SV17: Ökonom zweifelt an Luzerner Steuerstrategie

Kanton Luzern verliert bei Firmen auch in Zukunft

Der Wirtschaftsdekan der Universität Luzern, Christoph Schaltegger, fordert, dass sich Luzern für eine andere Umsetzung der Steuerreform einsetzt.

 

(Bild: hch)

Luzern ist einer der Treiber hinter der SV17 genannten Steuervorlage des Bundes. Nun zeigt sich jedoch: Auch mit der geplanten Reform legt Luzern bei den Firmensteuern drauf. Dies rechnet der Wirtschaftsdekan der Luzerner Universität, Christoph Schaltegger, vor. Er fordert einen Abbruch der Übung – oder Steuererhöhungen.

Mit der Halbierung der Unternehmenssteuern im Jahr 2012 haben sich im Kanton Luzern auch die Zahlungen aus dem Nationalen Finanzausgleich NFA halbiert. Dass man diese Auswirkung der Steuerreduktion unterschätzt habe, musste 2017 auch der damalige Regierungspräsident Guido Graf einräumen.

Seither verliert der Kanton Luzern bei jedem Unternehmensgewinn von 100 Franken mehr als acht Franken. Auch den Gemeinden bleibt ein Minus von durchschnittlich sechs Franken. Jede erfolgreiche Firma, die der Wirtschaftsförderer nach Luzern bringt, kommt Volk und Verwaltung also teuer zu stehen.

Was einem Kanton aus 100 Franken neuen Unternehmensgewinnen bleibt (blau Luzern, rot Zug).

Was einem Kanton aus 100 Franken neuen Unternehmensgewinnen bleibt (blau Luzern, rot Zug).

(Bild: Universität Luzern)

Nur allzu verständlich, weibelt der Vater dieser Steuerstrategie, Marcel Schwerzmann, für die SV17 genannte Steuerreform. Diese wird in den eidgenössischen Räten derzeit diskutiert und sieht vor, dass die Gewinne der Unternehmen in der Finanzkraft der Kantone weniger stark gewichtet werden.

«Entweder man erhöht die Steuern bei den Unternehmen oder anderswo oder man wehrt die Firmen ab, die neue Gewinne machen.»

Christoph Schaltegger, Professor für politische Ökonomie

Nun aber könnte die Begeisterung einen argen Dämpfer erhalten, zumindest in Luzern. Denn selbst mit der geplanten Umsetzung der SV17 wird der Kanton Luzern bei den Unternehmensgewinnen aufgrund des NFA drauflegen. Dies zeigen neue Simulationen des Dekans der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern, Christoph A. Schaltegger. «Wenn ich das sehe, muss ich mich schon fragen, was an der Revision so toll sein soll. Zusammen mit den Verwaltungskosten resultiert im Kanton Luzern auch zukünftig ein negativer Deckungsbeitrag», sagt Schaltegger. Dies lasse eigentlich nur einen Schluss zu: «Entweder man erhöht die Steuern bei den Unternehmen oder anderswo oder man wehrt die Firmen ab, die neue Gewinne machen.»

Schaltegger lässt auch das häufig ins Feld geführte Argument, dass mit neuen Firmen einkommensstarke Arbeitnehmer angezogen würden, nicht gelten. «Nimmt man nur den Spitzensteuersatz der Einkommen, ist Luzern aufgrund der NFA-Zahlungen auch hier negativ.» Ursache sei der Finanzausgleich, bei dem natürliche Personen zu 100 Prozent ins Ressourcenpotenzial eingerechnet werden. «Die Strategie, Unternehmen in den Kanton zu locken und das Geld mit Gutverdienern zu machen, geht daher nicht auf.»

 

 

Das Hauptübel ortet der Gründungsdekan der neuen Wirtschaftsfakultät aber nicht primär beim Kanton Luzern, sondern bei Fehlanreizen. «Der NFA in der aktuellen Ausprägung zwingt finanzschwache Kantone dazu, schlechter, und die Geberkantone immer besser zu werden.» Bereits heute, sagt Christoph Schaltegger, würden einzelne Kantone interessierte Unternehmen beispielsweise nach Zug verweisen. «Das ist eine Bankrotterklärung.»

Doch welche Optionen bleiben Luzern? «Ich verstehe nicht, warum man diese Steuerreform unterstützt und nicht mit anderen Kantonen eine Reform einfordert, die allen dient», sagt Schaltegger. «Ansonsten müsste man ehrlich sein und kommunizieren, dass auch mit der geplanten Umsetzung der SV17 die Fimensteuern oder andere Steuern in einigen Kantonen wie Luzern erhöht werden müssen.»

Schwerzmann sieht positive Effekte

Dies sieht Marcel Schwerzmann anders. Der Luzerner Finanzdirektor ist ein glühender Anhänger der SV17: «Sie hat für uns positive Effekte.» Und dies nicht nur, weil mit der Erhöhung des Anteils an der direkten Bundessteuer und der Aufhebung der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften die Einnahmen steigen. Laut Schwerzmann wird sich die SV17 auch im NFA positiv auswirken. Da Luzern nur wenige Statusgesellschaften hat, werde mit der Reform der Ressourcenindex des Kantons sinken. «Das ist ein positiver Effekt, denn es bedeutet, dass es mehr Geld aus dem NFA gibt», so Schwerzmann. Und dies bei einem gleichzeitigen Anstieg der Erträge aus den Firmensteuern.

Der Luzerner Finanzdirektor fühlt sich auch dadurch in seiner Zustimmung zur SV17 gestärkt, als dass der Bundesrat in seiner Botschaft Luzern explizit als Gewinner erwähnt. Auch eine Analyse der Ratingagentur Standard & Poor’s kommt gemäss der NZZ zum Schluss, Luzern könne mit möglichen Mehreinnahmen von jährlich 58 Millionen Franken rechnen.

«Firmen zahlen Löhne und das führt zu Mehreinnahmen bei den natürlichen Personen.»

Marcel Schwerzmann, Luzerner Finanzdirektor

Den von Schaltegger georteten Fehlanreiz im NFA erkennt Schwerzmann. «Isoliert betrachtet macht das Sinn. Massgebend ist jedoch, dass wir im Endeffekt Mehreinnahmen haben.» Und die gäbe es mit der aktuellen Strategie. Deshalb will der Kanton Luzern auch weiter Firmen anlocken. Schwerzmann: «Firmen zahlen Löhne und das führt zu Mehreinnahmen bei den natürlichen Personen. Am Ende des Tages müssen wir einfach mehr Geld in der Kasse haben.»

Dass Schaltegger auch dies als Negativgeschäft für den Kanton Luzern bezeichnet, stellt Schwerzmann in Abrede. «Weil wir eine durchschnittliche Steuerbelastung haben, ist das bei uns nicht der Fall.»

Mit einer Standesinitiative will der Kanton Luzern nun die NFA-Fehlanreize auf Bundesebene bekämpfen (zentralplus berichtete). «Ich habe unsere Kantonsinitiative vorletzte Woche in der Finanzkommission des Ständerats vorgebracht und den Systemfehler erklärt», sagt Schwerzmann. Der Ständerat will das Anliegen im nächsten Wirksamkeitsbericht des NFA berücksichtigen.

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