Luzerner vor Kriminalgericht

Rentner soll sich jahrelang an Buben vergangen haben

Ein Mann soll sich Buben aus Osteuropa zu sich nach Hause geholt haben. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Am Dienstag steht ein 74-Jähriger unter anderem wegen mehrfachen Menschenhandels vor dem Luzerner Kriminalgericht. Er soll mehrere Knaben in seiner Wohnung sexuell ausgebeutet haben, wofür er ihrer Familie Geld bezahlt haben soll.

Menschenhandel, sexuelle Handlungen mit Kindern – auch gegen Geld –, sexuelle Nötigung, Pornografie und Verstösse gegen das Waffengesetz.

Die Liste der Vergehen, für die sich ein heute 74-Jähriger am Dienstag vor dem Luzerner Kriminalgericht rechtfertigen muss, ist lang und wiegt schwer. Dabei ist der Beschuldigte zum Teil geständig: Gemäss Anklageschrift der Luzerner Staatsanwaltschaft räumte er ein, sich sexuell an verschiedenen Knaben vergangen zu haben. Er wehrte sich aber gegen den Vorwurf, Geld dafür gezahlt zu haben.

Söhne in die Schweiz gefahren

Angefangen hat alles irgendwann vor dem August 2015. Über einen Bekannten kam der Rentner gemäss den Behörden in Kontakt mit einem osteuropäischen Familienvater, der acht Buben hatte. Wie es genau dazu kam, ist auch der Luzerner Staatsanwaltschaft unklar. Aber irgendwann soll der Beschuldigte angefangen haben, die minderjährigen Buben in seiner Wohnung im Kanton Luzern zu beherbergen und sexuell auszubeuten. Die ihm vorgeworfenen Taten haben sich über eine Zeitdauer von mindestens sechs Jahren erstreckt.

Der Mann soll gemäss der Anklageschrift jeweils per Telefon oder über Facebook-Messenger mit den Eltern oder einem Vermittler ausgemacht haben, welchen Buben er für welche Dauer in seiner Einzimmerwohnung haben will. Laut der Staatsanwaltschaft im Wissen der Eltern, dass er die minderjährigen Knaben dabei sexuell ausbeutete.

Nachdem sie sich auf die Dauer und den Buben geeinigt hätten, hätten verschiedene Personen – etwa der Vater – den gewünschten Bub per Auto an den Wohnort des Schweizers gefahren. Dafür habe der Beschuldigte ihnen jeweils Geld bezahlt. In der Regel 100 Franken pro Fahrtweg und 20 Franken pro Tag, den die Knaben beim Mann verbracht hätten. Ihrer Mutter solle er dafür innerhalb von sechs Jahren fast 17’000 Franken überwiesen haben. Hinzu sollten Barzahlungen in unbekannter Höhe an die minderjährigen Opfer und Vermittler gekommen sein.

Später sei er mit einem weiteren Buben von einer anderen Familie in Kontakt gekommen, den er ebenfalls vereinzelt bei sich beherbergt und sexuell ausgebeutet habe.

Brüder zu Inzest gezwungen?

In der Schweiz seien die Knaben – in einem fremden Land, ohne Deutsch sprechen zu können und in einer finanziell prekären Lage – dem Beschuldigten ausgeliefert gewesen. «Die minderjährigen Opfer dienten dem Beschuldigten dabei als Sexualobjekte, welche er frei nach seinem Willen umher kommandieren konnte», schreibt die Staatsanwaltschaft in der Anklage.

Während den meist ein- bis dreiwöchigen Aufenthalten solle der Beschuldigte die Minderjährigen sexuell missbraucht haben. Der Jüngste sei bei den ersten Delikten erst neun Jahre alt gewesen. Habe der Beschuldigte mehrere Buben gleichzeitig beherbergt, hätten die Brüder gegenseitig sexuelle Handlungen vornehmen sollen.

Viele der sexuellen Handlungen habe der Beschuldigte mit seinem Handy oder seiner Kamera gefilmt, wodurch er verbotene Pornografie hergestellt hätte. Auf seinem Laptop, Handy und mehreren USB-Sticks fanden die Ermittler gemäss der Anklageschrift insgesamt 2547 Dateien mit kinderpornografischem Inhalt von den Brüdern. Hinzu kommen Hunderte weitere Bilder, auf dem die Buben nackt herumlaufen würden, und Aufnahmen von Videoanrufen, bei denen sich die Opfer gemäss der Staatsanwaltschaft an ihrem Wohnort entblössen oder sich vor der Kamera befriedigen sollten. Die Ermittlerinnen fanden zudem Videos und Bilder, die sexuelle Handlungen mit unbekannten Kindern zeigen.

Geschenke und Drohungen

Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage schreibt, hätte der Beschuldigte zu den Minderjährigen jeweils ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Er habe den Knaben Schuhe gekauft, Caps und Kleider, ihnen Coiffeurbesuche bezahlt, ihnen Bargeld gegeben oder sei mit ihnen Boot oder Motorrad fahren gegangen. In einen der Knaben solle er sich gar verliebt haben.

Gleichzeitig habe er sie unter Druck gesetzt, etwa indem er ihnen gesagt habe, er bezahle ihren Eltern mehr Geld, wenn die sexuellen Handlungen gut seien. Er habe sie mit Alkohol gefügig gemacht und ihnen gedroht, sie aus der Wohnung zu werfen, sollten sie ihren «Pflichten» nicht nachkommen. Durch all diese Umstände sollen die Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt worden sein, schliesst die Staatsanwaltschaft.

Gemäss Anklage handelte der Beschuldigte bei sämtlichen strafbaren Handlungen vorsätzlich. Er soll stets auch über das Alter der minderjährigen Buben Bescheid gewusst haben, wegen seiner Pädophilie handelt es sich gerade um sein Beuteschema. Auch soll er Kenntnis von der finanziellen und sozialen Notlage der Minderjährigen gewusst haben. Er habe die Knaben «immer wieder bewusst massiv unter psychischen Druck» gesetzt, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, so die Staatsanwaltschaft.

Staatsanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft

Nebst der Vorwürfe im Zusammenhang mit den Knaben soll der Beschuldigte auch noch eine Waffe ohne Berechtigung und Bewilligung gekauft und besessen haben. Diese hat er mit sechs Patronen geladen in einer Jackenaussentasche in seinem Schrank aufbewahrt. Er muss sich deshalb zusätzlich wegen Erwerbs und Besitzes einer Waffe ohne Berechtigung und unsachgemässer Aufbewahrung dieser verantworten.

Für all die Vergehen fordert die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Gefängnis und gegebenenfalls stationäre Massnahmen. Dies unter Anrechnung der Untersuchungshaft, in der er sich seit Februar 2021 befindet. Zudem fordert sie ein lebenslanges Tätigkeitsverbot für Berufe oder Vereinstätigkeiten, bei denen er in Kontakt mit Kindern kommen könnte.

Für den Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Am Dienstag wird er sich vor Gericht verantworten müssen.

Verwendete Quellen
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