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Die Luzerner Staatsanwaltschaft verzeichnet 2024 einen Fallrekord. Um der steigenden Anzahl Fälle Herr zu werden, braucht sie mehr Personal. Zudem bereiten ihr Jugendliche Sorgen, die mit KI und Pornografie experimentieren.
«Wir sind sehr stark eingedeckt mit Fällen», sagt der Luzerner Oberstaatsanwalt Daniel Burri am Dienstag vor den Medien. Erneut sind bei der Staatsanwaltschaft mehr Fälle eingegangen. 2024 waren es 59'927 neue Fälle – 5500 oder rund 10 Prozent mehr als noch 2023 (zentralplus berichtete). Hauptgründe für den Fallanstieg seien das Bevölkerungswachstum, die zunehmende Urbanisierung, mehr Strassenverkehr und mehr Cyberkriminalität.
Auch die international vernetzte Kriminalität stellt die Staatsanwälte vor Herausforderungen. Bereits befürchtet die Regierung, dass Luzern bei organisierten Kriminellen immer beliebter wird, da die Polizei und Staatsanwaltschaft mit deren Verfolgung kaum nachkommt (zentralplus berichtete).
Fälle bleiben liegen
Die Fallzahlen hätten über alle Deliktbereiche hinweg zugenommen, aber insbesondere bei Ladendiebstahl oder Verstössen gegen ein Hausverbot sowie bei Delikten gegen die sexuelle Integrität. Fälle von Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz sind hingegen rund 22 Prozent rückläufig. Wie Burri ausführt, hatte die Staatsanwaltschaft vor allem weniger kleinere Fälle wie Besitz und Konsum von Drogen. Diese Zahlen hängen stark mit der Zahl Polizeikontrollen ab, weswegen diese Deliktzahlen stark schwanken. Die Bekämpfung der Drogenmafia habe jedoch nach wie vor hohe Priorität, bekräftigt Burri.
Damit ist es das dritte Jahr in Folge, dass die Fallzahlen stark ansteigen. Zudem können die Luzerner Staatsanwältinnen nicht alle neuen Fälle noch im selben Jahr bearbeiten – die Erledigungsquote liegt bei 96 Prozent. «Das ist nicht das, was wir wollen – nämlich 100 Prozent», sagt Burri dazu. Er betont aber gleichzeitig, dass sein Team trotz der Fallflut sehr effizient arbeite und die Quote im Vergleich zum Vorjahr steigern konnte.
Zudem erledige die Staatsanwaltschaft einen Grossteil der Fälle selbst, sprich: mit Strafbefehlen. 44'510 Fälle erledigten die Staatsanwälte mit Strafbefehlen, «nur» bei 464 Fällen ging es mit einer Anklage weiter an die Gerichte. Der Rest wird an andere Kanton verwiesen, eingestellt oder sonst erledigt. «Erfreulicherweise» habe die Politik den Fallstau erkannt und will Abhilfe schaffen, so Burri. 2024 hat die Staatsanwaltschaft vier zusätzliche Stellen erhalten, in den kommenden Jahren sind weitere Aufstockungen geplant.
Diebstähle und prügelnde Jugendgruppen
Gestiegen seien auch die Fallzahlen bei den Jugendlichen. Die Jugendanwältinnen haben rund sieben Prozent mehr Fälle mit 10- bis 18-jährigen Tätern behandelt. Wie Burri sagt, handelt es sich meist um leichtere Vergehen wie Ladendiebstähle oder Strassenverkehrsdelikte. «Wir hatten auffällig viel mit E-Scooter-Fahrern zu tun.» Vielen sei nicht bewusst, dass das Fahren von E-Trottinetts ein Mindestalter von 14 Jahren voraussetze und Fahrerinnen unter 16 Jahren einen Töffli-Führerausweis benötigen.
Aber auch schwere Delikte wie Raub oder Raufhandel seien gestiegen. Gemäss den Jugendanwälten seien seit Corona wieder mehr Jugendgruppen unterwegs. Die Fallzahlen seien allgemein jedoch tief und können darum stark schwanken.
Teenager schicken sich Pornos – und machen sich strafbar
Einen besonderen Fokus legt Oberstaatsanwalt Daniel Burri bei der diesjährigen Jahreskonferenz auf das Thema Pornografie. Nicht wegen der extremen Zahlen – im Jahr 2024 waren es 88 Fälle –, sondern weil gut ein Drittel der Täter Jugendliche oder junge Erwachsene seien, denen es nicht bewusst war, dass sie sich strafbar machten (zentralplus berichtete).
Laut Gesetz ist es illegal, einer Person unter 16 Jahren pornografische Inhalte zugänglich zu machen. Egal, ob legale oder illegale Pornografie – also Darstellungen mit Kindern oder Tieren. Wenn also eine 15-Jährige ihrem 17-jährigen Freund ein Nacktbild schickt oder ein 14-Jähriger seinem gleichaltrigen Kumpel einen Comic mit einer halbnackten Jugendlichen, machen sie sich strafbar. Denn auch Comics, Computerspiele oder KI-Bilder gelten als pornografische Inhalte. Besonderes Letzteres gewinnt an Bedeutung. «Für einige Jugendliche sind KI und Deepfake wie ein Spiel, dadurch merken sie nicht, dass sie sich strafbar machen», hält Mediensprecher Simon Kopp fest.
Verurteilt die Staatsanwälte die Jugendlichen per Strafbefehl, verhängen sie deshalb als Massnahme jeweils Medienkompetenzkurse. Dabei müssen die Jugendliche an zwei bis drei Samstagen eine Sucht- und Präventionsstelle besuchen.
- Teilnahme an Jahreskonferenz der Luzerner Staatsanwaltschaft 2025
- Jahresbericht 2024 der Luzerner Staatsanwaltschaft
- Schweizer Strafgesetzbuch
- Botschaft und Medienmitteilung zur Erhöhung der Anzahl Staatsanwälte
- Informationen des Bundesamts für Unfallverhütung zu E-Scooter