My First Plant

Hanfhändler mit Verbindung nach Zug: Geschäftsführer in U-Haft?

Die Firma My First Plant versprach hohe Gewinne in der CBD-Branche. (Bild: Adobe Stock)

Die Firma My First Plant hat leichtes Geld mit CBD-Hanf versprochen. Doch das Geschäft löste sich in Luft auf, österreichische Ermittler wittern einen Millionenbetrug mit 17'000 Geschädigten. Der Geschäftsführer soll in Untersuchungshaft sitzen. Bis vor Kurzem hatten er und die Firma eine Postanschrift in Zug.

Jetzt zeichnet sich das mögliche Ausmass ab: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Österreichs geht im Fall My First Plant von einem schweren Betrug aus. 17'000 Geschädigte sollen betroffen sein, der weltweite Schaden betrage mindestens 16 Millionen Euro. «Die genauen Schadensbeträge sind noch Gegenstand der Ermittlungen», schreiben die Strafverfolger aus Wien vor Kurzem in einer Medienmitteilung.

Die Behörde hat für den Fall und zwei ähnliche Verfahren eigens ein Ermittlungsteam aufgestellt. Aktuell befassen sich vier Staatsanwälte mit der Frage: Hat die Firma My First Plant, die eine Verbindung in den Kanton Zug aufweist, ihre Kundinnen und Kunden mit Investments in CBD-Hanf betrogen?

Schweizer unter den Geschädigten

Das Unternehmen aus dem österreichischen Klagenfurt verkaufte seinen Kunden Hanfpflanzen und das Versprechen, sich um deren Aufzucht zu kümmern, Blüten und Stängel auf dem Grossmarkt für CBD-Produkte zu verkaufen und die Erlöse an die Investoren zurückzuleiten (zentralplus berichtete).

«Ich gehe davon aus, dass ich einem Betrug aufgesessen bin.»

Heinz Berchtold, Investor bei My First Plant

Heinz Berchtold aus Zürich hätte so 500 Euro alle vier Monate kassieren sollen. Für zehn Hanfpflanzen inklusive Betreuung über fünf Jahre überwies er My First Plant 6000 Euro. Doch auf sein Geld wartet er noch heute. «Ich gehe davon aus, dass ich einem Betrug aufgesessen bin», sagt Berchtold gegenüber zentralplus.

Geschäftsführer mit früherer Adresse in Zug soll in Untersuchungshaft sein

Die Ermittlungen in Österreich richten sich gegen vier Personen, nebst dem Betrugsvorwurf steht der Verdacht auf Geldwäscherei im Raum. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Anfang August kam es zu fünf Hausdurchsuchungen, eine Person wurde festgenommen. Wie es auf Anfrage aus Wien heisst, befindet sich diese in Untersuchungshaft. Zwar wollten die Behörden keine Angaben zur Person machen, laut mehreren Quellen handelt es sich aber um Lukasz Martins*, den Geschäftsführer von My First Plant.

Martins richtiger Name fand sich diesen Frühling an einem Briefkasten in einer Zuger Gemeinde – zusammen mit der Firmenanschrift einer MFP My First Plant GmbH. Doch im Zuger Handelsregister ist und war keine Gesellschaft mit diesem Namen eingetragen. Und die Zuger Behörden hatten keine Kenntnis von Martins, der sich hätte anmelden müssen, hätte er seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt.

Mittlerweile ist die Postanschrift verschwunden, die Wohnung hat einen neuen Bewohner. Im Frühling noch stand der Name eines Mannes an der Klingel, der mit Martins von der Adresse aus eine Firma zur Produktion pflanzlicher Produkte betrieb. Vor Kurzem hat das Unternehmen Zweck und Domizil geändert. Dieses befindet sich am neuen Wohnort von Martins früherem Partner, der nach wie vor im Kanton Zug lebt.

Welche Rolle spielt der Ex-Partner aus dem Kanton Zug?

Auf einem Werbevideo, das My First Plant im November 2022 auf Youtube veröffentlicht hat, ist der Zuger Anfang 30 mehrmals zu sehen, sitzt bei einer Präsentation vor rund zwei Dutzend Personen prominent neben Geschäftsführerr Lukasz Martins.

Was er zu den Ermittungen gegen seinen früheren Partner sagt und wie genau er bei My First Plant involviert war, bleibt unklar. Auf eine Interviewanfrage reagierte der Mann nicht, ebenso war er nicht an seinem neuen Wohnort anzutreffen.

«Mein Geld werde ich kaum wiedersehen. Das ist sehr bedauerlich. Aber so ist das Leben.»

Heinz Berchtold

Auch von My First Plant gibt es kein Statement. Nachdem das Unternehmen für einen letzten Bericht die Fragen von zentralplus beantwortet hat, geht jetzt niemand mehr ans Telefon, eine E-Mail-Anfrage bleibt unbeantwortet. Via SMS teilt ein früheres Geschäftsleitungsmitglied mit, man habe keinen Zugriff auf die E-Mail-Konten von My First Plant. Auf die Frage, unter welcher E-Mail-Adresse man erreichbar ist, folgt keine Antwort.

Zuger Strafverfolgungsbehörden führen kein Verfahren

Fest steht: Die Zuger Strafverfolgungsbehörden führen weder gegen Lukasz Martins noch gegen seinen früheren Geschäftspartner eine Untersuchung. Das Bundesamt für Justiz schreibt zudem, man habe kein Rechtshilfeersuchen aus Österreich erhalten.

Dort ist der Fall medial stark präsent. Nachdem mehrere Medien über My First Plant geschrieben haben, berichtete vergangene Woche ORF ausführlich darüber. Im Beitrag wurden mehrere Personen aus dem Umfeld der Firma zitiert, die anzweifelten, dass es sich um einen Betrug handelte. Vielmehr vermuteten sie, Unfähigkeit und ein überforderter Geschäftsführer könnten schuld daran sein, dass Investoren wie Heinz Berchtold seit Monaten auf ihr Geld warten.

Dieser setzt nicht viel Hoffnungen in das Strafverfahren in Österreich: «Egal, was dabei rauskommt – mein Geld werde ich kaum wiedersehen. Das ist sehr bedauerlich. Aber so ist das Leben.»

* Name geändert

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Österreichs
  • Archiv von zentralplus
  • Schriftlicher Austausch mit Heinz Berchtold
  • Artikel von ORF
  • Schriftlicher und telefonischer Austausch mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
  • Augenschein vor Ort bei mehreren Adressen im Kanton Zug
  • Schriftliche Anfrage an My First Plant und Lukasz Martins ehemaligen Partner
  • Youtube-Video von My First Plant
  • Mehrere Quellen, die namentlich nicht genannt werden
  • Schriftliche Anfrage an die Medienstelle der Zuger Strafverfolgungsbehörden
  • Schriftliche Anfrage ans Bundesamt für Justiz
  • Beitrag von ORF
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