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Lange war das Richtergremium am Zuger Verwaltungsgericht unterbesetzt, die Fälle stauten sich, Zürcher mussten aushelfen. Ein Zuger Politiker soll eine Mitverantwortung haben.
Das Verwaltungsgericht Zug lief in den vergangenen zwei Jahren auf dem Zahnfleisch. Diesen Eindruck erhält, wer den Rechenschaftsbericht 2023/2024 liest, der vor kurzem veröffentlicht worden ist. Wegen einer Verkettung verschiedener Umstände waren die Verwaltungsrichter sowie Gerichtschreiberinnen während mehrerer Monate unterbesetzt. Einen Schuldigen – wenn auch subtil – nennt das Gericht: Stefan Thöni.
Die Rolle von Stefan Thöni
Nach dem Ausscheiden der Richterin Ines Stocker, die aus dem Kanton Zug weggezogen ist, war das Verwaltungsgericht während 18 Monaten unterbesetzt (zentralplus berichtete). Zwar hat das Zuger Stimmvolk SP-Richterin Sarah Schneider bereits im September 2022 gewählt.
Doch der unterlegene Kandidat Stefan Thöni legte Wahlbeschwerde ein und zog diese bis vor Bundesgericht. Er fühlte sich benachteiligt, weil er zur Richterwahl weniger öffentliche Plakate aufstellen durfte als bei anderen Wahlen. Damit blitzte er vor dem höchsten Gericht ab und Schneider konnte ihr Amt antreten – allerdings erst rund ein Jahr nach ihrer Wahl (zentralplus berichtete).
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Einen entsprechenden Seitenhieb gegen Thöni erlaubt sich das Verwaltungsgericht denn auch im Bericht: «Die bekannten Kandidaturen für die Volkswahl ‹aus Prinzip› haben mithin insofern einen disruptiven Effekt auf das Funktionieren des Gerichts, als sie dessen korrekte Besetzung verzögern und jedes Mal von den verbleibenden Mitgliedern und Ersatzmitgliedern einen Sondereinsatz an Energien fordern, die für andere Aufgaben fehlen.»
Zum Vergleich: Während dieser zwei Jahre kamen die Ersatzrichter mehr als doppelt so oft zum Einsatz als in derselben Periode zuvor.
Amtsantritt trotz Beschwerden
Thönis Kandidatur wird nicht das erste Mal angeprangert. In einem Leserbrief kritisierte der frühere Journalist Charly Keiser 2022, dass Thönis Kandidatur abermals Kosten verursache. Der Parat-Präsident verteidigte sein Antreten gegenüber zentralplus einst als Kampf gegen den Postenschacher, also dass Parteien ihren Parteimitgliedern Posten zuschanzen. Durch seine Kandidatur ermögliche er eine Auswahl – und sorge nebenbei dafür, dass Parteien qualifiziertere Kandidatinnen aufstellten (zentralplus berichtete).
Künftig soll die Wahl jedoch keine Probleme mehr verursachen. Der Kantonsrat schraubt derzeit am Wahl- und Abstimmungsgesetz.
Auf die 2. Lesung hin hat der Regierungsrat einen Antrag gestellt: «Der Kantonsrat muss die Möglichkeit haben, eine Wahl auch während eines laufenden Rechtsmittelverfahrens für gültig zu erklären, damit die gewählte Person ihr Amt unverzüglich antreten kann.» Im Nachhinein hätten die Gerichte dann immer noch die Möglichkeit, die Wahl nachträglich für ungültig zu erklären.
Lücke mit Zürchern gefüllt
Doch der verspätete Amtsantritt ist nicht der einzige Umstand, der dem Verwaltungsgericht zugesetzt hat. Ein weiteres – eigentlich erfreuliches – Problem: Seit Anfang 2024 haben die Mitarbeiter des Gerichts bessere Anstellungsbedingungen und mehr Ferien. Dadurch waren sie mehr abwesend, weshalb das Verwaltungsgericht seinen hohen Pendenzenberg weniger stark abbauen konnte als geplant.
Im Jahr 2024 gab es zudem eine Lücke bei den Gerichtsschreiberinnen der sozialversicherungsrechtlichen Kammer. Der bisherige Generalsekretär und Gerichtsschreiber Patrick Trütsch amtete ab April 2024 als Verwaltungsrichter. Eine erste Stellenausschreibung war nicht von Erfolg gekrönt, zudem ging eine weitere Mitarbeiterin in den Mutterschaftsurlaub.
Um die Lücke zu füllen, lieh sich Zug zwei Gerichtsschreiber des Sozialversicherungsgerichts Zürich. Zu Ende der Gerichtsperiode seien jedoch wieder alle Stellenprozente der Gerichtskanzlei besetzt, heisst es im Bericht.
Glück im Unglück
Trotz all der personellen Turbulenzen hatte das Verwaltungsgericht auch Glück: In den Jahren 2023/2024 gingen weniger neue Fälle ein als die Jahre zuvor. 2021/2022 waren es 356 und 338 Fälle, in den vergangenen zwei Jahren 317 und 332 neue Fälle. Das könnte daran liegen, dass sich Rechtssuchende in «klaren» Fällen zunehmend bereits in der Urteilsdatenbank schlaumachen und so häufiger auf ein Verfahren verzichten, mutmasst das Gericht.
Weniger Fälle heisst aber nicht weniger Arbeit. Denn zwar seien es weniger Fälle, dafür zunehmend komplexere, die viel Arbeit verursachen. Das erklärt sich das Gericht mit der zunehmenden Spezialisierung der Anwälte und der vermehrten internationalen Fälle.
Trotzdem konnte das Verwaltungsgericht seinen Pendenzenberg etwas abarbeiten. Lag dieser 2021/2022 noch bei etwa 280 Fällen, sind es nun noch gut 240 Fälle. Der grösste Teil davon liegt bei der sozialversicherungsrechtlichen Kammer. Dort seien noch 134 Fälle hängig – was dem Arbeitsvorrat von fast einem Jahr entspricht. Dies hänge einerseits mit den vielen offenen Fällen zusammen, andererseits aber auch damit, dass bei diesen Fällen oft eine «Vielzahl» verschiedener Personen beteiligt sei.
- Rechenschaftsbericht 2023/2024 des Zuger Verwaltungsgerichts
- Antrag der Regierung für Teilrevision des Wahl- und Abstimmungsgesetzes
- Wahl- und Abstimmungsgesetz Zug
- Medienarchiv zentralplus