Er wollte Suva abzocken – Behörden zanken um Verantwortung
Ein Mann wollte mit gefälschten Dokumenten Gelder bei der Unfallversichererin Suva erschleichen. (Bild: zvg)
Ein Mann, der in Basel gewohnt haben soll, versuchte, bei der Suva in Luzern Gelder zu erschleichen. Die Basler und Luzerner Behörden zanken sich aber darüber, wer ihn vor Gericht bringen muss.
Niemand wollte die heisse Kartoffel anfassen. Dabei scheint der Fall lapidar. Im Juni 2023 reichte das Universitätsspital Basel eine Strafanzeige gegen einen Mann ein. Die Suva tat in Luzern gleichzeitig dasselbe. Der Mann soll vier Arbeitsunfähigkeitszeugnisse gefälscht haben, um Gelder der Unfallversicherung zu erschleichen. Solche Fälle gibt es immer wieder. Oft landen sie nicht einmal vor Gericht, sondern können per Strafbefehl erledigt werden. Nicht aber in diesem Fall.
Bei diesem fühlte sich weder die Basler noch die Luzerner Staatsanwaltschaft zuständig. Dies geht aus einem Urteil des Bundesstrafgerichts hervor. Dieses musste nämlich ein Machtwort sprechen. Die beiden Staatsanwaltschaften reichten Gesuche um Gesuche ein, argumentierten hin und her, weshalb nun die jeweils andere den Fall behandeln müsste.
Luzern oder Basel? Wo wurde Straftat verübt?
Dass die beiden Staatsanwaltschaften sich die heisse Kartoffel hin und her geschoben haben, liegt an der Frage, wo denn eigentlich die Straftat passiert ist. In Basel, wo der Mann damals die Korrespondenzadresse hatte? Oder in Luzern, wo die Suva ihren Sitz hat?
Gemäss Rechtsprechung sind für die Verfolgung einer Straftat die Behörden zuständig, wo die Tat passiert ist. Gibt es Tatorte in mehreren Kantonen, ist der zuständig, wo der erste Taterfolg eingetreten ist.
Nun gibt es bei Betrugsfällen aber oft zwei Tatorte. Das Bundesgericht spricht in seiner Rechtsprechung von einem Erfolgsdelikt mit einem doppelten Erfolg. Das heisst: Der Taterfolg ist sowohl am Ort des Geschädigten eingetreten als auch am Ort, wo die Bereicherung stattfand. In diesem Fall sind das eben Luzern und Basel. So ist die Ausgangslage, über die sich die beiden Staatsanwaltschaften uneinig waren. Besonders vertrackt in diesem Fall: Laut dem zentralen Migrationsinformationssystem wohnte der Mann seit 2021 gar nicht mehr in der Schweiz, gab aber eine Adresse in Basel an.
Laut der dortigen Staatsanwaltschaft handelte der Betrüger wohl aus dem Ausland, sie ist also nicht zuständig. Die Tat ist primär in Luzern passiert. Die Luzerner Staatsanwaltschaft hielt entgegen, zwar könne tatsächlich nicht gesagt werden, wo der Betrüger derzeit sei. Gegenüber der Suva habe er aber eine Basler Adresse angegeben, somit seien eben doch die Basler Behörden zuständig. Ausserdem hätten die Basler den Fall ja zuerst an die Hand genommen.
Wer zuerst angefangen hat, muss auch fertig machen
Das Bundesstrafgericht sah genau diesen letzten Punkt schliesslich als Zünglein an der Waage. Zwar gebe es mehrere Tatorte – so wie oben geschildert –, und diese seien gleichgeordnet. Aber: Die Basler Behörden nahmen die Strafanzeige des Universitätsspitals Basel etwas früher entgegen als die Luzerner Behörden die der Suva. Somit hätten die Basler den Fall zuerst bearbeitet und seien daher verpflichtet, die dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.
Unklar bleibt, ob der mutmassliche Betrüger verurteilt wird. Der Mann wohnt ja gemäss Basler Behörden gar nicht in der Schweiz. Wo er ist, weiss niemand. Er müsste also zur Fahndung ausgeschrieben, erwischt und in die Schweiz ausgeliefert werden, bevor er befragt werden könnte. Immerhin ist nun geklärt, wer dafür zuständig wäre.
Schreibt gerne über harte Fakten und skurrile Aufreger. Seit über zehn Jahren Journalist bei Online, Print und Fernsehen. Für zentralplus schreibt der Wahl-Luzerner seit 2024.