Zwischen Verfolgung und Verwaltung

Türkisches Pärchen will in Zug heiraten – und darf nicht

Weil der Mann sein genaues Geburtsdatum nicht beweisen kann, fällt die Hochzeit vorerst ins Wasser (Symbolbild). (Bild: Adobe Stock)

Ein Paar, ursprünglich aus der Türkei, will in Zug heiraten. Nur dürfen sie nicht. Denn der Bräutigam kann den Behörden nicht zufriedenstellend beweisen, wer er ist und wie alt.

Es hätten eigentlich die Hochzeitsglocken klingen sollen. Hätten. Denn das Paar darf in Zug nicht heiraten. So entschieden es die Zuger Behörden, wie aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts hervorgeht.

2023 erkundigte sich ein Mann mit Wurzeln in der Türkei im Alter von ungefähr 38 Jahren – ungefähr, weil sein Alter nicht ganz klar ist, dazu aber später mehr – beim Zuger Zivilstandesamt wegen der Dokumente für eine Eheschliessung. Seine Braut kommt ebenfalls aus der Türkei.

Eigentlich gäbe es Regelung, wenn Dokumente fehlen – nur gilt die nicht

Die Heirat wurde in die Wege geleitet. Es kam dann aber raus, dass der Mann nicht über alle nötigen Dokumente verfügt. Konkret fehlt ihm ein gültiger Personalausweis. So zumindest sehen es die Zuger Behörden. Die Hochzeit konnte vorerst nicht stattfinden.

Beim Mann handelt es sich um einen Kurden, eine ethnische Minderheit, die in der Türkei verfolgt wird. Er musste daher fliehen und gelangte schliesslich in die Schweiz, wo er als Flüchtling anerkannt wurde.

Eigentlich gäbe es eine Regelung für solche Fälle, wenn Geflüchtete keine Ausweise auftreiben können. Diese nennt sich eine «Abgabe einer Erklärung nicht streitiger Angaben». Damit können Personen gegenüber Zivilstandsämtern Personaldaten angeben, unter der Auflage, dass sie bewiesen haben, dass es trotz Bemühungen nicht möglich ist, einen Ausweis aufzutreiben.

Genau das wollte der Mann tun. Weil ihm die Zuger Behörden aber nicht glaubten, landete der Fall vor dem Zuger Verwaltungsgericht.

ID soll «Pseudodokument» sein

Alles, was der Geflüchtete an Dokumenten vorweisen konnte, waren eine irakische ID – zunächst war der Mann in den Irak geflüchtet, wo ihm das Dokument ausgestellt wurde – und ein UNHCR-Ausweis. Die UNHCR ist die Organisation der Vereinten Nationen, die sich für den Schutz von Flüchtlingen einsetzt. Sie stellt diesen Ausweise aus, die ihren Flüchtlingsstatus und ihre Identität bestätigen. Nur gilt dieser vor dem Zivilstandsamt nicht.

Und die irakische ID ebenso wenig. Das Zuger Zivilstandsamt liess diese durch die Polizei prüfen. Das Ergebnis: Die Polizei stuft den Ausweis als «Pseudodokument» ohne Gültigkeit in der Schweiz ein.

Die Krux: Auf dem irakischen Ausweis und dem UNHCR-Dokument stehen verschiedene Geburtsjahre. Allerdings liegen sie nur gerade ein Jahr auseinander. Die Erklärung des Heiratswilligen: Seine Eltern hätten ein Durcheinander gehabt mit den kurdischen und christlichen Kalendern, so ganz nachvollziehen, wann er geboren worden sei, könne niemand mehr, schliesslich habe er sein Geburtsjahr einigermassen rekonstruiert anhand des dokumentierten Todes des Dorfältesten, der im Jahr seiner Geburt gestorben sei.

Analphabetismus, Bürgerkriegswirren, Ruinenfeld

Andere Dokumente in der Türkei zu beschaffen, die das Geburtsjahr hätten klären können, sei nicht möglich. Und im dortigen Geburtenregister sei er ohnehin nicht eingetragen. Seine Eltern hätten nicht lesen und schreiben können, seien verfolgt worden, Bürgerkriegswirren, lauten die Argumente. Überhaupt habe er keine Kontakte mehr in der Türkei. Das damalige Dorf, in welchem die Familie vor der Flucht gelebt habe, sei abgebrannt worden und heute ein Ruinenfeld.

Wie es im Urteil des Verwaltungsgerichts heisst, stört sich der Mann scheinbar sehr daran, dass das Zivilstandsamt ihm nicht erlaubt hatte, sich auf die «Abgabe einer Erklärung nicht streitiger Angaben» zu berufen. Damit werde ihm die Eheschliessung lebenslänglich verunmöglicht.

Und schliesslich sei das Geburtsjahr ohnehin nicht ausschlaggebend für die Eheschliessung, so die Auffassung des Geflüchteten.

So entscheidet das Gericht

Die Zuger Behörden und nun auch das Verwaltungsgericht sehen das aber anders. Es sei sehr wohl wichtig und halt eben streitig. Ohne Nachweis keine Hochzeit. Und solange das Geburtsjahr nicht geklärt ist, sei es denn auch erst mal egal, ob und warum es dem Mann nicht möglich gewesen sein soll, in der Türkei neue Dokumente zu beschaffen. Auch, wenn die Umstände einigermassen nachvollziehbar seien.

Das Gericht weist die Beschwerde ab. Das Urteil ist rechtskräftig. Damit bleibt dem türkischen Paar das Heiraten in Zug erst einmal verwehrt.

Verwendete Quellen
  • Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts
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