Schuldfähig oder nicht?

Zuger Staatsanwaltschaft büsst Demenzkranke – zu Unrecht

Eine Verurteilte leidet an einer Demenz. Daher sei sie schuldunfähig, so das Obergericht. (Bild: Adobe Stock)

Die Zuger Staatsanwaltschaft büsste eine Frau, weil sie ihren Führerausweis nicht rechtzeitig abgegeben hatte. Das Obergericht ruft die Staatsanwaltschaft nun zurück. Die Frau ist nämlich krank.

Fünf Tagessätze zu je 50 Franken hätte die Frau bezahlen müssen. So verfügte es die Zuger Staatsanwaltschaft in einem Strafbefehl von Anfang Sommer. Die Zugerin hatte ihren Führerausweis trotz Aufforderung des Strassenverkehrsamtes nicht abgegeben.

Gegen die Busse wehrte sich die Frau aber vor dem Obergericht. Die Krux: Die Zugerin leidet an einer Demenz. So geht es aus einem Urteil des Obergerichts hervor. Darin heisst es, dass sie seit ihrer Diagnose nicht mehr Auto gefahren sei und daher die Aufforderung des Strassenverkehrsamtes ignoriert hätte. Ausserdem habe sie geglaubt, sie habe den Ausweis bereits zurückgegeben. Sie könne sich zumindest nicht mehr an Gegenteiliges erinnern.

Wie viel wussten die Behörden über die Demenz?

Die Frage, die sich stellte, war, ob die Zugerin überhaupt mit der Demenzerkrankung schuldfähig war und ob die Staatsanwaltschaft um diesen Umstand wusste. Die Zugerin führt in ihrer Beschwerde ein Arztzeugnis auf, wonach sie seit längerer Zeit nicht mehr voll handlungsfähig sei und auch keine Autos mehr lenken könne. Sie habe aufgrund ihrer Erkrankung die Tragweite der Aufforderung des Strassenverkehrsamtes nicht verstehen und nicht entsprechend handeln können.

Wie das Obergericht in seinem Urteil schreibt, sei in den bisherigen Ermittlungsakten die Erkrankung der Beschuldigten nicht direkt thematisiert worden. Sie habe bei der Polizei zu Protokoll gegeben, dass ihr «Kopf nicht mehr sehr gut» sei und sie an einer beginnenden Demenz leide. Der Strafverfolgungsbehörde sei allerdings das Arztzeugnis nicht bekannt gewesen, welches der Frau die Handlungsunfähigkeit attestiert.

«Kann kein Schuldvorwurf gemacht werden»

Die Zugerin habe ihren gesundheitlichen Zustand in der Einvernahme aber nur «zurückhaltend» kommuniziert, weshalb der Staatsanwaltschaft die Einschränkungen nicht vollumfänglich bekannt gewesen seien, schreibt das Gericht.

Dennoch heisst es die Beschwerde der Frau gut und weist das Verfahren zurück an die Staatsanwaltschaft. «Wer nicht mehr fähig ist, die Tragweite eines Aufforderungsschreibens bezüglich der Führerausweisrückgabe des Strassenverkehrsamtes zu verstehen und entsprechend zu handeln, dem kann kein Schuldvorwurf gemacht werden», schreibt das Gericht.

Verwendete Quellen
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