Prozess am Zuger Strafgericht

Er nannte sich Petersen, das Codewort war Blume

Per Telefon hat der falsche Polizist seinen Besuch angekündigt. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Als vermeintlicher Polizist nimmt Valdrin S.* älteren Damen Geld und Schmuck im Wert von über 460'000 Franken ab – allein fast die Hälfte davon der Zugerin Monika R.* Dafür verurteilt ihn jetzt das Zuger Strafgericht zu drei Jahren Gefängnis, eines davon unbedingt.

Ein Montagabend im Sommer 2021. Monika R. muss fühlen, wie die Anspannung von ihr abfällt, als es an der Tür klingelt. Kurz zuvor hat jemand angerufen, der sich als Polizist der Zuger Polizei vorstellte und ihr mitteilte, eine Diebesbande treibe ihr Unwesen im Quartier. Es habe mehrere Einbrüche gegeben; jetzt müsse man ihr Hab und Gut schützen.

Die Person am Telefon sagt, R. solle ihren Schmuck und ihr Geld bereitstellen. Ein Polizist werde es abholen, um es sicher zu verwahren. Der Mann heisse Petersen, er nenne das Wort Blume, um seine Identität zu beweisen.

In der Tasche ist Schmuck für über 200'000 Franken

In letzter Zeit ist in der Nachbarschaft tatsächlich eingebrochen worden. Und weil die Stimme am Telefon die ältere Dame auch noch zum raschen Handeln drängt, ist Monika R.s Skepsis verflogen, als sie gegen 23 Uhr die Tür öffnet.

Draussen steht ein Mann mit schwarzem Haar und breitem Kreuz, der sich als Petersen vorstellt und «Blume» sagt, als Monika R. nach dem Passwort fragt. Die Zugerin glaubt, den angemeldeten Polizisten vor sich zu haben und übergibt ihm eine Tasche, in der sich Schmuck für 221'000 Franken befindet.

Was Monika R. nicht weiss: Der Polizist ist nicht Polizist. Und Petersen heisst nicht Petersen.

Ihm brachte der Auftritt 500 Euro ein

Sein richtiger Name spielt keine Rolle, wir nennen ihn Valdrin S: 31 Jahre alt, Bürger Kosovos, wohnhaft in einem 900-Einwohner-Nest in Süddeutschland. Eigentlich. Denn seit 331 Tagen sitzt er in der Schweiz im Gefängnis. Und seit gestern weiss man, wie hoch seine Strafe ausfällt: Im abgekürzten Verfahren verurteilte das Zuger Strafgericht S. zu drei Jahren Freiheitsstrafe, eines unbedingt, und zu sieben Jahren Landesverweis.

«Ich kann versprechen, dass so etwas nie wieder vorkommen wird.»

Vor Gericht zeigte sich der Beschuldigte reuig.

Wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug, mehrfacher Amtsanmassung und mehrfacher Geldwäscherei. Denn das Geld, das S. seinem Opfer abgenommen hatte, gab er weiter an seine Auftraggeber. Wer diese waren, wissen die Strafverfolger bis heute nicht. Valdrin S. brachte sein Auftritt als Fake-Polizist 500 Euro ein.

Gericht genehmigt Urteilsvorschlag

Bereits vor der Verhandlung hatte S. - Haare an den Seiten ausrasiert, Lacoste-Schuhe, Fussfesseln - seine Taten zugegeben. Das Richterinnengremium aus Carole Ziegler, Svea Anlauf und Philipp Frank hatte am Dienstag lediglich zu prüfen, ob das abgekürzte Verfahren richtig abgelaufen und ob der Urteilsvorschlag der Zuger Staatsanwaltschaft angemessen ist. Und das ist er, wie die Vorsitzende Carole Ziegler nach halbstündiger Verhandlung und einstündiger Beratung sagte: «Wir erachten die Sanktion als angemessen.»

Valdrin S., weder in der Schweiz noch in Deutschland vorbestraft, scheint seine Taten zu bereuen. Das sagte Staatsanwalt Thomas Jovan in seinem Plädoyer, das sagte S. auch am Ende der Verhandlung: «Ich wollte mich nochmals entschuldigen, das kommt wirklich von Herzen. Und ich kann versprechen, dass so etwas nie wieder vorkommen wird.»

Er telefonierte als falscher Polizist mit einem richtigen

Übrigens: Bei den 221'000 Franken Schaden an Monika R. (deren Zivilforderung im Grundsatz zwar anerkannt wurde, die das Gericht zur genauen Bezifferung aber auf den Zivilweg verwies) ist es nicht geblieben. Die Staatsanwaltschaft Zug geht von 463'000 Franken Schadensumme aus.

Für seine Hintermänner war R. auch in den Kantonen St. Gallen, Solothurn und Aargau unterwegs. Dort allerdings fand sein kriminelles Wirken ein abruptes Ende: Als R. im November 2021 vor einer Haustür stand (wiederum lautete das Codewort Blume) nahm ihn die Kantonspolizei Aargau in Empfang. Beim vorangegangenen Telefonat hatte das vermeintliche Opfer das Gespräch an ihren Schwiegersohn weitergegeben, der zu Besuch war. Sein Beruf: wirklich Polizist.

*Namen geändert

Zuger Polizei warnt vor Telefonbetrügern

Fälle wie jener von Valdrin S., den das Zuger Strafgericht gestern Nachmittag verhandelt hat, gibt es immer wieder (zentralplus berichtete). Erst Mitte September hatte eine 83-jährige Frau aus dem Kanton Zug einem Herrn Bach 30'000 Franken übergeben, nachdem sie mit einem angeblichen Polizisten telefoniert hatte. «Lassen Sie sich keinesfalls auf solche Anrufe ein», schreibt die Polizei in ihrer Mitteilung dazu und rät, folgende Ratschläge zu beherzigen:

  • Werde misstrauisch, wenn ein Anrufer eine Geschichte von einer angeblichen Straftat erzählt. Beende das Telefongespräch umgehend.
  • Deponiere oder übergib nie Bargeld, Schmuck oder andere Wertgegenstände an unbekannte Personen.
  • Bei Unsicherheit unbedingt die richtige Polizei anrufen. Wähle dafür aber nicht die Rückruftaste auf deinem Smartphone, sondern rufe die offizielle Nummer der örtlichen Polizei an oder wähle den Notruf 117. Frage dort, ob man dich tatsächlich erreichen wollte.
  • Lass dich nicht durch Schweizerische Telefonnummern auf dem Telefondisplay in die Irre führen. Es ist technisch sehr einfach möglich, die Nummer des Anrufenden zu verändern.
  • Mach Verwandte und Bekannte auf diese Betrugsmasche aufmerksam.
Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon