Das Zuger Obergericht spricht die Hauptbeschuldigte in Fall Amvac des Betrugs frei. Damit kippt es das Urteil des Strafgerichts. Ganz ungeschoren kommt sie aber nicht davon.
Es war einer der grössten Betrugsprozesse der jüngsten Zeit in Zug. Im Zentrum: Eine wertlose Firma, eine Geschäftsleiterin mit «hoher krimineller Energie» – wie sie 2022 vom Zuger Strafgericht bezeichnet wurde – und beinahe tausend geprellte Anleger.
Der Vorwurf: Mittels aggressiven Telefonmarketings hätten die ehemalige Geschäftsführerin des Zuger Pharmaunternehmens Amvac und ihre Gehilfen Aktien verkauft, die sich schliesslich als wertlos herausstellten (zentralplus berichtete). Der Schaden: 55 Millionen Franken. Das Unternehmen gibt es heute nicht mehr.
Dafür wurde die Hauptbeschuldigte – eine 51-jährige Ungarin – 2022 vom Strafgericht zu sechseinhalb Jahren Gefängnis (bedingt bei zwei Jahren Probezeit) verurteilt. Dieses Urteil kippt das Obergericht nun.
Zu wenig Hinweise auf arglistige Täuschung
Wie es in einer Mitteilung schreibt, spricht es die Frau vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs frei. «Der Staatsanwaltschaft gelang der Nachweis für den Hauptvorwurf eines Serienbetruges zum Nachteil von 980 Käuferinnen und Käufern von Aktien der Amvac AG und einem daraus resultierenden Vermögensschaden von rund 55 Millionen Franken nicht», schreibt das Gericht.
37 Käuferinnen und Käufer der scheinbar wertlosen Aktien seien in der Strafuntersuchung einvernommen werden. Die Aussagen hätten aber nicht gereicht, um aufzuzeigen, inwiefern die Hauptbeschuldigte die fast tausend Geprellten arglistig zum Kauf der Aktien motiviert haben soll. «Gesamthaft kann somit nicht von einem Seriendelikt ausgegangen werden», schreibt das Gericht.
Zumindest zeitweise hätten Aktien Wert gehabt
Ausserdem sei es erwiesen, dass die Amvac über ihre Tochtergesellschaften zumindest zeitweise seriöse Forschungsarbeit betrieben hatte und dass ein Geschäftsführungswille bestand, sodass die Aktien der Amvac wenigstens vorübergehend nicht wertlos gewesen seien. Und: Immerhin hätten die Aktienkäufer zumindest die vereinbarte Anzahl der Aktien erhalten, auch wenn diese später floppten.
Allerdings spricht das Gericht die Frau der Urkundenfälschung schuldig. Es sieht es als erwiesen an, dass sie einen Teil der einer Aktionärin gehörenden Aktien in 29 Aktienzertifikaten erneut verbriefte, die fraglichen Zertifikate trotz fehlender Zeichnungsberechtigung im Namen der Amvac unterzeichnete und zurückdatierte.
Sie wird mit einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 30 Franken, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 80 Tagen bestraft. Ausserdem muss sie die Gerichtskosten von über 70'000 Franken tragen. Um die Kosten zu tilgen, verfügt das Gericht, dass ein Bentley, den die Behörden bei der Beschuldigten beschlagnahmt hatten, verwertet wird. Die bedingte Haftstrafe ist hinfällig.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann innert 30 Tagen Beschwerde beim Bundesgericht erhoben werden.
- Mitteilung und Urteil des Obergerichts Zug