Jetzt fordern die Gemeinden mehr Geld

Kanton Luzern senkt Steuern – Agglogemeinden ächzen

Gleiche Partei, aber unterschiedlicher Meinung: Der kantonale Finanzdirektor Reto Wyss und die städtische Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub (beide die Mitte). (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Nach harzigen Jahren mit umstrittenen Sparpaketen geht es dem Kanton Luzern finanziell wieder blendend. Während er 2022 die Steuern senken will, blicken die Gemeinden im Zentrum düsteren Zeiten entgegen. Jetzt haben diese in einem Brief bei Finanzdirektor Reto Wyss interveniert.

Schöne Aussichten im Kanton Luzern: Nächstes Jahr sinken die Steuern. Die bürgerliche Mehrheit der zuständigen Kommission im Kantonsrat will sogar noch weiter gehen als die Regierung. Damit ist klar: Die Bevölkerung zahlt 2022 weniger Geld an den Staat (zentralplus berichtete).

Schön finden das auch die Gemeinden rund um die Stadt Luzern. Doch lieber wäre es ihnen jedoch, der Kanton würde nicht nur die Bürgerinnen, sondern auch die Agglomerationsgemeinden entlasten. Denn während er Gewinne anhäuft, blicken sie auf rote Zahlen und kämpfen mit Steuererhöhungen.

Beispiel Ebikon und Kriens: Beide Gemeinden haben diesen Frühling die Steuern erhöht und fassen 2023 eine weitere Steuererhöhung ins Auge. Nur so können die steigenden Kosten gedeckt werden. Beispiel Emmen: Die Gemeinde musste 2018 mit dem Steuerfuss rauf, 2020 wollte der Gemeinderat nachdoppeln, doch er scheiterte am Widerstand des Parlaments. Zwar verkündete er diesen Frühling einen überraschenden Gewinn in der Rechnung, die Steuererhöhung ist laut dem Finanzvorsteher aber noch nicht vom Tisch.

Sogar die reichen Gemeinden rutschen in rote Zahlen

Die drei Gemeinden haben finanziell seit Längerem zu kämpfen. Kein Seezugang, ergo tendenziell weniger teure Wohnlagen und weniger reiche Einwohner. Dafür die typischen Lasten von Agglomerationsgemeinden, relativ hohe Sozialhilfequoten und grosse Ausgaben für die Infrastruktur, weil die Bevölkerung wächst.

Besser ging es bislang Luzern und Horw. Doch auch ihnen weht ein rauer Wind entgegen. In den nächsten Jahren erwartet Luzern Millionendefizite und erarbeitet nun ein Sparpaket (zentralplus berichtete). Sogar die reiche Gemeinde Horw, wo überdurchschnittliche Dividendenausschüttungen von Unternehmen in den letzten Jahren zu Millionengewinnen führten, rechnet in Zukunft ebenfalls mit Defiziten.

«Es hat eine Verschiebung der Lasten stattgefunden.»

Roger Erni, Krienser Stadtrat

Aus Sicht der fünf Gemeinden sind sie aber nicht alleine für diese Entwicklung verantwortlich. Ihre bürgerlichen Finanzchefs sind deshalb beim Luzerner Regierungsrat Reto Wyss (Die Mitte) vorstellig geworden. In einem Brief, der zentralplus vorliegt, verlangen sie vom Kanton mehr Geld.

Gemeinden fordern neues Gleichgewicht

Der Kanton senkt die Steuern, während viele Gemeinden in der Agglomeration ihren Steuerfuss erhöhen müssen oder das bereits getan haben. «Das zeigt: Es hat eine Verschiebung der Lasten stattgefunden», sagt der Krienser Finanzvorsteher Roger Erni (FDP). Besonders in den Bereichen Gesundheit und Bildung kämen immer mehr Lasten auf die Gemeinden zu.

Ein Beispiel: In Kriens steigen alleine die Personalkosten bei den Schulen in den nächsten fünf Jahren um rund sechs Millionen Franken. Dazu kommt: Nach zehn Jahren übernehmen die Gemeinden vom Kanton die Zuständigkeit für vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge. Viele Kommunen rechnen damit, dass 2025 – zehn Jahre nach der grossen Flüchtlingswelle – ihre Ausgaben stark wachsen werden.

«Es ist für uns unverständlich, dass der Kanton den Gemeinden keinen Franken davon weitergibt.» 

Angesichts dieser Entwicklungen ist für Roger Erni klar, dass das finanzielle Gleichgewicht neu justiert werden müsste. «Wir würden es zum Beispiel begrüssen, wenn der Kanton einen Teil der Gewinne von der Nationalbank an die Gemeinden weitergeben würde – wie dies in einigen Kantonen gemacht wird.»

Ähnlich äussert sich die Stadtluzerner Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub (CVP): «Der Kanton Luzern erhält neben den Gewinnen der Schweizerischen Nationalbank deutlich mehr Geld aus der Steuerreform und AHV-Finanzierung STAF, nämlich den von 17 auf 21,2 Prozent erhöhten Anteil an der direkten Bundessteuer. Es ist für uns unverständlich, dass er den Gemeinden keinen Franken davon weitergibt.» 

Kanton setzt Gemeindeklausel nicht um

Genau das fordern die K5-Gemeinden jetzt vom Kanton. Denn der Bund sieht es eigentlich vor, dass die Gemeinden am höheren Anteil an der Bundessteuer beteiligt werden. Doch wie genau, das wurde jedem Kanton selber überlassen.

Während andere Kantone den Kommunen mehr Geld zukommen lassen oder befristete Ausgleichszahlungen einführten, verwies Luzern auf die Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18). Mit diesem Monsterprojekt wurden die Aufgaben und Finanzströme zwischen Kanton und Gemeinden neu verteilt.

Die AFR18 war schon bei der Erarbeitung umstritten. Inzwischen zeigt sich, dass die Auswirkungen nicht so gerecht ausfallen wie gewünscht. Gerade die Zentrumsgemeinden kritisieren jetzt, dass der Kanton sich finanziell stark entlastet habe – stärker als ursprünglich geplant. Das stösst es ihnen besonders sauer auf, dass der Kanton eben gleichzeitig bei der Umsetzung der Gemeindeklausel knausert.

«Wir haben Kenntnis vom Brief, werden die Forderungen prüfen und mit den K5-Gemeinden das Gespräch suchen.»

Reto Wyss, Luzerner Finanzdirektor

Beim Kanton Luzern kennt man die Sorgen der Agglomerationsgemeinden. Ob er den Forderungen nachkommt, ist aber noch offen. «Wir haben Kenntnis vom Brief, werden die Forderungen prüfen und mit den K5-Gemeinden das Gespräch suchen», lässt Finanzdirektor Reto Wyss aus den Ferien ausrichten. Inhaltlich konnte er nicht näher dazu Stellung nehmen.

Kommen die Anpassungen zu spät?

Dass bei einem solch komplexen Werk wie der AFR18 nachträgliche Anpassungen nötig werden könnten, ist indes auch dem Kanton klar. Er hat bereits in der Vergangenheit angekündigt, dass er die Auswirkungen analysieren will. Doch dazu brauche es zunächst mehrere Rechnungsabschlüsse. Deshalb ist der entsprechende Bericht erst 2024 vorgesehen.

Das mache zwar grundsätzlich Sinn, sagt Franziska Bitzi von der Stadt Luzern. «Doch bis dieser Wirkungsbericht dann vorliegt und Korrekturen eingeleitet sind, dauert es sehr lange. Bis dahin müssen viele Gemeinden unter Umständen schon harte Sparmassnahmen umsetzen, die nicht so einfach rückgängig gemacht werden können.»

Letztlich sei auch der Kanton an einem attraktiven Wirtschaftzentrum interessiert. «Dazu braucht es einen ausreichenden finanziellen Handlungsspielraum», so Bitzi. «Dieser ist leider zurzeit nicht mehr vorhanden – ganz im Gegensatz zum Kanton.»

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9 Kommentare
  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 08.10.2021, 11:52 Uhr

    In Kriens z.B. sind die Linken in der Minderheit. Die ‹Stadt› wurde von der Mitte/Rechts Politfilz an den finanziellen Abgrund geschoben .. Daher verstehe ich ihr Geschwafel von Mitte/Links in diesem Zusammenhang nicht.
    Das Problem liegt mehr bei egoistischen geltungsüchtigen Dorfkönigen, welche wie Fürsten auftreten und agieren ..

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    • Profilfoto von Mike La Fontaine
      Mike La Fontaine, 08.10.2021, 13:23 Uhr

      Die Stadt ist links regiert. Die GLP steht klar links von der Mitte.

      Die Steuersenkung ist überfällig.

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    Rudolf 1, 08.10.2021, 09:02 Uhr

    Von Steuersenkungen profitieren immer nur die Reichen.

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    • Profilfoto von Philipp
      Philipp, 08.10.2021, 12:34 Uhr

      Nein, vor allem Familien werden entlastet und mit zusätzlichem Geld und anderen Programmen unterstützt. Früher hatten Familien so viele Kinder wie sie sich leisten konnten. Heute kriegen sie so viele Kinder wie sie wollen und gehen dann zum Staat um Unterstützung zu holen. Sei es nun Kita, Mittagstisch, Steuervergünstigungen, Prämienverbilligungen usw.
      Die dummen sind die Singles die den ganzen Blödsinn bezahlen müssen.

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        Sandra Meier, 09.10.2021, 10:55 Uhr

        Solange man in Kriens Alleinerziehende 10 Jahre mit hohen sechstelligen Beträgen finanziert, auf vollständige Rückzahlung verzichtet damit diese anschliessend mit Teilzeitarbeit und neuen Lesingfahrzeugen weiterhin einen bequemen Lebenswandel auf Kosten ehrlicher Steuerzahler führen können scheint in Kriens genügend Kapital vorhanden zu sein.

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    Yvonne Bodmer, 08.10.2021, 08:17 Uhr

    Die weltoffenen Mitte-Links-Parteien haben sich ja nie gegen Masseneinwanderung und Willkommenskultur gewehrt. Obwohl man wusste, dass die Gemeinden in naher Zukunft zur Kasse gebeten würden. Also nicht jammern, war alles vorhersehbar: mehr Infrastruktur, Schulen, Sozialausgaben… Kostet halt – und ist erst der Anfang.

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      CEO, 08.10.2021, 08:38 Uhr

      Was für ein rassistischer Quatsch.

      Ohne Arbeitskräfte wäre die Wirtschaft viel ärmer, somit gäbe es viel weniger Steuereinnahmen, und man müsste erst recht Steuern erhöhen.

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      Kasimir Pfyffer, 08.10.2021, 08:52 Uhr

      Das Hauptproblem ist und bleibt die bekloppte AFR. Die Sozialkosten wurden in die Gemeinden exportiert und der Kanton lacht sich ob der Naivität des Stimmvolks ins Fäustchen. Sozialhilfe gibts übrigens nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für arme und/oder ausgesteuerte SchweizerInnen. Und hohe Infrastrukturkosten gibt es auch wegen bescheuerten Bauprojekten wie dem DDR-Turm in Kriens. So lange die Gemeinden glauben, mit mehr Wohnungen kriege man ganz bestimmt mehr Steuersubstrat, kann es nicht gut kommen …

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        Caroline Gantner, 08.10.2021, 13:06 Uhr

        Dieser Turm ist ja die Folge der masslosen Einwanderung, bald haben wir die von Linksgrünen und Neoliberalen angestrebte 10-Mio.-Schweiz. Verdichtetes Bauen heisst die Devise. Seien Sie doch froh, dass die Hipster in diesen Turm ziehen und den günstigen Wohnraum den sozial Schwachen überlassen.
        Sozialhilfe war schon immer Aufgabe der Gemeinde. Genau wie neue Schulhäuser und mehr Lehrkräfte.

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