Beim Einzug stand ein Flügel in der Wohnung, beim Auszug nahmen ihn die Mieter mit. Darum ging es kürzlich vor dem Zuger Obergericht. Dieses pfeift die Staatsanwaltschaft zurück – zumindest teilweise.
Beim Einzug dürften sie sich gefreut haben: 2021 bezog ein Ehepaar eine Wohnung in einer Zuger Gemeinde. Leer war diese nicht. Im Wohnzimmer stand ein Flügel. Die Marke ist zwar nicht bekannt, solche Instrumente sind aber schnell mal Tausende von Franken wert.
Im September 2023 zog das Ehepaar wieder aus der Viereinhalb-Zimmer-Wohnung aus – und nahm den Flügel mit. Darum ging es kürzlich vor dem Zuger Obergericht. Und um die Frage, wie die Strafverfolgungsbehörden den Besitz von Wertstücken regeln darf.
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wie es um den Streit um den Flügel steht
was die Staatsanwaltschaft nun klären muss
weshalb der Flügel nach wie vor in einer Einstellhalle ist
Staatsanwaltschaft fand Flügel in Einstellhalle
Denn als der Eigentümer der Mietwohnung merkte, dass sein Flügel weg ist, schaltete er die Staatsanwaltschaft ein. Die Polizei fand das Instrument schliesslich in einer Lagerhalle des Umzugsunternehmens, welches das Ehepaar engagiert hatte.
Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte den Flügel und wies ihn dem Vermieter der Wohnung zu. Das Ehepaar wurde verpflichtet, diesem eine Entschädigung von 4450 Franken zu zahlen. Es konnte aber auf dem Zivilweg vor Gericht Anspruch auf den Flügel erheben.
Überlassen oder nur ausgeliehen zur Nutzung?
Tatsächlich bestritt das Ehepaar nie, dass das Tasteninstrument bereits bei seinem Einzug in die Mietwohnung dort stand. Nur, wem es danach gehörte, daran schieden sich die Geister. Die Eheleute glaubten nämlich, dass der Flügel ihnen überlassen worden sei und daher nun ihnen gehöre, ihr Vermieter sagte, er habe das Instrument nur zur Nutzung in der Wohnung gelassen. Das sei so vereinbart worden.
Die Staatsanwaltschaft glaubte scheinbar Zweiteres. Jetzt pfiff aber das Obergericht die Staatsanwaltschaft zurück. Sie hätte den Flügel nicht einfach so dem Vermieter zuweisen dürfen, schreibt das Gericht in einem aktuellen Urteil – zumindest noch nicht.
Staatsanwaltschaft muss zuerst Anzeige regeln und dann den Besitz
Denn: Der Vermieter hatte gegen den Ehemann eine Strafanzeige wegen Veruntreuung eingereicht. Es geht dabei um den Flügel. Dieses Verfahren ist aber noch hängig. Und so lange die Staatsanwaltschaft das Verfahren noch nicht eingestellt oder einen Strafbefehl erlassen hat, dürfe sie auch den Besitz des Instruments nicht regeln. So urteilt das Gericht.
Damit gab es dem Ehepaar recht, das gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft Einsprache eingereicht hatte. Heisst, die Staatsanwaltschaft muss zuerst darüber befinden, ob und inwiefern sich der beschuldigte Ehemann der Veruntreuung schuldig gemacht hatte, als er den Flügel aus der Wohnung in eine Lagerhalle schaffen liess. Erst dann könne sie ein Machtwort sprechen, wem denn das Instrument nun gehört. Der Entscheid ist rechtskräftig.
Bis dahin bleibt der Flügel vorerst in Gewahrsam bei der Staatsanwaltschaft – wiederum eingestellt in einer Halle, ohne dass der Besitzer, wer auch immer es denn ist, auf ihm spielen kann.
Schreibt gerne über harte Fakten und skurrile Aufreger. Seit über zehn Jahren Journalist bei Online, Print und Fernsehen. Für zentralplus schreibt der Wahl-Luzerner seit 2024.
Tatsächlich ein eigenartiger Streit, vorallem auch, weil ihr in die Zukunft schauen könnt? 😉
Im Text steht folgender Satz: "Im September 2030 zog das Ehepaar wieder aus der Viereinhalb-Zimmer-Wohnung aus"
Redaktion zentralplus, 24.01.2025, 10:06 Uhr
Danke für den Hinweis. Wir haben das im Text angepasst.
Freundliche Grüsse
Redaktion zentralplus