Fall vor dem Strafgericht Zug

Wer heimlich Tonaufnahmen macht, zahlt Busse – meistens

Heimlich Tonaufnahmen zu machen, kann teuer werden. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Während eines Gesprächs heimlich Tonaufnahmen zu machen, ist verboten. Nur in seltenen Fällen machen die Gerichte da Ausnahmen, wie eine Zugerin erfahren musste.

Ein Mann trifft sich ein letztes Mal mit seiner Exfreundin zu einer Aussprache. Bevor er zu ihr in die Wohnung geht, aktiviert er auf seinem Smartphone die Aufnahmefunktion. Er weiss, dass das Gespräch schwierig werden könnte. Und genau so kommt es auch: Nach dem Gespräch zeigt sie ihn wegen sexueller Nötigung an. Vor Gericht belegen schliesslich die illegalen Aufnahmen, dass die Vorwürfe nicht stimmen.

Dieser Fall war kürzlich Thema im «Beobachter». Er wirft eine grundsätzliche Frage auf: In welchen Fällen dürfen Beweise verwendet werden, die illegal beschafft wurden ? Und: Müssen diejenigen, die heimlich Tonaufnahmen machen, trotzdem mit einer Bestrafung rechnen?

Strafanzeige wird zum Boomerang

Einen ähnlich gelagerten Fall hatte kürzlich das Zuger Strafgericht zu beurteilen. Eine junge Frau musste sich verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihr vor, mehrfach heimlich Gespräche aufgenommen zu haben, die sie mit einem Bekannten führte. Ans Licht kamen die Aufnahmen, als sich die Frau im September 2018 an die Polizei wendete und unter anderem Strafanzeige wegen Nötigung und Drohung stellte.

Als sie in diesem Zusammenhang von einem Polizisten befragt wurde, erwähnte sie von sich aus, dass sie Gespräche zwischen ihr und dem Mann aufgezeichnet hatte. Bereitwillig gab sie der Polizei ihr Handy, die daraufhin mehrere Audiodateien sicherte. In einer ist zu hören, wie die beiden über Geld sprechen, das der Mann der Frau zurückzahlen sollte.

Das zweite Gespräch drehte sich darum, dass die Frau einem gemeinsamen Bekannten von den Schulden erzählt hatte. Der Mann sagte daraufhin, dass er vielleicht sogar handgreiflich geworden wäre, hätte er bereits früher erfahren, dass sie das weitererzählt hatte.

Die Frau hatte der Polizei weiter erzählt, dass der Zuger ihr vorgeschlagen hatte, für Geld eine Scheinehe einzugehen. Auch das wollte sie mit den Aufnahmen belegen.

Doch der beschuldigte Mann drehte den Spiess um. Und zeigte die Frau an wegen unbefugtem Aufnehmen von Gesprächen.

Kehrtwende macht das Gericht misstrauisch

In der ersten Befragung im Strafverfahren gegen die Frau sagte die damals 21-Jährige freiheraus, sie habe die Tonaufnahmen gemacht, weil der Zuger ihr Geld geschuldet habe und sie sich die Gespräche mit ihm später nochmal anhören wollte. Zum privaten Gebrauch, sozusagen.

Erst vor Gericht sagte sie, sie habe angefangen aufzunehmen, weil sie sich unwohl und bedroht gefühlt habe – zur Beweissicherung, falls etwas passiert. Der Unterschied ist entscheidend. Sollte Letzteres stimmen, könnte es nämlich gerechtfertigt sein, die Gespräche aufgenommen zu haben.

Das ist der Fall, wenn es um schwere Straftaten geht, die sich nur durch heimliche Tonaufnahmen beweisen lassen. Etwa wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass derjenige, dessen Äusserungen aufgenommen werden, diese in einem Strafverfahren bestreiten wird.

Heimliche Tonaufnahmen machte sie regelmässig

Vorliegend hält es das Gericht aber nicht für glaubwürdig, dass hinter den Aufnahmen der Frau solche hehren Absichten standen. Der Grund dafür: Sie hatte bei der polizeilichen Befragung gesagt, dass sie regelmässig solche Aufnahmen machte. Auch bei Arztgesprächen oder wenn sie mit Kollegen zusammen war.

Ausserdem findet das Strafgericht: Sie hätte auch mit einer schriftlichen Vereinbarung, Notizen oder einem Kontoauszug belegen können, dass der Mann ihr noch Geld schuldet. Dafür brauchte es die Aufnahmen nicht. Also war das heimliche Aufnehmen nicht gerechtfertigt. Eine Drohung ist darauf nicht zu hören. Und selbst wenn zu hören wäre, dass der Mann ihr vorschlägt, gegen Geld eine Scheinehe einzugehen, würde das der jungen Frau nicht helfen. «Es wäre nicht ihre Sache gewesen, bei potenziellen Verstössen gegen das Ausländerrecht Beweise zu sichern», meint das Strafgericht.

Die Lehre daraus: Unbedarft das Handy mitlaufen zu lassen, ist nicht zu empfehlen. Die Frau wird in einem kürzlich veröffentlichen Urteil schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 25 Tagessätzen à je 30 Franken verurteilt. Die 750 Franken werden im Wiederholungsfall binnen zwei Jahren fällig.

Strafmildernd wirkte sich aus, dass die Frau zum Tatzeitpunkt gesundheitlich sehr angeschlagen und emotional abhängig von dem Mann war. Das letzte Wort in dieser Sache ist jedoch noch nicht gesprochen. Der Verteidiger der Frau hat bereits Berufung angemeldet.

Verwendete Quellen
  • Artikel und Podcast «Beobachter»
  • Urteil SE 2021 52 des Strafgerichts Zug
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