Anleger geprellt?

Zuger Unternehmer verkauften Aktien ohne Bewilligung

Das Unternehmen zweier Zuger wollte einen neuartigen Motor entwickeln. (Bild: Adobe Stock)

Zwei Zuger Unternehmer geraten in den Verdacht, Geld ihrer Aktionäre zu verschleudern. Ihre Firmen machen Konkurs, die Staatsanwaltschaft klagt an. Weitgehend zu Unrecht, sagt jetzt das Zuger Strafgericht – und verurteilt einen Visionär und seinen Kompagnon trotzdem.

Es riecht nach Klassiker. Die Website ist seit Jahren «under construction». Das genaue Geschäftsmodell verrät sie nicht. Die Konkursverfahren wurden mangels Aktiven eingestellt. Und die privaten Schulden eines der Geschäftsinhaber gehen in die Millionen.

Bei der Zuger Firmengruppe, die sich dem Handelsregister zufolge mit einer neuartigen Motorentechnologie beschäftigt hat, sieht vieles danach aus, als sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.

Das fürchteten mehrere Anleger schon 2015 und informierten die Finanzmarktaufsicht Finma. Auch die Zuger Staatsanwaltschaft intervenierte. Sie klagte einen heute 76- und einen 51-jährigen Zuger wegen Verdachts auf qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung und Misswirtschaft an – und erleidet vor dem Zuger Strafgericht eine Schlappe.

Kompagnon und Visionär kassierten fast zwei Millionen Franken

Das zeigt ein Urteil, das kurz vor Weihnachten zur öffentlichen Einsicht auflag. Laut dem dreiköpfigen Strafgericht unter Vorsitz von Gerichtspräsident Philipp Frank ist nicht bewiesen, dass die beiden Männer das Geld ihrer Aktionäre verschleudert haben.

Das hatte die Zuger Staatsanwaltschaft den Unternehmern vorgeworfen, von denen der ältere laut dem Urteil der «geistige Vater» eines vielversprechenden Projekts gewesen sein soll. Worum es dabei ging, ist heute nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Laut den Strafverfolgern sollen die Männer zwischen 2010 und 2016 rund zwei Millionen Franken von der Firmengruppe zu Unrecht bezogen und damit mitunter ihren Lebensunterhalt, die Wohnungsmiete des 76-Jährigen oder ihre privaten Autos finanziert haben.

Misswirtschaft? Beträge waren nicht überrissen hoch

Das kann man so nicht sagen, lautet zusammengefasst die Bewertung des Strafgerichts. Zwar könne eine Darlehensgewährung angesichts der Schulden des älteren Geschäftsinhabers grundsätzlich als fraglich bewertet werden. Doch laut dem Gericht waren die Zahlungen als rechtmässige Vergütungen und Honorare zu betrachten, die vor allen Dingen nicht überrissen hoch waren.

Über rund sechs Jahre hinweg kassierte der ältere Geschäftsinhaber monatlich rund 10'000 Franken. Das sei nicht «exorbitant», so das Gericht: «Hätten sie [die Beschuldigten] sich anstelle von Darlehen monatlich einen Lohn (...) sowie ein Honorar (...) ausbezahlt, so müssten die vorerwähnten monatlichen Beträge in jedem Fall als marktüblich angesehen werden.»

Im Prozess gaben die Männer an, die Darlehen hätten sie zurückzahlen wollen, sobald sie mit ihrem Projekt an die Börse gegangen wären. Das scheint tatsächlich der Plan gewesen zu sein, sagt auch die Staatsanwaltschaft. Oder wie es im Urteil heisst: «Entsprechend bezeichnete die Staatsanwaltschaft auch das (...) zugrundeliegende Projekt beziehungsweise die Idee nicht als Nonvaleur und erhob explizit keine Anklage betreffend Betrugs.»

Strafe, weil die Bewilligung fehlte

Die kriminelle Energie der Beschuldigten sei gering gewesen. Doch obwohl die Zuger Unternehmer vom Vorwurf der Misswirtschaft und ungetreuen Geschäftsbesorgung freigesprochen wurden, werden sie bestraft. Denn die Aktienverkäufe ihrer Motorengesellschaft hatten sie über eine Firma abgewickelt, laut dem Gericht «hautpsächlich im Finanzbereich tätig war». Nur: Wer das ist und gleichzeitig öffentlich Wertpapiere verkaufen will, braucht eine Bewilligung der Finma. Und die fehlte den beiden Männern.

Deshalb verurteilt das Strafgericht die zwei Zuger zu bedingten Geldstrafen: den Kompagnon zu 83 Tagessätzen à 180 Franken und den Visionär zu 88 Tagessätzen à 30 Franken. Die Höhe des Tagessatzes, die sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Verurteilten bemisst, zeigt, dass der ältere Unternehmer finanziell auch heute noch in einer schwierigen Lage steckt.

Sollte dieser nochmals ohne Bewilligung auf dem Finanzmarkt agieren, wird es teuer. Dafür hat die Finma gesorgt, als sie ihm androhte, einen weiteren Verstoss mit bis zu 100'000 Franken zu ahnden. Eine weitere Busse, darauf lässt das Urteil schliessen, würde seinen Schuldenberg nur noch mehr anwachsen lassen.

Doch das letzte Wort ist in der Sache ohnehin nicht gesprochen, das Urteil des Strafgerichts ist nicht rechtskräfitg: Wie es beim Zuger Obergericht auf Anfrage heisst, ging die Berufungserklärung bereits am 9. Dezember ein.

Verwendete Quellen
  • Urteil SG 2020 8/9 des Zuger Strafgerichts
  • Website der Firma
  • Angaben aus dem Zuger Handelsregister
  • Liste der Finma-Endverfügungen
  • Telefonische Anfrage beim Zuger Obergericht
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