Gesetzesverstoss

Luzerner Staatsanwaltschaft straft Tauben-Grosi

Eine Luzerner Seniorin kassiert 100 Franken Busse, weil sie Tauben gefüttert hat. (Bild: Adobe Stock)

Luzern im Frühling 2023: Eine Frau über 90 füttert wilde Tauben. Sie tut das ein Mal, sie tut das zwei Mal. Und bricht das Gesetz. Denn sie hat keine Bewilligung, um Wildtiere zu füttern. Also treten die Strafverfolger auf den Plan.

Ein kaltes Hoch liegt über Nordeuropa, die Bise zieht durchs Land. «Der Frühling will noch nicht so recht», sagt Gaudenz Flury in der Mittagsausgabe von «SRF Meteo». Es ist der 17. April 2023, über Luzern hängt ein löchriger Wolkenteppich. Und doch: An diesem Tag wird das Thermometer auf 15 Grad steigen. Doppelt so hoch wie tags zuvor.

Für Alinka Wójcik* ist das warm genug, um nach draussen zu gehen. Vielleicht auf die Strasse, vielleicht auf den Balkon des kastenförmigen Wohnhauses in der Stadt Luzern, in dem die Frau Anfang 90 lebt. Wo genau die Luzerner Polizei die Seniorin aufgreift? Das geht aus dem Strafbefehl nicht hervor, den die Luzerner Staatsanwaltschaft diesen Frühling gegen sie erlassen hat.

Vier Tage, zwei Verstösse

Denn an diesem 17. April 2023, genau um 13.29 Uhr nachmittags, bricht Alinka Wójcik das Gesetz: Sie füttert Tauben. Und zwar ohne Bewilligung. Eine solche aber braucht im Kanton Luzern, wer Wildtiere füttern will. So verlangt es seit 2018 Paragraf 32 des Jagdgesetzes des Kantons Luzern. Dort heisst es: «Die Fütterung von wild lebenden Säugetieren und Vögeln bedarf einer Bewilligung der zuständigen Dienststelle.»

Beim Verstoss am 17. April bleibt es nicht. Nur vier Tage später stösst die Polizei erneut auf Alinka Wójcik. Wieder füttert sie Tauben. Noch immer ohne Bewilligung. 100 Franken Busse muss die Seniorin deshalb zahlen, wie der Strafbefehl zeigt, den zentralplus auf Gesuch hin einsehen konnte. Und der festhält: Die über 90-Jährige hat sich der «mehrfachen Fütterung wild lebender Vögel ohne Bewilligung» schuldig gemacht.

Immer wieder erinnert die Stadt Luzern Passanten daran, keine Tauben zu füttern. Wie hier bei einer Kampagne 2021. (Bild: cbu)

Eine solche stellen die Behörden aus, wenn «der Fütterung keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen», wie es im Jagedgesetz heisst.

«Dein Brot gibt Kot»

Die Fütterung wilder Tiere und die Öffentlichkeit, in Luzern ist das seit Langem Thema. Bereits 2001 wurde das Projekt Stadttauben Luzern ins Leben gerufen. Ziel damals: den Taubenbestand um die Hälfte zu reduzieren. Das sei gelungen, wie Monika Keller auf Anfrage sagt, die das Projekt verantwortet: «Momentan zählen wir durchschnittlich rund 100 Tiere an zehn ausgewählten Standorten in der Stadt Luzern.» 2001 bis 2003 seien es bei Zählungen an denselben Standorten dreimal so viele gewesen.

Immer wieder appelliert die Stadt an Bevölkerung und Besucher, keine Tauben zu füttern. Die letzte Plakatkampagne endete Mitte Mai. Motto damals: «Dein Brot gibt Kot».

«Die Stadttauben sind ursprünglich Felsbrüter und benötigen unsere Gebäude als Ersatzfelsen zum Nisten und als Aufenthaltsorte», so Keller: «Als relativ grosse Tiere geben sie viel Kot ab, der dann auf den Gebäuden anfällt.» Und je weniger Futter die Tiere fänden, desto tiefer werde der Bestand.

Reis wäre perfektes Taubenfutter

Damit das gelingt, stellen die Behörden das unerlaubte Füttern unter Strafe. Das Jagdgesetz sieht gar Bussen bis zu 20’000 Franken vor.

Davon war Alinka Wójcik natürlich weit entfernt. Und schon gar nicht interessieren wird das Bussgeld die Tauben, die Wójciks Futter gefressen haben.

Das übrigens war roher Reis, von dem es heisst, Tauben würden daran sterben, ja gar explodieren. Das stimmt nicht. Zwar würden die Reiskörner im Magen der Tiere aufgehen, das sei aber auch schon alles, wie mehrere Fachportale schreiben. Darunter auch die Schweizer «Tierwelt». Dort heisst es: «Tauben fressen Körnerfutter, jede Art ist geeignet. Reis, der wahrscheinlich in jedem Haushalt vorrätig ist, eignet sich perfekt.»

*Name geändert

Verwendete Quellen
  • Strafbefehl 1A 23 44 99 19 der Luzerner Staatsanwaltschaft
  • Mittagsausgabe von «SRF Meteo» vom 17. April 2023
  • Wetterdaten zu den täglichen Höchsttemperaturen von Meteo Schweiz
  • Jagdgesetz des Kantons Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Monika Keller, Stadt Luzern
  • Artikel in der «Tierwelt»
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