Nach Verurteilung wegen Nötigung

Massvoll teilte Fake-News zu Rimoldi-Urteil

Massvoll-Präsident Nicolas A. Rimoldi sagt, er habe nicht aufgepasst, als er Fake-News einer Drittplattform weiter verbreitete. (Bild: ber)

Das Bezirksgericht Luzern hat am Mittwoch sein Urteil über Nicolas A. Rimoldi bekannt gegeben. Bereits einen Tag später tauchen im Netz Spendenaufrufe auf, die Fake-News verbreiten. Massvoll hat diese geteilt – distanziert sich nun aber davon.

Das Urteil gegen Nicolas A. Rimoldi ist noch druckfrisch – und schon werden auf Telegram-Kanälen falsche Informationen darüber verbreitet.

Das Bezirksgericht Luzern hat den Massvoll-Präsidenten unter anderem wegen des Nichttragens einer Hygienemaske am Bahnhof, Nötigung, Hinderung einer Amtshandlung und der mehrfachen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration verurteilt (zentralplus berichtete).

Die Organisation hat auf ihren Kanälen jenen Teil des Urteils veröffentlicht, in dem das Strafmass festgelegt wird: Eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 120 Franken. Die 12'000 Franken muss Rimoldi allerdings nicht bezahlen. Das Geld wird nur im Falle einer erneuten Verurteilung innerhalb der Probezeit von zwei Jahren fällig. Darüber hinaus sprach das Gericht eine Busse von 400 Franken aus.

Screenshot von den Urteil, das Massvoll selber in seinem Telegram-Kanal publik gemacht hat. Darin steht klar: Die Busse beträgt 400 Franken.
Screenshot von dem Urteil, das Massvoll selber in seinem Telegram-Kanal publik gemacht hat. Darin steht klar: Die Busse beträgt 400 Franken. (Bild: Screenshot)

Aus 400 Franken werden plötzlich 4500 Franken Busse

Nur Stunden später klingt es auf dem Telegram-Kanal ganz anders. Der Verein Massvoll teilt den Spendenaufruf einer Website, welche die «Republik» unlängst als «Verschwörungsportal» bezeichnet hat. Das Portal behauptet, Massnahmenkritiker Rimoldi sei «mit 4500 Franken» gebüsst worden. Das ist mehr als zehnmal so hoch, als die Busse in Tat und Wahrheit ist – und nachweislich falsch.

Screenshot aus dem Telegram-Kanal von Massvoll.
Screenshot aus dem Telegram-Kanal von Massvoll. (Bild: Screenshot)

Der Spendenaufruf ist von Erfolg gekrönt. Der Massvoll-Präsident bedankt sich am Freitag mit einer Videobotschaft im gleichen Telegram-Kanal für die grosszügigen Spenden aus dem «In- und Ausland». Diese würden es ihm ermöglichen, das Urteil ans Kantonsgericht weiterzuziehen (zentralplus berichtete).

Rimoldi sagt, Falschinformation sei ihm nicht aufgefallen

zentralplus konfrontiert Nicolas A. Rimoldi mit dem Vorwurf, dass Massvoll falsche Informationen über den Inhalt des Urteils verbreitet hat. «Mir ist das im Eifer des Gefechts nicht aufgefallen», sagt er am Telefon. Er kümmere sich umgehend darum.

«Wir haben nicht gut aufgepasst, als wir die Inhalte dieser Drittplattform geteilt haben.»

Nicolas A. Rimoldi

Der Massvoll-Präsident interveniert bei den Betreibern der Website und verlangt eine Korrektur. Tatsächlich wird der Text kurz darauf angepasst. Allerdings nicht verbessert, im Gegenteil. Plötzlich ist da nicht mehr von 4500 Franken Busse die Rede, sondern gar von 12'000 Franken. Das ist sogar 30 Mal höher als der Betrag in Tat und Wahrheit ist.

Bei Erfolg gibt es Geld zurück

Immerhin: Die Posts im Massvoll-Telegram-Kanal werden umgehend gelöscht. «Wir haben nicht gut aufgepasst, als wir die Inhalte dieser Drittplattform geteilt haben», räumt Rimoldi ein. Massvoll selber habe nicht mit falschen Zahlen um Unterstützung gebeten.

Trotzdem: Wurden hier Spendengelder mit unlauteren Mittel gesammelt? Rimoldi findet das nicht. «Das Ziel der Spenden – dass wir den Entscheid weiterziehen können – ist das Gleiche», meint er. Bisher sind für das Vor- und das Gerichtsverfahren Kosten von 4120 Franken angefallen. Hinzu kommen Anwaltskosten.

Noch ist allerdings nicht entschieden, ob Nicolas A. Rimoldi diese tatsächlich tragen muss. Sollte ihn das Kantonsgericht vollständig freisprechen, übernimmt der Staat diese Kosten. «In diesem Fall bekommen die Spender ihr Geld zurück», verspricht der Massvoll-Präsident.

Eine transparente Justiz?

Urteile sind grundsätzlich öffentlich. Das heisst: Jede Person kann beim Bezirksgericht beantragen, den anonymisierten Entscheid zu sehen, welchem das Strafmass und dessen Begründung zu entnehmen ist. Dort könnten sich auch unsere Leserinnen aus erster Hand darüber informieren, wie es wirklich ist. Doch wer hat schon Zeit dafür?

Akkreditierte Medienschaffende haben Zugang zu einem Medienraum, wo die Entscheide aufgeschaltet werden. Sie dürfen die Originaldokumente aber niemandem zugänglich machen – auch nicht, um Fake-News zu korrigieren, die verbreitet werden.

Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte selber Teile des Urteils auf Social-Media-Kanälen zugänglich gemacht. Aus diesem Grund kann zentralplus an dieser Stelle den Screenshot veröffentlichen, ohne die Akkreditierungsauflagen zu verletzen. Andere Kantone – wie etwa Zug – stellen der Öffentlichkeit die anonymisierten Urteile in Online-Datenbanken zur Verfügung, so dass sich alle Bürgerinnen selber ein Bild davon machen können, wie die Entscheide zustandekommen. Ein starkes Instrument gegen Fake-News.

Verwendete Quellen
  • Urteil 2Q1 21 60 und 2Q 22 95 des Bezirksgerichts Luzern
  • Telefonat mit Nicolas A. Rimoldi
  • Artikel «Republik»: Die Info-Krieger
  • Telegram-Kanal von Massvoll
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 04.12.2022, 10:44 Uhr

    Die Grenze zum strafrechtlich Relevanten (Art. 138, 146, 158 StGB) wird auch mit dieser Sammelaktion ausgelotet. Sofern die kantonale Sammelverordnung anwendbar wäre, müsste eine Bewilligung namentlich wegen «unwahren und täuschenden Angaben» verweigert bzw. entzogen werden (SRL Nr. 958a § 6 lit. b bzw. § 8). Zudem sollte die Luzerner Steuerverwaltung die korrekte Besteuerung der sicher beträchtlichen Vereinsfinanzen und deren Verwendung vertieft kontrollieren. Schliesslich wäre das kantonale Justizdepartement für eine Klage auf gerichtliche Auflösung des Vereins «MASS-VOLL!» wegen Widerrechtlichkeit oder Unsittlichkeit (Art. 78 ZGB) zuständig.

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 04.12.2022, 10:56 Uhr

      Das Corona-Narrativ kollabiert gerade weltweit. Ganz anders gelagerte und gerichtete Prozesse dürften folgen, zumindest in (wieder) offenen Gesellschaften, plus wildeste Verrenkungen seitens gewisser Pressetitel.
      Aber es tut gut zu wissen, dass es noch Juristen gibt, die ihre Paragrafen und Artikel nur so aus dem Ärmel zu schütteln vermögen. Selten ist, dass sie im eigenen Namen handeln. Mit welchem Ziel eigentlich?

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      • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
        Loris Fabrizio Mainardi, 04.12.2022, 16:42 Uhr

        Nicht zu kollabieren scheinen derweil die dummen Argumente. Und dass Juristen vereinzelt auch als besorgte Staatsbürger auftreten, wird denn geflissentlich ignoriert.

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        • Profilfoto von Peter Bitterli
          Peter Bitterli, 04.12.2022, 17:10 Uhr

          Nicht jeder besorgte Staatsbürger erweist sich gegenüber einem anderen besorgten Staatsbürger, der nicht vollkommen risikofrei, also gratismutig auftritt, zwingend als satisfaktionsfähig.

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          • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
            Loris Fabrizio Mainardi, 04.12.2022, 19:07 Uhr

            Worin bestünde denn Ihrer Meinung nach zwingender Satisfaktionsbedarf?

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            • Profilfoto von Peter Bitterli
              Peter Bitterli, 04.12.2022, 20:53 Uhr

              Die Frage ist doch, ob eine vital und gut gelaunt auftretende Saftwurzel mit Schneid und Zivilcourage und ein hervorragender Jurist mit hoher Paragraphenkenntnis und grosser staatsbürgerlicher Sorge überhaupt in der gleichen Liga spielen.

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