Wieso bei Stallbränden jährlich Hunderte Schweine sterben
Immer wieder brennen Luzerner Ställe – mit verheerenden Folgen für die dort gehaltenen Tiere. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)
Immer wieder brennt es in Luzerner Scheunen. Jüngstes Beispiel: Der Brand in Hohenrain, wo Hunderte Schweine den Flammen zum Opfer fielen. Für Tierschützerinnen ist klar, wer dafür die Schuld trägt.
Bei einem besonders schweren Brand verendeten letztes Jahr 400 Ferkel im luzernischen Richenthal. Vor einem Monat kamen in Ruswil über 20 Schweine ums Leben. Letzten Mittwoch brannte eine Scheune in Grosswangen – glücklicherweise ohne Folgen für Mensch und Tier. Doch einen Tag später ging in Hohenrain erneut eine Scheune in Flammen auf. Obwohl Hunderte Tiere gerettet werden konnten, starben beim Brand 200 Ferkel und mehrere Dutzend Mutterschweine.
Meistens ersticken sie qualvoll, die Tiere, die in brennenden Ställen verenden. «Wir haben sie die ganze Nacht lang brüllen hören, es war schrecklich», zitiert der Schweizer Tierschutz (STS) einen Zeugen eines anderen Brands, der seither weiss, wie es klingt, wenn Hunderte Tiere gleichzeitig in Panik ausbrechen.
Alleine im letzten Jahr sollen schweizweit über tausend Hühner, Schweine und Kühe Stallbränden zum Opfer gefallen sein, schreibt der STS auf seiner Webseite. Für Mediensprecher Simon Hubacher ist klar wieso.
«Arbeitsverweigerung» beim Bund
Die bautechnischen Vorgaben beim Stallbau und Stallbetrieb würden grosse regulatorische und rechtliche Lücken aufweisen, sagt er gegenüber zentralplus. Doch wer zuständig ist, scheint unklar zu sein. Denn für den Tierschutz ist der Bund verantwortlich, für die ausführenden Verordnungen zum Brandschutz sind es hingegen die Kantone.
Ginge es nach dem STS, würde der Bund die Lücken im Gesetz schliessen und den Landwirten entsprechende Vorgaben machen – «Damit die Qual Hunderter Tiere bei Stallbränden endlich ein Ende hat.»
Doch obschon die Schweizer Tierschutzverordnung momentan in Revision ist, scheint der Bundesrat keine Ergänzungen vornehmen zu wollen, die den Brandschutz in Ställen betreffen. STS-Zentralvorstand Peter Kunz wirft der Landesregierung darum kurzerhand «Auftragsverweigerung» vor.
Stallbrände trotz Sensibilisierung
Obwohl Tierschützerinnen seit Jahren auf die mangelhaften Regulierungen hinweisen und es immer wieder zu Stallbränden mit verheerenden Folgen für die dort gehaltenen Tiere kommt, passiert auf Bundesebene, aber auch in den meisten Kantonen wenig bis gar nichts.
Immerhin hat die im Kanton Luzern für den Brandschutz verantwortliche Gebäudeversicherung Luzern (GVL) im Juli eine an Landwirte gerichtete Sensibilisierungskampagne lanciert. Am Ende des sechsseitigen «Weisungsblatts» im PDF-Format nimmt sie auch Bezug zu elektrischen Installationen. Diese wurden bei drei der vier eingangs erwähnten Stallbränden als Auslöser der Feuer eruiert.
Ob es im aktuellen Fall des Brands von Hohenrain zu einer Anzeige gegen den Landwirt kommt, verrät die Staatsanwaltschaft Luzern noch nicht.
Gebäudeversicherung prüft nur Neubauten
Wie oft es in den Scheunen von Luzerner Landwirten brennt, weiss die GVL aber nicht. «Wir führen keine Statistik», begründet Mediensprecherin Béatrice Kocher. Dass es regelmässig zu Stallbränden und immer wieder zum Tod von Tieren kommt, ist der Behörde hingegen bekannt.
Wie der STS sieht auch Kocher in erster Linie den Bund unter Zugzwang. «Im Tierschutzgesetz könnten weitergehende Vorschriften erlassen werden», sagt sie. Beim Brandschutz verweist sie ebenfalls auf die nationalen Regelungen – obschon es auch kantonale Verordnungen gebe, die verschärft werden könnten.
Die GVL agiert im Rahmen der bestehenden Regelungen. «Jedes Baugesuch wird auf die Einhaltung der Vorschriften überprüft und es werden, wenn nötig Auflagen formuliert», erklärt Kocher das Vorgehen. Wer seine Tiere in einem alten Stall hält, fällt durch die Maschen.
«Müssen mit Brandrisiken leben»
Denn regelmässige Kontrollen nimmt die GVL nämlich nicht vor. Auch, weil eine von Kocher genannte Umfrage zeigt, dass in Kantonen, in denen oft kontrolliert wird, die Feuerschäden «nicht wesentlich anders sind» als in Kantonen mit weniger Kontrollen.
«Unter Beachtung der Verhältnismässigkeit stimmt für uns der heutige Zustand», zieht Kocher Fazit. Und: «Wir müssen mit den Brandrisiken leben». Der STS verspricht hingegen, sich politisch für strengere Regulierungen einzusetzen.
Einst Moderator und Redaktor beim Radio 3FACH und bei Jam On Radio, schreibt Joel Dittli seit 2023 bei zentralplus. Um auch den künftigen Herausforderungen im Medienalltag gewachsen zu sein, absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern. Als Reggae-Musiker und FCL-Fan ist er am Wochenende oft in Kulturlokalen oder Fussballstadien anzutreffen.