Über 1000 Luzerner verstossen gegen die Covid-Verordnung
Zertifikatspflicht, Versammlungsverbote, Abstandsregeln: Der Bundesrat hat mit strengen Regeln versucht, der Corona-Pandemie Herr zu werden. Nicht alle trugen die Massnahmen der Covid-Verordnung mit – die Staatsanwaltschaft Luzern hatte deshalb massenhaft zu tun.
«Die Covid-19-Fälle waren eine echte Mehrbelastung.» Mit diesen Worten eröffnet Oberstaatsanwalt Daniel Burri die Jahreskonferenz der Staatsanwaltschaft Luzern – an der er dieses Jahr den Fokus auf die Verstösse gegen die Covid-Verordnung legt.
Allein wegen Ignorierens der Maskenpflicht wurden im Kanton 561 Personen gebüsst. Das ist genau die Hälfte aller Verstösse gegen die Covid-Verordnung, welche die Staatsanwaltschaft Luzern auf Trab hielten. Beim Missachten des Versammlungsverbots sowie der Meldepflicht der Einreise sind es je 120 Fälle. 60 Personen hielten sich nicht an die Isolations- und Quarantäneregeln.
Über ein Dutzend Bordelle blieben offen
Restaurants und Freizeiteinrichtungen traf es seltener. Im Kanton Luzern stellte die Staatsanwaltschaft gut 84 Strafbefehle aus, weil zum Beispiel Wirte oder Fitnessstudiobetreiber Hygienevorschriften oder die Zertifikatspflicht nicht einhielten. Im Bereich der Prostitution traf es 17 Betreiberinnen von Bordellen, die offen geblieben sind. Das Sexgewerbe war im Kanton Luzern während mehr als einem halben Jahr verboten (zentralplus berichtete).
Anders als beispielsweise in Schaffhausen war in Luzern das Erschleichen von Covid-19-Zertifikaten ein seltenes Phänomen. «Der Klassiker sind Leute, die beim Gesundheitsdepartement ein gefälschtes Impfbüchlein einreichten, um ein Zertifikat zu bekommen», sagt dazu Daniel Burri. «Wir hatten fünf Fälle, das sind verschwindend wenige.»
Die Konsequenzen sind aber weit einschneidender als bei übrigen Verstössen gegen die Covid-Verordnung, wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Luzern betont. «Es handelt sich nicht um eine einfache Übertretung, sondern um eine Urkundenfälschung, die einen Eintrag ins Strafregister und eine Geldstrafe zur Folge hat.»
Covid-Verordnung: Strafbefehle der Staatsanwaltschaft Luzern angefochten
Was auffällt: Wer sich um die Massnahmen foutiert, bei dem stossen auch die strafrechtlichen Verurteilungen eher auf Widerstand. Etliche Beschuldigte waren mit den Strafbefehlen nicht einverstanden, was zu vielen Einsprachen führte. Besonders gering war die Akzeptanz der Entscheide bei Personen, die wegen eines Verstosses gegen die Maskenpflicht an einer Kundgebung gebüsst wurden.
Die Einsprachequote lag bei bis zu 51 Prozent. Dies führte einem deutlichen Anstieg der Gerichtsfälle. 2021 wurden 355 Fälle an ein Bezirksgericht überwiesen (Vorjahr: 308, Anstieg: 15 Prozent). Dieses ist für Einsprachen gegen Strafbefehle zuständig – und damit für leichtere Fälle der Kriminaltät.
«Wir haben den Druck in der Gesellschaft natürlich auch bei uns gespürt.»
Daniel Burri, Oberstaatsanwalt Luzern
Allerdings landeten nicht alle Einsprachen vor einem Gericht. In vielen Fällen zogen die Beschuldigten die Einsprache nach einem Gespräch mit der zuständigen Staatsanwältin wieder zurück, wie Daniel Burri im Video erklärt.
Handelt es sich beim Massnahmenkritikern um eine besonders schwierige Klientel? «Wir haben den Druck in der Gesellschaft natürlich auch bei uns gespürt», meint Daniel Burri dazu. «Manche Leute fanden, es gehe nicht, die Bevölkerung so einzuschränken. In diesem Spannungsfeld haben wir unseren Job gemacht und alles verfolgt, was angezeigt wurde.»
Teilweise seien Befragungen auf schriftlichem Weg durchgeführt worden, weil sich die Beschuldigten weigerten, eine Maske zu tragen, ergänzt Guido Emmenegger. Er ist der Leiter der zentralen Dienste. Diesbezüglich ging die Staatsanwaltschaft Luzern einen anderen Weg als die Gerichte: Wer dort ohne Maske auftauchte, wurde nicht ins Gebäude gelassen (zentralplus berichtete)
Die Staatsanwaltschaft hat mit 222 Fällen übrigens auch mehr Anklageschriften an das Kriminalgericht überwiesen (Vorjahr: 207, Anstieg: 7 Prozent). Dieses ist für schwerere Delikte zuständig.
Covid-19-Kreditbetrug: Deliktsumme massiv höher als gedacht
Die Staatsanwaltschaft Luzern hatte nicht nur wegen Verstössen gegen die Covid-Verordnung viel tun. Auch die vielen Covid-19-Kreditbetrüge hielten sie auf Trab (zentralplus berichtete). Im Vorjahr kamen deswegen 65 Anzeigen rein, 2021 stieg die Zahl der Fälle mit 58 weiteren Anzeigen nochmals massiv an.
Zur Erinnerung: Firmen mit Liquiditätsproblemen konnten ab März 2020 Covid-19-Überbrückungskredite beantragen. Diese waren als unbürokratische und schnelle Notfallhilfe gedacht und wurden wegen der Dringlichkeit nicht detailliert geprüft. Viele Betrüger witterten da ihre Chance. Die Deliktsumme liegt allein im Kanton Luzern inzwischen bei 19 Millionen Franken.
60 Prozent der Fälle wurden bereits abgeschlossen. Elf überwies die Staatsanwaltschaft mit einer Anklage ans Kriminalgericht, 21 erledigte sie mit einem Strafbefehl.
- Teilnahme an Medienkonferenz der Staatsanwaltschaft Luzern
- Jahresbericht der Staatsanwaltschaft Luzern