In einem Luzerner Reisebüro soll die albanische Drogenmafia Geld gewaschen haben. Es geht um Hunderte Kuriere, Clan-Strukturen und Millionen von Franken.
Im vergangenen September schlugen die Luzerner Polizei und das Fedpol zu. Das Ziel: ein Reisebüro an einer dicht befahrenen Hauptstrasse mitten in der Stadt Luzern. Gleichzeitig schlugen die Ermittler in Basel zu. Neun Hausdurchsuchungen und sechs Festnahmen, das ist die Bilanz des gross angelegten Polizeieinsatzes (zentralplus berichtete).
«Die Intervention fand im Rahmen eines Strafverfahrens der Bundesanwaltschaft statt, die sich auf die Ermittlungen von der Luzerner Polizei und der Bundeskriminalpolizei von Fedpol stützen konnte. Das Verfahren wird zurzeit gegen mehrere natürliche Personen geführt wegen des Verdachts der Beteiligung an respektive Unterstützung einer kriminellen Organisation», liess die Bundesanwaltschaft damals verlauten. Mehr aber nicht. Recherchen von zentralplus zeigten schon im September: Es geht um die albanische Drogenmafia.
Millionen von Franken sollen durch Reisebüro geflossen sein
Bestätigt wird das nun durch ein aktuelles Urteil des Bundesstrafgerichts. Es geht darin eigentlich um ein Haftentlassungsgesuch einer der mutmasslich involvierten Personen – einem Kurier, der in dem Luzerner Geschäft Drogengeld abgeliefert haben soll. Das Urteil gibt aber konkretere Einblicke, was genau in und um das auf Balkanreisen spezialisierte Reisebüro geschehen war.
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wie viel Geld in Luzern gewaschen worden sein soll
wie unantastbar die Mafiaköpfe sich fühlten
wie oft das Reisebüro von Drogenkurieren besucht worden sein soll
Der Vorwurf: Der Inhaber und seine Söhne sollen der Balkanmafia geholfen haben, Drogengelder ins Ausland zu transferieren. Die Rede ist von sieben Millionen Franken, die sie gewaschen hätten.
Täglich grüsst der Drogendealer
Seit 2022 hatte die Polizei das Büro im Visier. Allein im Zeitraum von März 2022 bis Februar 2023 stellten die Ermittler über 750 Besuche von mutmasslichen Drogenläufern beim Reisebüro fest. Das sind mehrere Besuche pro Tag.
Die mutmasslichen Komplizen im Reisebüro sollen das Geld entgegengenommen und nach Albanien geschickt haben. Dies entweder per Transport oder mit dem sogenannten Hawala-System. Das ist ein Zahlungssystem, das unabhängig von Banken funktioniert.
Der kosovarische Inhaber des Reisebüros, dessen zwei Söhne und eine langjährige Mitarbeiterin wurden bei der Aktion im September verhaftet.
«Können nie verhaftet werden»
Das Urteil gibt weiter Einblick in die Strukturen der Dealer und in ihr Gebaren. Unantastbar sollen sich die Verantwortlichen gefühlt haben. Davon zeugt die Überwachung der Polizei einer der führenden Köpfe des Drogenrings. «Wir können nie von der Polizei verhaftet werden, weil wir haben keine Spuren», soll er laut einer Aufzeichnung der Polizei zum Sohn des Reisebüros gesagt haben.
Die Beteiligten der Mafia sollten miteinander «geschäftlich, freundschaftlich und/oder familiär» verbunden sein, heisst es im Urteil des Bundesstrafgerichts. Die Ermittler sprechen von Clans. «Alles sind unsere Leute. Auch der, der gekommen ist, den habe ich, seit er Kind war, grossgezogen», lautet ein weiteres Zitat aus der Überwachung. Wiederum stammt es von der zentralen Figur in der Bande.
Im Konstrukt tauchen neben dem Luzerner Reisebüro weitere Unternehmen auf. Reinigungsfirmen zum Beispiel. Dort sollen etwa fiktive Rechnungen ausgestellt worden sein, um die Herkunft des Drogengeldes zu verschleiern.
Betreiber von Reisebüro nicht erreichbar
Unklar bleibt noch, wie tief die Betreiber des Reisebüros im Sumpf der Drogenmafia drinsteckten. Der Drogenkurier, um den es im aktuellen Bundesstrafgerichtsurteil eigentlich geht, soll den Ermittlern gegenüber angegeben haben, die Besitzerfamilie seien nur Bekannte. Und er habe dort nur Flugtickets gekauft. Die Ermittler glauben aber nicht daran.
Wie der «Tagesanzeiger» schreibt, sind der Betreiber des Reisebüros und seine Söhne für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Das Büro in Luzern ist diese Woche geschlossen. Das Verfahren gegen sämtliche Beteiligten läuft derweil weiter. Es gilt für alle die Unschuldsvermutung.
Apropos: Das Bundesstrafgericht hat das Haftentlassungsgesuch abgelehnt.
Schreibt gerne über harte Fakten und skurrile Aufreger. Seit über zehn Jahren Journalist bei Online, Print und Fernsehen. Für zentralplus schreibt der Wahl-Luzerner seit 2024.