:focal(1000x668:1001x669)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2022/11/AdobeStock_300520356.jpeg)
Gastronominnen sind sich von Gästen ja einiges gewöhnt. Aber was ein 57-Jähriger in einem thailändischen Restaurant im Kanton Zug abzog, sprengt jeden Rahmen. Das sieht auch die Staatsanwaltschaft so.
Es war an einem Samstagabend kurz vor Mitternacht, als der Mann in dem Thai-Restaurant im Kanton Zug ausrastete. Er schlug der Geschäftführerin ins Gesicht, packte sie warf sie mit Gewalt zu Boden und beschimpfte sie als «Schlampe» und «Hure». Doch damit nicht genug.
«Ihr seid scheisse», brüllte er weiter, spuckte einer der anwesenden Frauen zweimal ins Gesicht, schubste eine andere zurück. Die heftigsten Verletzungen zog sich die vierte Frau zu, die vor Ort war. Ihr trat der 57-Jährige mit voller Wucht in den Brustkorb, sodass ihr der Atem wegblieb.
Zwei Wochen lang hatte sie wegen einer Rippenprellung danach Mühe, Luft zu bekommen. Wegen der Schmerzen konnte sie in der Zeit nicht arbeiten gehen.
Teller und Gläser flogen mit Gewalt durch das Restaurant
Auch das Mobiliar wurde von dem Mann nicht verschont. In seinem Wutanfall warf er Teller und Gläser auf den Boden – und verspritzte die Wände und den Boden mit Wein.
Was ist bloss in ihn gefahren? Wer den Strafbefehl der Zuger Staatsanwaltschaft liest, der kürzlich rechtskräftig geworden ist, wundert sich nicht über den Ausraster. Viermal wurde der Mann in den letzten drei Jahren wegen teils ähnlicher Delikte verurteilt – unter anderem wegen Beschimpfung und einfacher Körperverletzung.
Eine letzte Chance nach der anderen
Immer wieder gewährte ihm die Staatsanwaltschaft eine letzte Chance. Sie sprach bedingte Geldstrafen aus, verlängerte bei einem Rückfall bloss die Probezeit. Mit seinem Wutanfall im Thai-Restaurant ist der 57-Jährige aber endgültig zu weit gegangen. Jetzt kennt die Staatsanwaltschaft kein Pardon mehr: Der Kroate muss zahlen.
Da der Mann in der Probezeit mehrfach rückfällig geworden ist, erwartet die Staatsanwaltschaft, dass er «weitere Straftaten verüben wird», wie sie im Strafbefehl schreibt. Für eine Bewährungsstrafe sieht sie keinen Handlungsspielraum mehr. Nun muss aus ihrer Sicht eine Strafe folgen, die spürbar ist.
Wenn er nicht zahlt, muss er vier Monate ins Gefängnis
Die Staatsanwaltschaft verurteilt ihn wegen einfacher Körperverletzung, mehrfacher Tätlichkeit, mehrfacher Beschimpfung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von insgesamt 120 Tagessätzen à 50 Franken. 100 Franken werden ihm erlassen, weil er zwei Tage in Haft sass. Die restlichen 5900 Franken aber muss er zahlen. Hinzukommen Verfahrenskosten von rund 1000 Franken – und noch eine Busse von 500 Franken.
Insgesamt wird der Mann künftig also rund 7400 Franken ärmer sein. Sollte er nicht bezahlen, muss er die verbliebenen 118 Tage im Gefängnis absitzen.
Belästigungen, Beschimpfungen und Gewalt in der Gastronomie
Es ist zu hoffen, dass der Mann mit Restaurantmitarbeiterinnen künftig anständig umgeht. Denn fast jede, die in der Gastronomie arbeitet, kann von schwierigen Gästen ein Lied singen. Es ist nicht auszuschliessen, dass dies mitverantwortlich ist für den gravierenden Personalmangel in der Branche.
Doch das ist nicht alles: Sexismus, Mobbing und Machtspiele sind auch in etlichen Küchen ein Problem. Zuletzt machte das Thema letzten Juni Schlagzeilen, als Bruno Lustenberger – Vorstandsmitglied von Gastro Suisse – mit Sprüchen wie «Manch eine Hausfrau kann zu Hause schlecht kochen oder mehr schlecht als recht» die Debatte über Sexismus in der Gastronomie neu entfachte (zentralplus berichtete). Schon einige Jahre zuvor begannen Köchinnen im Zusammenhang mit der #metoo-Diskussion ihre Erfahrungen zu teilen.
Wie ist dieser Artikel entstanden?
In der Schweiz gilt die Justizöffentlichkeit. Das heisst: Urteile sind grundsätzlich öffentlich und können von interessierten Personen und Journalistinnen eingesehen werden. Das gilt auch für rechtskräftige Strafbefehle wie denjenigen, dem dieser Bericht zugrunde liegt.
zentralplus sieht regelmässig Strafbefehle der Zuger Staatsanwaltschaft ein, um über deren Arbeit zu berichten und so Transparenz zu schaffen, wie die Justiz funktioniert. Als Medium sind wir dabei verpflichtet, die Personen so weit zu anonymisieren, dass die breite Öffentlichkeit keine Rückschlüsse ziehen kann, um wen es sich handelt. Weitere Artikel dieser Serie findest du hier.
- Strafbefehl 1A 2022 857 vom 11. Oktober 2022
- Artikel «Vize-Magazin» zu Sexismus in der Gastronomie