Luzerner Kantonsrat entscheidet über Erbstreit

Schloss Buttisholz: Erbinnen haben nichts zu sagen

Das Schloss Buttisholz soll in den Besitz einer Stiftung übergehen. (Bild: Wikimedia Commons / Lantus)

Das Schloss Buttisholz ist seit bald 300 Jahren im Besitz der Familie Pfyffer von Altishofen. Der letzte männliche Nachkomme will seinen Besitz nun einer Stiftung übergeben. Seine weiblichen Verwandten wollen mitreden – was die Luzerner Regierung verschweigt.

Im Kanton Luzern gibt es noch Familien, die ihre Reichtümer vererben wie zu Zeiten des Ancien Régime. Heisst: Das Vermögen geht jeweils ungeteilt an einen männlichen Nachkommen, üblicherweise an den ältesten Sohn (zentralplus berichtete).

Solche altertümlichen Erbfolgen sind heute nicht mehr erlaubt – nicht zuletzt, weil Frauen damit massiv benachteiligt werden. Die bestehenden sogennannten «Fideikommiss» werden nach und nach durch den Luzerner Kantonsrat aufgehoben, der dafür zuständig ist. Das Nächste ist das Feer'sche Fideikommiss, zu welchem das Schloss Buttisholz und der Soppensee gehören. Der heutige Schlossbesitzer will seine Ländereien einer Stiftung vermachen.

Der unter Schutz stehende Soppensee gehört ebenfalls zu den Ländereien des Feer'schen Fidei- kommiss. Emanuel Ammon
Der Soppensee gehört zu den Ländereien von Schloss Buttisholz. (Bild: zentralplus)

Es spricht nichts dagegen, weil Frauen nichts zu sagen haben

Aus Sicht der Luzerner Regierung spricht nichts dagegen, wie sie in einem Bericht und Antrag an den Kantonsrat schreibt (zentralplus berichtete). «Alle möglichen, derzeit bekannten Agnaten (...) haben der Aufhebung zugestimmt», heisst es darin.

Gemeint sind damit männliche Blutsverwandte. Und das mag stimmen. Was die Regierung aber verschweigt, ist Folgendes: Es gibt eine Reihe von weiblichen Blutsverwandten, die mit dem Vorhaben ganz und gar nicht einverstanden sind. Und das klammert die Regierung in ihrem Antrag an den Kantonsrat aus.

Weibliche Verwandschaft begehrt auf

Hinter den Kulissen läuft deshalb einiges. Mehrere weibliche Verwandte des heutigen Schlossbesitzers haben bei der Regierung eine Verwaltungsbeschwerde eingereicht. Sie verlangen, dass sie Akteneinsicht bekommen und vor dem Entscheid über die Aufhebung des Fideikommiss angehört werden. Die Regierung trat auf die Beschwerde gar nicht erst ein. Sie stellt sich auf den Standpunkt: Frauen kommen als Erbinnen nicht infrage, also dürfen sie auch nicht mitreden.

Die Frauen der Familie Pfyffer sehen das anders. Sie werfen der Regierung eine Missachtung des rechtlichen Gehörs der weiblichen Familienmitglieder vor. Das widerspreche dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Gleichbehandlung von Frauen und Männern.

Die weiblichen Familienmitglieder wollen mitreden, wie es Schloss Buttisholz weitergeht.
Die weiblichen Familienmitglieder wollen mitreden, wie es Schloss Buttisholz weitergeht. (Bild: Wikimedia Commons / Lantus)

Kantonsrat entscheidet über die Zukunft von Schloss Buttisholz

Nachdem sie bei der Regierung auf taube Ohren stiessen, wandten sich die Frauen ans Kantonsgericht Luzern. Dieses sagt: Die Regierung ist zu Recht nicht auf die Beschwerde eingetreten. Die Begründung ist aber eine andere.

Aus historischen Gründen können Stadtrat und Regierungsrat in dieser Sache gar nicht entscheiden. Sie können lediglich Anträge an den Kantonsrat stellen – der alleinig dafür zuständig ist. Das heisst: Es liegt am Parlament beziehungsweise an den zuständigen Kommissionen, Akteneinsicht zu verlangen. Sie müssen prüfen, ob die Frauen der Familie eventuell doch potenzielle Erbinnen sein könnten, die in das Verfahren einzubeziehen sind.

Ob der Kantonsrat das tun wird? Klar ist: Der Bericht und Antrag der Regierung ist bereits seit über einem Jahr hängig. «Das Verfahren ist noch offen», bestätigt Erwin Rast, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) auf Anfrage von zentralplus. Das JSD hat im Gerichtsverfahren die Regierung vertreten. «Die nächsten Schritte können erst nach Rechtskraft des Urteil geplant werden», schreibt Rast. Das ist noch nicht der Fall. Die Geschäftsleitung des Kantonsrats werde dann festlegen, wann das Geschäft im Parlament traktandiert werde.

  • Urteil 7H 21 148 des Kantonsgerichts Luzern
  • Bericht und Antrag: Aufhebung des Feer’schen Fideikommisses
  • Mailaustausch mit Erwin Rast
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Hans
    Hans, 01.10.2022, 06:17 Uhr

    Die Sache ist schon klar. Haupt-Erbe ist der Kanton.

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  • Profilfoto von Jörg
    Jörg, 27.09.2022, 12:08 Uhr

    Mein Großvater hatte ein 2 Fam, Haus mit Umschwung in der unteren der Sohn mit Familie oben die Großeltern, meine Mutter Tochter Pochte auf den Pflichtteil, 20,000 Gab er ihr,,, und warf sie Raus, Der Bruder sagte Du bekommst noch was, als er Starb bekam der Sohn das Haus, der Sohn wiederum vom Bruder meiner Mutter, also der Erbe Verkaufte es seinem Sohn ,, meine Mutter ging leer aus ,das hier möchte ich Sagen dass es solche Schen noch heute gibt leider.

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    Melk Christen, 27.09.2022, 09:48 Uhr

    Manchmal dünkt mich die Luzerner Regierung einfach nur faul, sie macht da wiedermal eine sehr schlechte Falle. Das ist doch hoffentlich wirklich verfassungswidrig inzwischen, die weiblichen Familienmitglieder einfach aus dem Erbprozess auszuschliessen. Ist unsere Regierung also einfach nur desinteressiert/denkfaul – oder halt doch eher ein ziemlich aktiv patriarchatsstützendes Herrenclübli alter Sorte?

    Liebe Mitluzerner:innen: Bitte, bitte lasst uns doch die Abtretenden nächstes Jahr möglichst durch Frauen ersetzen, allesamt.

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    • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
      Hanspeter Flueckiger, 27.09.2022, 13:21 Uhr

      Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass die bürgerlichen Frauen anderen Frauen gerne in den Rücken fallen. Also gut hinsehen, welche Frauen von Frau und Mann gewählt werden.

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    Loris Fabrizio Mainardi, 27.09.2022, 09:46 Uhr

    Ein interessanter Fall: Denn dem Gleichstellungsgebot von Mann und Frau (Art. 8 Abs. 3 der Bundesverfassung) kommt «direkte Drittwirkung zu» – was nichts Anderes bedeutet, als dass es auch im vorliegend relevanten Privat- bzw. Erbrecht gilt. Daher könnte sich die ausgebliebene Anhörung der weiblichen Verwandten tatsächlich als rechtsproblematisch erweisen – trotz der zitierten Begründung des Kantonsgerichts. Für die Öffentlichkeit ist indes eine ganz andere Frage entscheidend: Nämlich der langfristig optimale Erhalt des denkmalgeschützten Objekts. Und dafür wäre die angedachte Stiftung wohl die bessere Lösung als eine uneinige Erbengemeinschaft.

    Loris Fabrizio Mainardi, lic.iur.

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    • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
      Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 27.09.2022, 18:44 Uhr

      Besten Dank für diesen aufklärenden Kommentar. Wie Sie wissen, sind einige alte Liegenschaften in einem Fideikommiss eingebracht. Unter anderem auch das Zurgilgenhaus am Schwanenplatz. Das Problem entsteht, wenn kein männlicher Nachfolger breitsteht. Das ist hier in Buttisholz der Fall. Im Prinzip widerspricht ein Fideikommiss dem Gleichstellungsartikel in der BV. Hätten damit alle Fideikommisse aufgehoben werden sollen, als am 14. Juni 1981 der Gleichstellungsartikel in die BV aufgenommen wurde?

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      • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
        Loris Fabrizio Mainardi, 27.09.2022, 20:49 Uhr

        … eine Aufhebung sämtlicher Fideikommisse bei Einführung des Gleichstellungsartikels wäre sicher nicht angezeigt gewesen: Das Problem stellt sich ja nur bei einem strittigen Übergang an eine potentielle Destinatärin. Rechtlich wäre es freilich interessant, wie das Bundesgericht entscheiden würde. Eine andere Frage ist wie gesagt, auf welche Weise dem Objekterhalt am besten gedient ist. Hier dürfte die Stiftungslösung (beim Zurgilgenhaus bereits realisiert) auch vorliegend die beste sein!

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  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 27.09.2022, 09:31 Uhr

    Da bekommt mein Kommentar zum Abstimmungsergebnis im Zusammenhang mit der Vatikan-Kaserne eine ganz reale Bedeutung. Hat nicht auch diese Familie schon einen oder gar mehrere Kommandanten in der Schweizergarde gestellt? Vermutlich wird dieses rückwärtsgewandte Verhalten von den meisten bürgerlichen Kantonsrätinnen noch unterstützt. Würde mich in diesem erzkonservativen Kanton nicht mehr wundern. Es lebe das Patriarchat. Wir sind eben nicht alle gleich, gell Pfyffer von Altishofen. Da gäbe es noch ein paar andere Geschichten, wie diese ehrenwerte Familie mit weiblichen Familienmitglieder umgeht. Gruslig!

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