Bern» auch in Luzern grassiert. Omlin stellte fest, «dass es an diversen Coiffeur-Salons nicht zu mangeln scheint». Sich die Haare zu schneiden und den Bart dazu zu stutzen, das ist teils auch in Luzern zu Spottpreisen möglich.

Mehr Kontrollen 2019 als das ganze letzte Jahr

In Luzern werden massiv mehr Coiffeur-Kontrollen durchgeführt als noch vor einem Jahr. Dies geht aus der Antwort der Regierung hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Letztes Jahr überprüfte das Kantonale Kontrollorgan (KKO) zwei Betriebe, im ersten Quartal des laufenden Jahres waren es bereits acht. Nur ein Betrieb hielt sich an die Gesetze. Bei sieben der acht kontrollierten Betriebe wird mindestens ein Verstoss vermutet. In den Coiffeur-Salons wurden 21 Personen kontrolliert. Bei neun Personen wird mindestens ein Verstoss vermutet – bei allen handelt es sich um einen Verstoss gemäss Ausländerrecht.

Lohnvorschriften: Mehr als 55 Prozent fielen durch

Das Kantonale Kontrollorgan prüft in Luzern, ob die Vorgaben aus dem Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quellensteuerrecht eingehalten werden. Es ist aber nicht zuständig für den Kampf gegen Lohndumping. Ob Coiffeusen und Coiffeure angemessen bezahlt werden, bleibt deshalb fraglich. Auch der Regierungsrat kann dazu keine Informationen liefern. Seit gut einem Jahr gilt für Salons der Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Coiffeurgewerbe. Dieser schreibt für gelernte Coiffeusen im ersten Berufsjahr einen Mindestlohn von 3’800 Franken vor.

Ob das eingehalten wird, überprüft die Paritätische Kommission Coiffure Suisse. Diese teilte im März mit, dass schweizweit rund 200 Kontrollen durchgeführt wurden. Die Zahlen lassen aufhorchen: Jeder zweite Betrieb verstösst gegen Lohnvorschriften. In 55 Prozent der Salons wurde ein solcher Verstoss festgestellt. In Zukunft will die Kommission deshalb aufstocken und 2019 neben den 200 ordentlichen zusätzlich 250 unangemeldete Kontrollen durchführen. Eine Testphase habe gezeigt, dass solche unangemeldeten Kontrollen wirksam seien und eine präventive Wirkung hätten, begründen die Verantwortlichen.

Stehen Clans dahinter?

Jürg Steiner, im März noch Präsident der Sektion Zentralschweiz des Branchenverbands «Coiffure Suisse», äusserte sich kürzlich in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung» zu den Billig-Anbietern. Wie er betonte, ist der Beruf Coiffeur nicht geschützt, jeder könne einen Salon aufmachen. «Das hat dazu geführt, dass es gerade unter den Billiganbietern schwarze Schafe gibt.» Zumeist seien es ausländische Betreiber, die sich nicht an gesetzliche Bestimmungen hielten und Dienstleistung «zu ruinösen Dumpingpreisen» anbieten würden.

Wie Steiner weiter sagte, stünden hinter einigen Geschäften gar türkische und syrische Clans, die sich gegenseitig Arbeitskräfte zuschieben würden. Die neue Zentralschweizer Präsidentin des Verbandes war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Dass die Zahl der Billigsalons in Luzern und in der Agglomeration gestiegen ist, stellt auch der Luzerner Regierungsrat fest. So registriert er etwa im Neustadtquartier und an der Baselstrasse ein Wachstum, aber zum Beispiel auch an der Gerliswilstrasse in Emmenbrücke.

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