Beschwerde der Parat-Partei gutgeheissen

Entlassener Heilmittelinspektor: Bundesgericht rügt Zug

Wie weit geht die Justizöffentlichkeit im Fall Ludek Cap? Das Bundesgericht hat entschieden. (Bild: ber)

Der Zuger Heilmittelinspektor Ludek Cap wurde nach einem Knatsch freigestellt. Die Parat-Partei will die Akteneinsicht, bekommt sie allerdings nicht. Das Bundesgericht hat sich mit der Frage der Zuger Justizöffentlichkeit befasst.

Schauen wir zuerst, was überhaupt passiert ist. Der Zuger Heilmittelinspektor Ludek Cap wurde freigestellt, nachdem er gegen den Kantonsarzt und den Gesundheitsdirektor Strafanzeige eingereicht hatte (zentralplus berichtete). Die beiden wollten laut Cap eine Kontrolle in einer Arztpraxis verhindern (zentralplus berichtete).

Die Partei Parat und deren Präsident Stefan Thöni, will seit längerem eine Akteneinsicht in diesem Fall (zentralplus berichtete). Die Partei möchte herausfinden, weshalb die Zuger Staatsanwaltschaft nicht gegen den Regierungsrat ermitteln will. Diesem Wunsch nach Öffentlichkeit ist das Obergericht damals nicht nachgekommen. Da die Akten für Parat weiterhin geschlossen bleiben, zieht die Partei 2021 den Fall weiter ans Bundesgericht.

Justizöffentlichkeit ist ein Grundrecht

Nun ist der Entscheid des Bundesgerichts da. Das Urteil liegt zentralplus vor. Besteht für den Parat-Präsidenten ein aktuelles Interesse, die Akten einsehen zu dürfen? Bis dies abgeklärt ist, vergeht laut Urteil zu viel Zeit.

Und weiter: «Die aufgeworfene Frage betrifft zudem die Anwendung der Justizöffentlichkeit, eines in der Verfassung verankerten Grundrechts: der Frage kommt grundsätzliche Bedeutung zu und deren Beantwortung liegt ohne Weiteres im öffentlichen Interesse.» Damit verzichtet das Bundesgericht darauf, dass ein «aktuelles Interesse» besteht. Die Justizöffentlichkeit bringt das Gericht zum Fazit: «der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert.»

Bundesgericht rügt Intransparenz der Zuger Staatsanwaltschaft

Werden mit der öffentlichen Einsicht in die Akten Geheimhaltungsinteressen (Persönlichkeitsrechte) verletzt, kann die Einsicht eventuell verwehrt bleiben. Wie das Bundesgericht schreibt, ist dies beim Fall in Zug nicht gegeben. Weder die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug noch die Vorinstanz kamen zum Schluss, dass die Privatsphäre der Prozessbeteiligten durch eine Einsichtnahme tangiert oder gar verletzt werde.

Da auch das Verfahren zugunsten der Regierung abgeschlossen ist, brauchen auch die Namen der Politiker nicht zusätzlich Schutz. Auch hat der ehemalige Zuger Heilmittelinspektor formell sein Einverständnis zur Einsicht gegeben.

Parat-Partei freut sich über das Urteil

Abschliessend steht im Urteil: «Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde gutzuheissen und die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Diese wird eruieren müssen, ob allfällige andere Geheimhaltungsinteressen bestehen.»

Dieses Urteil freut die Partei. «Der bundesgerichtliche Entscheid ist ein wichtiger Sieg für die Öffentlichkeit unserer Justiz und bringt hoffentlich ein bisschen mehr Licht in die causa Heilmittelinspektor», sagt Parat-Präsident, Stefan Thöni.

Das Urteil ist laut Thöni auch eine Aussage, dass die Schweizer Justizmühle schneller drehen kann. Dies freut ihn an dem Bundesgerichtsentscheid besonders. «Das bedeutet, dass es in der Schweiz zeitnahe Auskünfte gibt, und nicht gewartet werden muss, bis alle Rechtsmittel verstrichen sind.»

Mit dem Urteil endet die Geschichte wohl noch lange nicht

Wie geht es nun weiter? Wird Parat bald die Akteneinsicht bekommen? Parteipräsident Thöni glaubt noch nicht daran. «Der Entscheid, ob wir Einsicht bekommen, hängt jetzt beim Obergericht. Die haben vermutlich auf das Bundesgericht gewartet.»

Er befürchtet, dass die Geschichte in Zug wieder ein ähnliches Ende nehmen wird wie beim ersten Anlauf. «Das öffentliche Interesse ist gross. Ich vermute, das Obergericht legt nun noch was Neues nach. Am Ende entscheidet das Gericht dann wohl wieder gegen uns.»

Hinkt die Schweiz bei der Justizöffentlichkeit hinterher?

Stefan Thöni ist der Meinung, dass die Schweiz in Bezug auf die Justizöffentlichkeit hinterherhinkt. «Es ist ein grundsätzliches Problem. Es wird in ganz kleinen Schritten zwar besser – nach wie vor veröffentlichen die meisten Gerichte in der Schweiz einen Grossteil der Urteile nicht.»

Es sei wie bei einem Eisberg. In der Schweiz sind nur wenige Prozent der Urteile sichtbar, der Rest bleibt im Verborgenen. «Ich verstehe dies nicht. In vielen anderen Ländern wird dies nicht so gehandhabt», meint Thöni.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung Parat-Partei
  • Telefongespräch mit Parat-Präsident Stefan Thöni
  • Mailverkehr mit Stefan Thöni
  • Bundesgerichtsurteil fB_103/2021
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 24.03.2022, 10:34 Uhr

    Die Intransparenz ist der Drillingsbruder von Vetternwirtschaft und Korruption. Ein Bravo für die Hartnäckigkeit von Ludek Cap und Stefan Thöni!

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon