Viele Täter schlagen mehrmals zu

Nach toten Geissen: So kriminell sind Asylbewerber in Zug

Die Durchgangsstation Steinhausen ist für Asylsuchende die erste Station im Kanton Zug. Von hier werden sie aufs ganze Kantonsgebiet verteilt. (Bild: Archivbild: lef)

Wie straffällig sind Asylsuchende im Kanton Zug? Gemäss dem Regierungsrat wird nur ein kleiner Teil von Asylbewerbern straffällig, dafür zum Teil mehrmals. Der Umgang mit ihnen sei herausfordernd.

Eine Sommernacht, 03.30 Uhr morgens: Zwei betrunkene Asylbewerber randalieren gegenüber des Seniorenzentrums Mülimatt in Oberwil. Als die Zuger Polizei eintrifft, findet sie zwei tote Geissen mit aufgeschlitzten Bäuchen. Die Polizei vermutet, dass die beiden Männer dahinterstecken. Dafür spreche ein Messer, das die Patrouille gefunden hatten (zentralplus berichtete).

Die Tat im Juni 2024 hat Zug aufgewühlt – und wurde zum Politikum. Drei Stadtzuger SVP-Kantonsräte nahmen den Vorfall zum Anlass, eine Reihe von Fragen zur Sicherheit der Bevölkerung und Kriminalität von Asylbewerbern zu stellen. Nun liegen die Antworten der Regierung vor.

Wie es zum Vorfall kommen konnte

Zum Vorfall selbst kann die Zuger Regierung nicht viel sagen. Das eröffnete Strafverfahren sei noch immer bei der Zuger Staatsanwaltschaft hängig, jedoch dürfte den Männern kein obligatorischer Landesverweis drohen. Die mutmassliche Tat würde die Auflagen dafür noch nicht erfüllen. Die Zuger Polizei habe den Vorfall nicht separat kommuniziert, da die mediale Berichterstattung schon «zeitnah und umfassend» war. Dabei haben die Behörden die Nationalitäten der Männer nicht genannt, da sie keinen Mehrwert darin sahen.

Weiter wollten die Kantonsräte wissen, wie es sein könne, dass sich nachts mit Messer bewaffnete und betrunkene Asylbewerber in der Stadt Zug aufhalten können. Wie die Regierung schreibt, gelte in der Schweiz grundsätzlich Bewegungsfreiheit. Einschränkungen seien nur zulässig, wenn diese verhältnismässig sei und eine gesetzliche Grundlage bestehe. Zudem stehe es erwachsenen Personen frei, Alkohol zu kaufen und zu konsumieren – auch wenn in den kantonalen Asylunterkünften Alkohol verboten sei. Auch das Kaufen von gewöhnlichen Messern sei gesetzlich erlaubt.

Wie der Kanton Zug betont, werden nur rund 10 Prozent der Asylbewerber straffällig. «Dennoch gibt es einen Anteil, der durch wiederholte Verstösse gegen Hausordnungen, behördliche Auflagen oder durch Straftaten nach dem Strafgesetzbuch und Nebengesetzen auffällt.» Als Massnahme habe der Kanton Zug eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zwischen der Direktion des Inneren und der Sicherheitsdirektion ins Leben gerufen. Diese soll «unkooperative oder straffällige Personen» in ein «optimales Setting» integrieren, damit die öffentliche Ruhe und Sicherheit gewährleistet sei.

Jeder zweite Beschuldigte begeht mehr als eine Straftat

Die Kantonsräte wollten weiter wissen, wie kriminell Asylbewerber in Zug in den letzten fünf Jahren waren. Gemäss der Regierung könne sie jedoch alle Fälle gar nicht auflisten. Bei Bussen seien beispielsweise keine Rückschlüsse auf die gebüssten Personen möglich. Die Staatsanwaltschaft und das Strafgericht unterscheide nur zwischen Schweizerinnen und Ausländern, jedoch nicht nach Aufenthaltsstatus. Entsprechend müsste jemand manuell alle Verfahrensdossiers der vergangenen fünf Jahre durchforsten – ein unverhältnismässig hoher Aufwand. Auch eine Auflistung durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) wäre zu aufwendig.

Einen Hinweis bieten Zahlen der Zuger Polizei. Die Polizisten haben zwar keinen Überblick über alle Verurteilungen, da sie jeweils nur am Anfang des Strafverfahrens involviert seien und nicht immer über den Ausgang informiert würden. Jedoch könnten sie einen Einblick in «sicherheitsrelevante Vorfälle» in den letzten drei Jahren liefern, so die Regierung:

Über die Jahre 2020 bis 2023 seien insgesamt 257 Personen aus dem Zuger Asylbereich einer Straftat beschuldigt worden. Gleichzeitig liegt die Zahl der Straftaten deutlich höher. Das liegt daran, dass rund die Hälfte von den Beschuldigten mehr als einmal straffällig geworden ist. Das verdeutlicht folgende Grafik:

Wie die Regierung schreibt, sei die Zahl der beschuldigten Asylsuchenden weniger stark gestiegen als die Zahl der dem Kanton Zug zugewiesenen Asylsuchenden in derselben Zeitspanne. Ab dem Jahr 2022 ist die Zahl der Personen im Asylbereich stark gestiegen. Dies einerseits durch Personen mit dem Schutzstatus S, die vor dem Ukrainekrieg flüchteten (je rund 880 Personen im Jahr 2022 und 2023). Andererseits durch steigende Asylgesuche aus dem «regulären» Asylbereich (2020: 75 Personen, 2021: 72 Personen, 2022: 120 Personen, 2023: 264 Personen).

Keine Perspektive, stark belastet, oft süchtig

Was die Regierung weiter aufzeigt: Besonders kriminell seien junge Männer im Nothilfebereich und aus nordafrikanischen Ländern. Dafür gebe es mehrere Gründe: «Viele von ihnen sind psychisch beeinträchtigt und haben aufgrund fehlender Bildungszugänge nur eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten.» Hinzu komme eine «ausgeprägte Perspektivlosigkeit»: In der Schweiz würde ihr Gesuch abgelehnt, doch in ihr Heimatland können und wollen sie oftmals nicht zurück.

Dadurch seien sie gefrustet, können in den Asylzentren oft kaum etwas tun und haben wenig Aussichten. Das erhöhe das Risiko einer Sucht. Sie greifen etwa zu Alkohol, neuerdings bereitet den Asylzentren ein Medikament gegen Angststörungen Ärger (zentralplus berichtete). Ein Teufelskreis, der Konflikte in den Unterkünften oder im öffentlichen Raum spürbar verschärfe, wie die Regierung schreibt. «Die Kombination aus psychischen Belastungen, mangelnder Unterstützung und fehlenden Perspektiven steigert letztlich die Wahrscheinlichkeit von Alltagskriminalität und Gewaltdelikten.»

Oftmals reichen die Ressourcen und bestehenden Strukturen der Asylbehörden nicht, um diesem komplexen Problem gerecht zu werden, räumt der Regierungsrat ein. Er wolle deshalb mehr gezielte und abgestimmte Massnahmen treffen, etwa durch das neue interdisziplinäre Team, um Risiken zu verringern.

Verwendete Quellen

0 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon