Solidaritätsaktion für Massnahmen-Gegner

Luzerner Kantonsgericht von Besucherandrang überrumpelt

Nicolas A. Rimoldi erhofft sich von den Gerichten, dass sie die Politik in die Schranken weisen. (Bild: plu/zvg)

40 Massnahmen-Gegner haben diese Woche unangemeldet gefordert, einer Verhandlung am Kantonsgericht Luzern beiwohnen zu können. Dies sorgte kurzzeitig für Chaos – und wirft grundsätzliche Fragen auf.

Obwohl die Verhandlungen öffentlich sind: Abgesehen von Schulklassen verirren sich nur selten Besucher in die Luzerner Gerichtssäle. Diesen Donnerstag war das anders. Rund 40 Gegnerinnen der Corona-Massnahmen wollten dabei sein, als der Fall eines Gleichgesinnten verhandelt wurde (zentralplus berichtete).

«Wir tun unser Möglichstes, damit diejenigen, die an einer Verhandlung interessiert sind, dabei sein können.»

Christian Renggli, Sprecher der Luzerner Gerichte

Das Gericht wurde von diesem Andrang – bei dem auch Mass-Voll-Präsident Nicolas A. Rimoldi dabei war – überrascht. Im Rütlisaal, wo der Prozess stattfand, gibt es nur rund zehn Sitzplätze. Zunächst schien es so, als könnten aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse nicht alle Personen teilnehmen. Dann jedoch entschied sich der vorsitzende Richter für eine pragmatische Lösung: Statt der verfügbaren Sitzplätze wurden Stehplätze angeboten, sodass alle die Verhandlung im Gerichtssaal mitverfolgen konnten.

«Wir tun unser Möglichstes, damit diejenigen, die an einer Verhandlung interessiert sind, dabei sein können», erklärt Christian Renggli auf Anfrage. Sollte es nötig sein, können Verhandlungen am Kantonsgericht sogar in andere Räume gestreamt werden. Das Problem war gemäss dem Sprecher der Luzerner Gerichte in diesem Fall aber, dass sich nur die wenigsten der anwesenden Zuschauerinnen angemeldet hatten.

Ziel der Luzerner Gerichte: Vertrauen in die Justiz stärken

Für Irritation sorgte bei den Zuschauern, dass die Luzerner Polizei vor Ort war. «Wir wurden behandelt, als wären wir gefährliche Kriminelle», ärgert sich Mass-Voll-Präsident Nicolas A. Rimoldi. Der Grund für die Polizeipräsenz war gemäss Renggli das unerwartete Erscheinen so vieler Besucherinnen. «Die Polizei wurde lediglich aufgeboten, um den geordneten Verhandlungsablauf sicherzustellen», meint er.

«Bei Störungen des geordneten Verhandlungsablaufs werden die störenden Personen aus der Verhandlung weggewiesen.»

Christian Renggli, Sprecher der Luzerner Gerichte

Ein Eingreifen der Polizei wurde nicht nötig, die Zuschauerinnen verhielten sich korrekt und friedlich. Renggli zieht denn auch ein positives Fazit: «Ich hoffe, es ist uns gelungen, den Besuchern zu zeigen, dass wir ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Es geht auch darum, das Vertrauen in die Justiz zu stärken.»

Mittel gegen Druckversuche: Ein Redeverbot im Gerichtssaal

Dass durch die Anwesenheit von Sympathisanten Druck auf die Richterinnen ausgeübt werden kann, glaubt Christian Renggli nicht. «Der Entscheid des Gerichts wird durch das Publikum nicht beeinflusst», sagt er. Dies werde unter anderem dadurch sichergestellt, dass sich die Zuschauer während der Verhandlung ruhig zu verhalten haben und sich nicht äussern dürfen. «Bei Störungen des geordneten Verhandlungsablaufs werden die störenden Personen aus der Verhandlung weggewiesen.»

«Die Justiz macht sich zum verlängerten Arm der Exekutive.»

Nicolas A. Rimoldi, Mass-Voll-Präsident

Nicolas A. Rimoldi wehrt sich gegen den Vorwurf, Mass-Voll wolle durch die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen die Entscheide der Justiz beeinflussen. «Diese Solidaritätsaktion hatte keinen Demo-Charakter. Es ging darum, einem älteren Herrn beizustehen, der sich für die verfassungsmässige Ordnung einsetzt.» Dem Mann wird die «Hinderung einer Amtshandlung» vorgeworfen. Er leistete Widerstand, als die Polizei ihn an einer unbewilligten Demo vor einem Schulhaus in Ebikon vom Pausenplatz unrechtmässig wegwies (zentralplus berichtete).

Ist die Justiz ein Handlanger der Exekutive?

Tatsächlich zu einer Kundgebung aufgerufen hat Mass-Voll vor der Gerichtsverhandlung gegen ihren Präsidenten Nicolas A. Rimoldi Anfang September. «Da geht es um mehr als eine Solidaritätsbekundung. Wir wollen gegen die Willkür der Justiz protestieren», sagt er dazu.

«Wir wollen die Justiz stärken. Sie soll der Corona-Politik den Riegel schieben.»

Nicolas A. Rimoldi, Mass-Voll-Präsident

Wie kommt der Jungpolitiker dazu, dem Rechtssystem Willkür vorzuwerfen, noch bevor sein Fall überhaupt vor Gericht gekommen ist? «Es geht nicht nur um diesen Einzelfall. Aus unserer Sicht hat der Bundesrat während der Pandemie verfassungsmässig geschützte Grundrechte verletzt. Er weigert sich, den gesetzlichen Pflichten nachzukommen und nachzuweisen, dass seine Corona-Politik zielführend war. Die Justiz macht sich zum verlängerten Arm der Exekutive. Und zwar indem sie diejenigen ahndet, die sich gegen die Eingriffe wehren, statt das Gewaltengleichgewicht wiederherzustellen.»

Trotz Willkür-Vorwurf hofft Rimoldi auf die Justiz

Die Luzerner Alt-Richterin Marianne Heer findet es rechtsstaatlich problematisch, wenn Organisationen mit Kundgebungen Einfluss auf juristische Entscheide nehmen wollen (zentralplus berichtete). Über diesen Vorwurf ärgert sich Rimoldi. Er bestreitet, dass Mass-Voll mit der geplanten Protestaktion Druck auf die Luzerner Gerichte ausüben will.

«Wir wollen die Justiz stärken. Sie soll der Corona-Politik den Riegel schieben», sagt Rimoldi. Er habe Vertrauen in die Unabhängigkeit der Gerichte. «Nicht umsonst habe ich bewusst und medienwirksam gegen die Zertifikatspflicht verstossen.» Rimoldi hatte in Zürich ohne Zertifikat ein Restaurant betreten, als dies verboten war. Er liess sich dabei von «20 Minuten» begleiten (zentralplus berichtete).

«Ich möchte einen Präzedenzfall erwirken. Die Gerichte sollen beurteilen, ob die Zertifikatspflicht mit verfassungsmässigen Grundrechten vereinbar war. Ich bin überzeugt: Der Entscheid wird zu Gunsten der Verfassung ausfallen und damit die Politik in die Schranken weisen.» Der Fall ist seit über einem Jahr hängig.

Gerichtsverhandlung verschoben

Am 6. September sollte Nicolas A. Rimoldi eigentlich vor dem Bezirksgericht Luzern erscheinen. Dies, weil die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, gegen die Maskenpflicht verstossen zu haben. Rimoldi hatte im Vorfeld des Prozesses bei der Stadt Luzern eine Bewilligung für eine Protestaktion eingeholt. Er plante einen Demonstrationszug, der vom Luzerner Theater zum Bezirksgericht Luzern führen sollte. Vor dem Gerichtsgebäude sollte eine Mahnwache stattfinden.

Daraus wird nun aber nichts. Die Verhandlung wurde abtraktandiert. Hat die Absage mit der angekündigten Demo zu tun? Seitens der Gerichte wird dies verneint. «Diese Verhandlung muss aus strafprozessualen Gründen verschoben werden», heisst es in einer Stellungnahme. Gemäss Rimoldi soll das Verfahren mit einem anderen Verfahren wegen Bürgerrechtsdemos vereint werden. Er ist enttäuscht über die Verzögerung. «Es ist plausibel, dass man nicht zwei Demos in Luzern wollte.»

Verwendete Quellen
  • Telefonat und Mailkontakt mit Christian Renggli
  • Telefonat mit Nicolas A. Rimoldi
  • Artikel von «20 Minuten» zum Zertifikatsverstoss
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20 Kommentare
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 23.08.2022, 21:42 Uhr

    Herr Rimoldi sollte es vielleicht mal mit Arbeiten versuchen. Alternativ könnte er noch eine weitere Sekte gründen und damit Geld verdienen.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 20.08.2022, 21:07 Uhr

    Das grossartige an diesem Staat ist die Tatsache, dass jeder seinen ganzen Nonsens frei äussern darf und dafür weder bestraft noch getötet wird. Das sollte nun auch einem Anwalt langsam klar werden. Rimoldi darf seinen ganzen Nonsens weiter verbreiten, das ist das Fundament einer Demokratie. Andere dürfen dies auch tun. Jeder darf dies in der Schweiz tun.
    Die Tatsache, dass gerade die so genannten Flacherdler immer lauter schreien, dass die Demokratie in diesem Staat nicht mehr funktioniere, zeigt deutlich auf, dass die Bezeichnung Flacherdler eben berechtigt ist. Man hört es nicht gerne, aber das laute Schreien übertönt den Bildungsnotstand nie und nimmer. Behauptungen werden auch nicht wahrer, indem man sie pausenlos wiederholt.

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  • Profilfoto von tore
    tore, 20.08.2022, 19:08 Uhr

    «Wir wollen die Justiz stärken. Sie soll der Corona-Politik den Riegel schieben», sagt Rimoldi.

    -> Wie will man die Justiz stärken, wenn man ihr vorschreibt, was sie zu tun hat??? Seltsame Ansicht. So würde die Justiz geschwächt. Äusserst bedenklich und gefährlich.

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  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 20.08.2022, 08:29 Uhr

    Man kann Herrn Rimoldi mögen oder nicht. Unabhängig davon kommt es immer wieder vor, dass unangemeldet Personen oder Personengruppen «fordern», einer Verhandlung am Kantonsgericht Luzern beiwohnen zu können.

    Ein Sturm im Wasserglas.

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    • Profilfoto von tore
      tore, 20.08.2022, 19:30 Uhr

      Ich verstehe nicht ganz, was Sie damit sagen möchten. Alle, wie wollten konnten teilnehmen. Das ist ja nicht die Leistung von NAR.

      «Zunächst schien es so, als könnten aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse nicht alle Personen teilnehmen. Dann jedoch entschied sich der vorsitzende Richter für eine pragmatische Lösung: Statt der verfügbaren Sitzplätze wurden Stehplätze angeboten, sodass alle die Verhandlung im Gerichtssaal mitverfolgen konnten.»

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      • Profilfoto von Roli Greter
        Roli Greter, 21.08.2022, 12:46 Uhr

        Sag ich doch. Viel Wirbel um nichts 😉

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  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 19.08.2022, 21:38 Uhr

    Der Luzerner Stadtrat steht in der Aufklärungspflicht:
    1. Warum er Rimoldi solche Aktionen bundesrechtswidrig (BGE 132 I 256) bewilligt
    2. Wieviel Rimoldis Demos die Steuerzahler bisher gekostet haben.

    Loris Fabrizio Mainardi, lic.iur.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 22.08.2022, 07:35 Uhr

      Kann man machen. Man kann aber auch mal eine Aufstellung machen, wieviel Anwälte mit Klagen, Weiterziehen von Urteilen etc. den Steuerzahler jährlich kosten. Der Steuerzahler kann demokratische Vorgänge und auch so genannte Rechtsvorgänge berappen und sich diese auch leisten. Nur weil man gegenteiliger Meinung ist, besteht keine Aufklärungspflicht. Diese Kosten werden durch die Stadt bestimmt in der Jahresrechnung ausgewiesen. Und diese dürfen wir alle zu jederzeit einsehen.

      https://www.stadtluzern.ch/dokumentebilder/publikationen/381490

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  • Profilfoto von Albus
    Albus, 19.08.2022, 18:25 Uhr

    “der Jungpolitiker” – soll das ein Witz sein?

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    • Profilfoto von Remo
      Remo, 23.08.2022, 21:37 Uhr

      Der Schwurblerjesus war mal bei der FDP.

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  • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
    Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 19.08.2022, 17:51 Uhr

    Unglaublich was Nicholas Rimoldi uns einfache Steuerzahler mit seiner Querulanz kostet. Hat er kein Einsehen mit dem einfachen Bürger? Muss er seine egoistische und selbstherrliche Welle reiten? Auf unsere Kosten?

    Ich habe langsam aber sicher genug von diesem egozentrischen Herrn. Er ist zuviel in den Medien. Seit langem.

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    • Profilfoto von Aufgeklärt
      Aufgeklärt, 20.08.2022, 08:33 Uhr

      Und was kosten uns die Massnahmen, welche für die Gesichtlappenträger ergreift werden mussten? Da ist der Aufwand von Rimoldi gar nicht nennenswert. Durch Ihre Panik und das blinde Vertrauen in ‹den Staat› wurden viel mehr Kosten generiert

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      • Profilfoto von Opi Kron
        Opi Kron, 20.08.2022, 11:58 Uhr

        Du bist doch so leichtgläubig – von wem hast du dir erzählen lassen, dass Masken eine Einschränkung sind, und nicht wirken? Glaubst du wirklich dem Fürsten Ueli all seinen Nonsens?

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      • Profilfoto von Michel von der Schwand
        Michel von der Schwand, 22.08.2022, 07:38 Uhr

        @Aufgeklärt: Bitte schlüsseln Sie mir die Mehrkosten detailliert auf. Anscheinend wissen Sie es genau. Andernfalls hören Sie auf irgendwelche Behauptungen in die Welt zu setzen, welche Sie nicht beweisen können. Liefern Sie Fakten.

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        • Profilfoto von Roli Greter
          Roli Greter, 22.08.2022, 17:55 Uhr

          Mit gesundem Menschenverstand lässt sich leicht feststellen dass alleine schon die Einwegmasken einen massiven Kostenpunkt ausmachen 😉

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          • Profilfoto von Remo
            Remo, 23.08.2022, 21:41 Uhr

            Die Masken musste jeder selber zahlen. Den Staat kosteten die nichts. Und darum gings.

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          • Profilfoto von Maria
            Maria, 25.08.2022, 18:25 Uhr

            gesunder Menschenverstand ist nur was für Coronaskeptiker

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      • Profilfoto von Remo
        Remo, 23.08.2022, 21:39 Uhr

        Die «Aufgeklärten» kommen mir vor wie Sektenbrüder, die ihrem Jesus nachrennen. Anscheinend brauchen manche Leute irgendeine Ersatzreligion wenn die Kirchen wegfallen.

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        • Profilfoto von Maria
          Maria, 25.08.2022, 18:23 Uhr

          Ein Hoch auf den Vaterstaat, der alles richtig mach. Ach, wie ich ihn liebe, ehre und stets treu zur Seite stehe.

          Grundrechte sind von mir aus bestechlich. Egal.

          Es war schon immer alles gut und es wird auch immer so sein. Ach, wie schön einfach das Leben sein kann!

          Ein Hoch.

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    • Profilfoto von Maria
      Maria, 25.08.2022, 18:20 Uhr

      Na dann bin ich gespannt auf die Mehrkosten *lach*. Die wären? -jämmerlich
      Ihr könnt stolz sein, dass wir in der Schweiz eine solche Organisation macht, die sich für Rechte einsetzt.

      Aber von denen wisst ihr ja nichts mehr.

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