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Ein Mann gibt jeden Monat bis zu 400 Franken für Nasenspray aus: Um die Kosten seiner Sucht zu senken, bestellt er das Medikament im Ausland – und wird prompt erwischt.
Bei einer Erkältung oder Heuschnupfen sind Nasensprays ein Segen: Endlich wieder frei durchatmen! Das Problem: Die Schleimhäute gewöhnen sich rasch an das Medikament. Sobald die Wirkung nachlässt, schwellen sie wieder an. Ein Dauerschnupfen entsteht – und eine Abhängigkeit.
Davon kann ein Luzerner ein Lied singen. Er verbraucht täglich fast einen ganzen Nasenspray, spätestens alle zwei Tage braucht er Nachschub. Das geht ins Geld. Die 10-Milliliter-Dosis kostet 13 Franken. Das macht pro Monat: 200 bis 400 Franken.
Nasenspray kostet in Deutschland fünf mal weniger
Um das durch seine Sucht verursachte Loch im Portemonnaie zu stopfen, entschied er sich, seinen Nasenspray aus Deutschland zu importieren. Im Januar diesen Jahres bestellte der Luzerner in zwei Tranchen insgesamt 45 Nasenspray. Im Nachbarland kosten sie lediglich 2.50 Euro pro Stück.
Aufgegangen ist die Rechnung allerdings nicht, wie ein Strafbefehl von Swissmedic zeigt. Die Organsation ist in der Schweiz für Verstösse gegen die Einfuhrbestimmungen für das Heilmittelgesetz zuständig. Diese besagen, dass Medikamente von Privatpersonen nur in kleinen Mengen zum Eigenbedarf importiert werden können. Und von einer kleinen Menge kann vorliegend nicht die Rede sein.
Nasenspraysüchtiger erweist sich bislang als unbelehrbar
Als eine solche gilt ein Monatsbedarf eines Medikaments. Der Bedarf richtet sich allerdings nach der maximalen Tagesdosis gemäss dem Hersteller. Konkret heisst das: Es darf nur ein Nasenspray in die Schweiz eingeführt werden. Der Luzerner aber hatte schon im März letzten Jahres 80 Dosen und im Juli nochmals 30 Dosen eingeführt. Auch da wurde er erwischt.
Er hätte es also besser wissen müssen. Weshalb nun auch die Strafe scharf ausfällt. Der Luzerner muss eine Busse von 1500 Franken bezahlen, wie aus dem Swissmedic-Entscheid hervor geht.
Gefahr ist vielen nicht bewusst
Die Luzerner Hals-Nasen-Ohren-Spezialistin Marion Einsle ist von dem Fall nicht überrascht. In ihrer Praxis hat sie immer wieder Patienten, die eine Sucht nach Nasenspray entwickelt haben. «Diese sind ohne Rezept zu haben und frei verkäuflich», erklärt sie. Heisst: Jeder kann sich die Nasensprays besorgen, ohne einen Arzt zu konsultieren.
«Wenn ein Mensch durch die Nase nicht frei atmen kann, ist dieser Spray sehr effektiv. Die Nase ist für zwei bis sechs Stunden offen», sagt Einsle. Dieses positive Gefühl führe aber längerfristig zu einer Abhängigkeit. «Die Schleimhaut gewöhnt sich daran, schwillt stärker an und es braucht eine häufigere Anwendung, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Das kann zu Schäden der Schleimhaut führen – Austrocknung, Risse, Nasenbluten – und im Extremfall sogar zu Löchern in der Nasenscheidenwand. Das ist vielen nicht bewusst.»
Nasenspray-Sucht lässt sich gut behandeln
Aus Sicht von Einsle wäre es deshalb besser, wenn besser aufgeklärt wird und solche Nasensprays verschreibungspflichtig wären. Die gute Nachricht ist: Die Erfolgsaussichten bei der Behandlung einer Abhängigkeit sind relativ gut. Bereits nach einem Monat kann mit Erfolgen gerechnet werden. «Alleine schaffen es die meisten Patienten aber nicht – wie bei jeder Sucht», sagt Marion Einsle.
Wie die Therapie aussieht, hängt von der Ursache der erschwerten Nasenatmung ab. Klassischerweise werden in einer ersten Phase nach der Ursachenklärung alternative Wirkstoffe eingesetzt, beispielsweise cortisonhaltige Sprays, die dann später abgesetzt werden können. «Es kann aber sein, dass eine Allergie behandelt werden muss, um das Problem zu lösen. Ist die Nase verengt, kann allenfalls eine Operation Linderung bringen.»
Voraussetzung für eine Therapie ist allerdings, dass sich die Patienten ihre Sucht eingestehen. Und an diesem Punkt scheint der Luzerner bislang noch nicht zu sein.
- Telefonat mit Marion Einsle
- Strafbescheid Swissmedic 500 2022 211