Zug deckelt Ärzte: Jetzt urteilt das Bundesgericht
Laut den Beschwerdeführerinnen gefährden die Höchstzahlen das Recht auf medizinische Grundversorgung. (Bild: Adobe Stock: Symbolbild)
Diskriminierend, wirtschaftsfeindlich, Gefährdung des Rechts auf Leben. Die Vorwürfe gegen den Kanton Zug sind lang, nachdem dieser Höchstzahlen für Ärztinnen eingeführt hat. Jetzt hat das Bundesgericht dazu entschieden.
Seit dem Jahr 2023 gelten im Kanton Zug für einige Facharztrichtungen Höchstzahlen. Betroffen sind Fachgebiete, in denen es laut einer statistischen Analyse zu viele Ärzte im Kanton Zug gibt. Beispielsweise in der Gynäkologie und Dermatologie. Der Kanton Zug erliess die Regeln, nachdem der Bund die Kantone verpflichtet hatte, mindestens ein Fachgebiet mit Höchstzahlen zu belegen.
Doch der Deckel sorgte für starke Kritik (zentralplus berichtete). Die Regel habe das Potenzial, «die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu beschädigen», sagte Urs Hasse, Präsident der Ärztegesellschaft Zug, einst gegenüber zentralplus. Auch heute, zwei Jahre später, lässt er kein gutes Haar an den Höchstzahlen. «Ich halte die Entscheidung weiterhin für absolut unsinnig», sagt er am Telefon. Doch nun liegt auch ein Bundesgerichtsurteil vor.
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Denn bei einigen Betroffenen war der Ärger so gross, dass sie Beschwerde gegen die Höchstzahlen beim Bundesgericht eingereicht haben. Eine Beschwerdeführerin war beispielsweise eine Hautarztpraxis aus Zug. Sie hatte gleich mehrere Aspekte an der Regel auszusetzen.
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit?
Etwa seien die Höchstzahlen ein Eingriff in die Eigentums- und Wirtschaftsfreiheit, kritisierten die Beschwerdeführer. Urs Hasse, Präsident der Ärztegesellschaft Zug, sieht das ähnlich. Er selbst stand mit mehreren Ärzten in Kontakt, die juristisch gegen die Höchstzahlen vorgegangen sind. Hasse selbst hatte sich gegen den juristischen Weg entschieden. «Ich sehe es aber genau gleich wie die Beschwerdeführerinnen. Die Ärzte-Höchstzahlen sind ein Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.»
Das Bundesgericht erinnert in seinem Urteil jedoch, dass die Zulassungsbeschränkungen darauf abzielen, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken.
Weiter monierten die Beschwerdeführer, dass sowieso keine Rede von einer Überversorgung sein könne. Ähnlich sieht es Urs Hasse, der selbst als Dermatologe arbeitet, also ebenfalls von den Höchstzahlen betroffen ist. «Wenn ich meine Warteliste anschaue, dann kann ich es nicht nachvollziehen, wieso man von einer Überversorgung spricht. Meine Kollegen haben die gleichen Probleme, sie können teilweise keine Patienten mehr aufnehmen.» Für Neuanmeldungen betrage die Wartezeit vier bis sechs Monate.
Frauen seien einseitig benachteiligt
Drastisch sind denn auch die Worte der Beschwerdeführer im Bundesgerichtsurteil. Laut ihnen gefährden die Höchstzahlen das Recht auf medizinische Grundversorgung sowie das Recht auf Leben. Laut den Beschwerdeführerinnen verletzen die Zuger Regeln zudem das Diskriminierungsverbot, weil die geltenden Höchstzahlen für den Fachbereich Gynäkologie einseitig Frauen benachteiligen.
Dieser Einwand ziele ins Leere, urteilt aber das Bundesgericht. Weil die Höchstzahlen nur in Fachbereichen gelten, in denen der Bedarf gedeckt ist.
Urs Hasse sieht die medizinische Versorgung aber ebenfalls gefährdet. «Jemand mit Verdacht auf ein Melanom müsste innerhalb von zwei Wochen einen Arzttermin erhalten», sagt er gegenüber zentralplus. Dies sei derzeit aber nicht immer möglich.
Das Bundesgericht sieht es anders: Im Rahmen einer Internetrecherche seien zahlreiche freie Termine in der Praxis der Beschwerdeführerin festgestellt worden. Zwar sei diese schnelle Internetrecherche beschränkt aussagekräftig, gibt auch das Bundesgericht zu. Dennoch zeige sie, dass eine Überversorgung in diesem Fachgebiet «nicht aus der Luft gegriffen» sei.
Praxis hat 1,7 Millionen Franken investiert – dann kamen die Höchstzahlen
Probleme haben vor allem Ärztinnen, die ihre Praxen verkaufen wollen. Urs Hasse liefert ein Beispiel: «Mit der aktuellen Regelung wäre es für mich schwierig, einen Nachfolger für meine Praxis zu finden. Denn derzeit erhalten keine neuen Dermatologen eine Bewilligung, um im Kanton Zug tätig zu sein.» Noch denkt Urs Hasse nichts ans Aufhören. Von Berufskollegen kennt er aber die Problematik – und diese habe Folgen für die Patientinnen. «Spezialärzte haben manchmal 1000 Patienten. Wenn eine Praxis keine Nachfolge findet, betrifft das also viele Patienten», sagt er.
Mit einem ähnlichen Problem kämpft auch die beschwerdeführende Hautarztpraxis. Sie investierte im Jahr 2021 1,7 Millionen Franken in einen Ausbau der Praxis. Wegen der «überfallartigen» bestimmten Höchstzahlen könne sie die Praxis aber nicht auslasten, argumentierte sie vor Bundesgericht.
Dies lässt das Bundesgericht nicht gelten. Es weist darauf hin, dass die Änderungen des Krankenversicherungsgesetzes bereits seit 2021 in Kraft seien. «Es war daher ohne Weiteres vorhersehbar, dass die Kantone die Zulassungen zeitnah beschränken würden», heisst es im Urteil des Bundesgerichts. Das oberste Gericht weist abschliessend die Beschwerden ab. Die Gerichtskosten von 8000 Franken müssen die Beschwerdeführerinnen tragen.