Vergleich mit Burgdorf 2013

Kann Zug ein Eidgenössisches Schwingfest stemmen?

Das grösste Stadion der Schweiz mit über 50'000 Plätzen stand 2013 in Burgdorf. 2019 könnte auch Zug für das Eidgenössische Schwingfest eine solche Arena aufbauen. (Bild: zvg)

Ein Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest in Zug: Fluch oder Segen für die Stadt? Diese Frage stellt sich, sollte die Gemeinde mit knapp 30’000 Einwohnern tatsächlich den Zuschlag für den Grossanlass 2019 erhalten. Das halb so grosse Burgdorf organisierte 2013 ein Fest der Superlative – allerdings mit riesigem Aufwand.

Was Ende August 2013 in Burgdorf ablief, übertraf alles bisher Dagewesene: Gegen 300’000 Menschen besuchten an einem Wochenende das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF), und mit einem Stadion mit über 50’000 Plätzen war es der grösste Einzelsportanlass der Schweiz. In knapp fünf Jahren könnte auch Zug Schauplatz dieses Traditionsanlasses werden, der in den vergangenen Jahren so stark gewachsen ist. Derzeit bemüht sich der Verein ESAF Zug um den Zuschlag für das «Eidgenössische» (zentral+ berichtete).

Dabei gibt es aber zahlreiche Fragen, die derzeit noch unbeantwortet bleiben, weil das Organisationskomitee bisher nicht kommunizieren will. Da ist zum Beispiel die Frage nach dem Areal hinter dem Herti-Quartier. Der betroffene Landwirt befürchtet, sein Land während vieler Jahre nicht mehr nutzen zu können. Da es noch keine offiziellen Antworten gibt, lohnt sich ein Blick nach Burgdorf. Denn dort hat man längst Bilanz gezogen.

Ein Areal grösser als 100 Fussballfelder

Auch in Burgdorf befand sich das Festgelände mit provisorischem Stadion auf Landwirtschaftsland. Fünf Bauern stellten damals freiwillig ihre Grundstücke für das Schwingfest zur Verfügung. Das Festareal inklusive Stadion wurde auf einer Fläche von 90 Hektaren erstellt, das entspricht über 100 Fussballfeldern.

Den Organisatoren in Burgdorf war wichtig, dass der Grossanlass ökologisch verträglich ist. Bereits wenige Monate nach dem Fest konnten die Bauern ihr Land wieder nutzen, wie Andreas Aebi, der damalige OK-Präsident, erklärt. Allerdings stellten die Landwirte ihr Grundstück nicht bloss aus Liebe zum Schwingsport zur Verfügung, sondern es floss auch Geld: Der genaue Betrag ist zwar nicht bekannt, doch laut offiziellen Angaben des dortigen OKs war es eine Summe im tieferen sechsstelligen Bereich. «Ich habe heute noch Kontakt zu den Bauern und ich kann sagen: Sie sind zufrieden, wie es gelaufen ist», so Aebi. Er betreibt selbst nur unweit des Festareals in Alchenstorf einen Landwirtschaftsbetrieb.

Stadt und Kanton steuerten über 2 Millionen bei

Überhaupt sind die Finanzen ein wichtiges Thema bei der Organisation eines solchen Megaevents. Das Budget für das Schwingfest in Burgdorf betrug 25 Millionen Franken. Dank grosser Kostendisziplin und Wetterglück resultierte am Schluss ein Gewinn von etwa einer halben Million Franken, wie das OK ein halbes Jahr nach dem Fest mitteilte. Der Grossteil des Budgets steuerten Sponsoren und die Einnahmen aus der Konsumation auf dem Festareal bei. Aber auch der Kanton Bern trug 1,6 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds ans Fest bei. Die Stadt Burgdorf zahlte schliesslich 700’000 Franken, wobei etwa die Hälfte für Eigenleistungen der Stadt im Zusammenhang mit dem Fest berechnet wurden.

St. Gallen wartet Machbarkeitsstudie ab

Das nächste Eidgenössische Schwing- und Älplerfest findet 2016 in Estavayer-le-lac im Kanton Freiburg statt. Nach jetzigem Stand wird das Fest in ähnlichem Rahmen aufgezogen wie vor etwas mehr als einem Jahr in Burgdorf. Auch das Budget dürfte sich in ähnlichen Grössenordnungen bewegen (ca. 25 Millionen Franken).
2019 wird das Schwingfest turnusgemäss vom Innerschweizerischen Schwingerverband durchgeführt. Wo, das entscheidet die Abgeordnetenversammlung des Eidgenössischen Schwingerverbandes im März 2015.
Dass die Organisation aber gut überlegt sein will, zeigt das Beispiel St. Gallen: Die Kantonsregierung hat kürzlich 150'000 Franken für eine Machbarkeitsstudie gesprochen. Erst wenn die Studie positiv ausfällt, soll eine Kandidatur für das «Eidgenössische» 2025 geprüft werden. Für die Zuger Kandidatur wurde keine Studie verfasst, sondern die drei Initianten Paul Bachmann, Walter Lötscher und Paul Langenegger klärten 2010 die Machbarkeit zusammen mit einem Architekten ab.

Für die Stadt im unteren Emmental mit 16’000 Einwohnern war jedoch nicht nur der finanzielle Beitrag und die zur Verfügung gestellte Infrastruktur relevant: «Dieser Anlass hat uns im Emmental auch gezeigt, was möglich ist, wenn man am gleichen Strick zieht», sagt Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch. «Denn ich habe immer betont: Auch wenn Burgdorf im Namen steht, war es ein Fest der Region Emmental und nicht allein von der Stadt.»

Zuerst Skepsis, dann Euphorie

Zuerst sei natürlich auch Skepsis zu spüren gewesen, doch das habe sich schnell geändert. «Es war eine grosse Freude, einen solchen Anlass auf die Beine zu stellen, der für eine so kleine Region eigentlich fast nicht zu bewältigen ist», sagt Zäch. Darauf seien die Emmentaler Stolz. Sie ist überzeugt: Das «Eidgenössische» hat viele Emmentaler zusammengeschweisst und das Selbstbewusstsein der Region gestärkt. «Das bleibt mir letztlich am meisten in Erinnerung.»

Es sei deshalb nur schwer fassbar, was das Schwingfest der Stadt und der Region gebracht habe, sagt sie. Gleichzeitig sei es natürlich beste Werbung gewesen für das Emmental. «Es war für die Region ein toller Auftritt. Eine solch positive Plattform erhält man wohl nur ganz selten.»

Regionale Wertschöpfung von 19 Millionen

Die Zahlen sind denn auch beeindruckend: Die nationale Bruttowertschöpfung betrug gemäss dem Schlussbericht des OK 63 Millionen Franken. Die direkte Wertschöpfung für die Region Emmental habe immerhin 19 Millionen Franken betragen.

Ein solches Fest bringt aber auch gewaltige Herausforderungen mit sich. Die Grösste sei das Wetter, sagt OK-Präsident Aebi. «Wenn das Wetter nicht mitspielt, nützt das beste OK nichts.» Diesbezüglich hatte Burgdorf Glück: Es war drei Tage lang schön. Auch alles was die Anfahrts- und Fluchtwege betroffen habe, müsse sehr genau angeschaut werden, sagt er.

Es verlangte teilweise auch besondere Massnahmen: Zwischen Burgdorf und der Nachbargemeinde Kirchberg, wo sich das Areal befand, wurde zum Beispiel speziell für das Schwingfest eine neue Holzbogenbrücke über die Emme gebaut. Sie diente als Zugang zum Festgelände und ist heute das einzige sichtbare Überbleibsel des «Eidgenössischen» 2013.

Perron verlängert

Auch die SBB standen vor Herausforderungen. Damit am Bahnhof Burgdorf die grossen Besuchermassen problemlos bewältigt werden konnten, musste ein Perron mit einer provisorischen Holzkonstruktion um 50 Meter verlängert werden. Kostenpunkt: 30’000 Franken, die das Schwingfest bezahlen musste. Auch Zug müsste am Bahnhof während des Schwingfestwochenendes mit einem Grossansturm rechnen. Wobei das in Zug besser bewältigt werden könnte als in Burgdorf, weil der Bahnhof in der Kantonshauptstadt grösser ist als jener im Emmental.

Um die Zuger Bevölkerung für ein «Eidgenössisches» zu gewinnen, braucht es seitens des OK noch Überzeugungsarbeit. Bisher fand kaum eine öffentliche Debatte statt. Das war zu Beginn auch in Burgdorf so. Dort konnte die anfängliche Skepsis dank einer offenen Kommunikation der Organisatoren jedoch relativ schnell beseitigt werden. Dies ist nun auch in Zug nötig.

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