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In Luzern wurde ein Notar verurteilt, weil er Kundengelder veruntreut hatte. So soll er Kundengelder fürs «Traden» genutzt haben. Besonders skurril: Eigentlich dürfte er gar nicht als Notar arbeiten und ist untergetaucht.
Es ist selten, dass eine Strafverfolgungsbehörde einen Autor von Dystopieromanen zitiert. In diesem Fall tut es die Luzerner Staatsanwaltschaft und zitiert den Autor von «Schöne neue Welt», Aldous Huxley, der schrieb: «Den Fortschritt verdanken die Menschen den Unzufriedenen.»
Was die Staatsanwaltschaft damit meint: Dass der Fall des notorisch betrügenden Notars aus Luzern ans Tageslicht kam, sei nur einer «unzufriedenen» Kundin zu verdanken.
Insgesamt über 400'000 Franken überwiesen seine Kunden dem Notar auf dessen Konten. Eigentlich hätte er mit diesem Geld Grundstückgewinnsteuern in einer Luzerner Gemeinde begleichen sollen. Doch das hatte der 59-Jährige nicht vor.
Beschuldigter verwendete das Geld fürs «Traden»
Zwar verwendete er einen Teil des Geldes für die Steuerbegleichungen, jedoch nicht für die der Kunden, welche ihm die Gelder anvertraut hatten. Vielmehr nutze er einen Teil davon, um die offenen Rechnungen anderer Auftraggeber zu bezahlen und überwies den Rest auf sein eigenes Sparkonto. So steht es in einem aktuellen Urteil des Luzerner Kriminalgerichts.
Wie es in der Anklage heisst, habe er einen Grossteil der anvertrauten Gelder beim «Traden» verbraten. Also beim Investieren im Ausland. Wenn er dabei Gewinn gemacht hatte, so wurde der Gewinn gleich wieder reinvestiert. Der Investmentpoker war wohl seine Leidenschaft. Wie erfolgreich er dabei war, bleibt zweifelhaft. Wie es in der Anklageschrift heisst, habe ein Gutachten gezeigt, dass der Notar an «Grössengefühl mit Überschätzung der eigenen Fähigkeiten bezüglich des Umgangs mit Finanzen und Trading» leide.
Vor Gericht verantworten musste er sich zudem, weil er einen Covid-Kredit in der Höhe von 15'000 Franken erschlichen hatte. Das Geld hätte nur für Liquiditätsengpässe in geschäftlichem Sinn genutzt werden dürfen. Der 59-Jährige nutzte das Geld aber wiederum vor allem fürs «Traden».
Notar wohnt bei Bekannten auf der Couch
Besonders skurril: Eigentlich hätte der Notar im Jahr 2020, als die Veruntreuung stattfand, gar nicht mehr als Notar tätig sein dürfen. Dies, da seine Beurkundungsbefugnis 2019 erloschen war. Solche Sachen scheinen den Mann aber wenig zu scheren. Wie es im Urteil unter Berufung auf einen psychopathologische Befund weiter heisst, zeige der Mann ein narzisstisches und «parasitäres» Verhalten.
So habe er zum Beispiel seit Ende 2020 keine eigene Wohnung mehr und wohne bei Kollegen, ohne Miete zu bezahlen. Von 1995 bis 2019 hatte er ein Advokaturbüro in Luzern. Nach Erlöschen seiner Beurkundungsbefugnis sei er nach Zürich abgehauen, habe sein Büro in Luzern unbenutzt und ungeräumt zurückgelassen und einfach die Miete nicht mehr bezahlt.
Der Notar habe die Erwerbstätigkeit gemieden und sich lieber auf die Unterstützung Anderer verlassen, schreibt die Staatsanwaltschaft. Von einer schweren Störung gehe sie aber nicht aus. Sie glaube daher auch nur an eine moderate Rückfallwahrscheinlichkeit bei einer Verurteilung.
Wo sich der Beschuldigte heute aufhält, weiss niemand so genau. Im Urteil heisst es bei der Adressangabe nur «unstet».
Das Kriminalgericht verurteilt den Notar zu einer Gefängnisstrafe von 22 Monaten und zu einer Geldstrafe von total 1800 Franken, bedingt bei drei Jahren. Ausserdem muss er den drei Privatklägern Tausende Franken zurückbezahlen – einem fast 390'000 Franken. Das Urteil ist rechtskräftig.
- Urteil Kriminalgericht Luzern