Ein Anruf von «Hakan» und Luzerner Gipser wird zum Kriminellen
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Türkische Kriminelle wollten über die Schweiz Geld waschen. Dazu spannten sie einen Luzerner ein. Dieser wiederum soll ein eigenes Lügengebilde aufgebaut haben. Er stand zum zweiten Mal vor Gericht.
Plötzlich klingelte das Telefon. Einen «Cold Call» nennen es die Luzerner Strafverfolger. Der Mann, der sich bei dem Luzerner mit kosovarischen Wurzeln meldet, nennt sich «Hakan». Ein Türke scheinbar. Der Luzerner kennt ihn nicht. Aber er bleibt am Apparat. Denn Hakan macht ein spannendes Angebot. Er sei Bankmanager, oft in Europa unterwegs und brauche Hilfe bei der Weiterleitung von Geldern.
Man müsse nur Gelder von Investoren entgegennehmen, die in der Türkei investieren wollten, und diese anschliessend weiterleiten. Dafür springe eine saftige Provision raus – zehn Prozent versprach Hakan dem Kosovaren in Luzern.
Geld stammte scheinbar aus Anlagebetrug
Einfaches Geld, schien sich dieser gedacht zu haben – er ist von Beruf Kranführer und Gipser. Handschlag und Deal, er war dabei. Das Problem: Laut den Luzerner Strafverfolgern stammte das Geld keineswegs von Investoren, sondern vielmehr aus Anlagebetrügereien. Die türkischen Hintermänner zogen scheinbar Anleger mit fiktiven Angeboten ab und brauchten ein unabhängiges Konto, um die Spur des Geldes zu verschleiern. Es ist eine bekannte Masche. Immer wieder beschäftigen sich die Gerichte damit. Auch in Luzern (zentralplus berichtete).
Die Frage, die sich dabei meistens stellt: Wie viel wussten die Zufallskomplizen, die die Betrüger in der Schweiz rekrutierten? Im aktuellen Fall lautet das Verdikt der Behörden: viel. Bereits 2023 wurde der 56-jährige Beschuldigte durch das Luzerner Kriminalgericht verurteilt. Er zog den Fall aber weiter. Am Mittwoch steht er vor dem Kantonsgericht.
Der Vorwurf: Er habe dem Betrüger willentlich und im Wissen um die Herkunft des Geldes geholfen, dieses zu waschen. Und damit nicht genug: Der Beschuldigte soll selbst zum Betrüger geworden sein.
In Luzern entstand das zweite Lügengebilde
Denn das eigene Konto wollte er scheinbar nicht hergeben. Also habe der Beschuldigte einen Bekannten – einen ehemaligen Treuhänder, bei dem er noch Schulden hatte – kontaktiert und diesem erzählt, dass er einer Einkaufsgemeinschaft, bestehend aus deutschen Ärzten, ein Medizingerät aus der Türkei vermittelt habe. Aus der Provision wolle er seine Schulden bezahlen.
Die Ärzte wollten aber nicht auf sein Konto einzahlen, würden es jedoch auf das Konto des Bekannten tun. Als ehemaliger Treuhänder sei dieser vertrauenswürdiger. Dieser willigte ein und gab seine eigenen Bankverbindungen sowie die seiner Firma an. Der Beschuldigte gab diese an Hakan weiter und schon bald floss das Geld der betrogenen Anleger auf das Konto des Unwissenden. Über 160’000 Franken sollen es laut Anklageschrift gewesen sein.
Der 56-jährige Beschuldigte strich in der Zwischenzeit die Provision ein – also gut 16’000 Franken. Abzüglich einer weiteren Provision von 2,5 Prozent für einen «Broker». Dieser hatte Hakan die Telefonnummer des Beschuldigten scheinbar weitervermittelt. Es handelt sich dabei um einen Landsmann, den der Beschuldigte scheinbar flüchtig gekannt hatte.
Ein fiktiver Multimillionär und deutsche Schlägertrupps
Während der Beschuldigte seinem Bekannten Lügenmärchen auftischte, bekam er selbst weitere von Hakan zu hören. Hinter den angeblichen Investitionen in der Türkei stehe ein Multimillionär, ein gewisser «Herr Fischer». Nur gibt es diesen gar nicht.
Als der Bekannte des Beschuldigten einmal eine Zahlung nicht sofort weiterleitete, wurde Hakan ausfällig. Er drohte, dass die beiden «Besuch» bekommen würde, der sie «fertig machen» würde.
All das und noch viel Weiteres – beispielsweise wurde der Luzerner scheinbar vor einigen Jahren schon einmal «Opfer» einer ähnlichen Masche und hätte sie daher kennen müssen – seien Hinweise gewesen, die dem Beschuldigten eigentlich hätten klarmachen müssen, dass er sich auf ein krummes Geschäft eingelassen hatte. So findet es die Staatsanwaltschaft.
Und das Kriminalgericht gab ihr Recht, der 56-Jährige hätte gewusst, oder zumindest geahnt, woher das Geld kam und sich nicht darum geschert. Somit habe er sich strafbar gemacht.
Der Beschuldigte hingegen gab an, geglaubt zu haben, dass es sich um ein legales Geschäft gehandelt hatte. Auch die Geschichte mit dem Medizingerät und den deutschen Ärzten habe nicht er erfunden. Das Kriminalgericht verurteilte ihn schliesslich zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten.
Nun geht der Fall in eine zweite Runde. Bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, gilt die Unschuldsvermutung.
- Urteil des Kriminalgerichts Luzern
- Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Luzern