:focal(950x634:951x635)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2022/03/Schweizer-Franken-Geld-Scheine-Cash-Beute-Summe-Spende-Steuern-Finanzen.jpeg)
Die Konkursämter in Luzern hatten 2021 so viel zu tun, wie in den letzten fünf Jahren nicht mehr. Das liegt aber nicht an der Corona-Pandemie.
Die Luzerner Gerichte haben ihre Jahresmedienkonferenz genutzt, um Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, das in der Justizberichterstattung ein Schattendasein fristet: Das Bundesgesetz über das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, im Volksmund «ScheKaGe» genannt.
2021 verzeichneten die Luzerner Konkursämter mit 670 Konkurseröffnungen einen neuen Höchststand – es sind 117 Fälle mehr als im Vorjahr (zentralplus berichtete). Hat sich die Befürchtung, dass die Corona-Pandemie eine Konkurswelle auslösen wird, also bewahrheitet?
Luzerner Gerichte übernehmen Zusatzaufgaben
«Nein», sagt Patrick Müggler, Leiter der Luzerner Konkursämter. Der Bundesrat hatte im ersten Pandemiejahr nämlich einen Rechtsstillstand beschlossen. Entsprechend tief war 2020 die Zahl der Konkurseröffnungen, was einen Teil des starken Anstiegs 2021 erklärt. Weiter stützten die staatlichen Härtefallgelder die Unternehmen und verhinderten so Liquiditätsengpässe (zentralplus berichtete).
Der zweite Grund für den Anstieg ist eine Gesetzesänderung. Neu sind die Gerichte dafür zuständig, Firmen zu liquidieren, die kein gültiges Rechtsdomizil haben. Damit ist gemeint, dass kein Sitz im Handelsregister eingetragen ist oder das Unternehmen dort nicht zu erreichen ist.
Fehlen solche Angaben, wird neu ein Konkursverfahren wegen eines Organisationsmangels eröffnet. «Während zuvor die Handelsregister dafür zuständig waren, kommen diese Fälle nun an die Gerichte», erklärt Cornelia Jozic, die Hochdorfer Bezirksgerichtspräsidentin. Dies bringt zwar mehr Aufwand, verhindert aber, dass Organisationsmängel missbraucht werden, um ein ordentliches Konkursverfahren zu umgehen.
«Firmenbestattern» wird das Handwerk gelegt
Die Arbeit dürfte den Luzerner Konkursämtern auch dieses Jahr nicht ausgehen. Im Gegenteil, es kommen grosse Herausforderungen auf sie zu. «Der jetzige Anstieg der Konkursverfahren wegen Organisationsmängel ist wohl nur der Anfang», meint Müggler. Er rechnet damit, dass sich diese Entwicklung fortsetzt.
Hinzu kommen neue Regeln zur Bekämpfung von missbräuchlichen Konkursen, die möglicherweise schon nächstes Jahr in Kraft treten (zentralplus berichtete). Unter anderem darf neu nicht mehr mit überschuldeten Gesellschaften gehandelt werden. Dies soll sogenannten «Firmenbestattern» das Handwerk legen.
«Firmenbestatter» übernehmen Gesellschaften, die überschuldet sind, zögern den Konkurs hinaus und kaufen dann kaufen Waren, die sie nicht bezahlen. Die Neuregelung verhindert dies, was aber zu Mehraufwand bei den Konkursämtern und den Gerichten führt.
Mehr Anwälte, mehr Aufwand
Müggler spricht ein weiteres Thema an, das ihm Sorge bereitet: Die Zahl der Beschwerden im Betreibungs- und Konkursverfahren steigt ebenfalls an. «Weiter stellen wir fest, dass sich immer mehr Leute anwaltlich vertreten lassen, auch in rechtlich sehr einfachen Fällen», sagt er. Dies führt zu Mehraufwand, weil die Entscheide detailierter begründet werden müssen. «Das bindet zusätzliche Ressourcen», so Patrick Müggler.
Insgesamt verzeichneten die Luzerner Betreibungsämter Verluste in der Höhe von 97 Millionen Franken. Das ist deutlich weniger als 2020, als diese bei 114 Millionen Franken lagen. Der Grund ist der Rückgang der Zahlungsbefehle im ersten Pandemiejahr.
- Geschäftsbericht der Luzerner Gerichte
- Teilnahme an der Medienkonferenz
Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.