Trauriger Hintergrund

Das steckt hinter dem Gipfeli-Überfall in Zug

Der Mann, der mit einem Gipfeli die Post in Zug überfallen haben soll, befand sich in einem psychischen Ausnahmezustand. (Bild: unsplash.com/Nik Shuliahin)

Ein maskierter Mann hat im Oktober die Laubenhof-Post in Zug betreten und mit einem Gipfeli in der Hand Geld gefordert. Der Fall machte schweizweit Schlagzeilen. So kurios er anmutet, so ernst sind die Hintergründe.

Was war los an diesem Freitagmorgen in der Post Laubenhof? Das dürfte sich wohl so manche gefragt haben, die an diesem Tag die Nachrichten verfolgt hat. «Mit Geister-Maske und Gipfeli bewaffnet: Mann will Post überfallen» titelte «Pilatus Today». «Mann bedroht Post-Kunden mit Gipfeli» lautete die Schlagzeile im «Blick».

Jetzt zeigt sich: Hinter der Meldung verbirgt sich eine tragische Geschichte. Wie aus einem Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts hervorgeht, handelt es sich bei dem Maskierten um einen 40-jährigen Mann, der an einer schweren psychischen Erkrankung leidet.

Ein Wechselbad der Gefühle prägt das Leben des Mannes

Er hat eine bipolare Störung. Früher wurden die Betroffenen als manisch-depressiv bezeichnet. Es handelt sich um Menschen, deren Stimmung von Phasen höchster Euphorie in tiefste Traurigkeit wechselt. In einer manischen Phase können sie teilweise kaum ruhig sitzen. Sie schmieden grosse Pläne, haben eine unbezähmbare Energie und manchmal regelrecht grössenwahnsinnige Ideen.

Es kann vorkommen, dass Betroffene sich zum Beispiel teure Autos kaufen, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Im vorliegenden Fall wollte der Mann 22'000 Franken von seinem Konto abheben, um auszuwandern (zentralplus berichtete). Weil er beim Betreten der Post aber eine Maske trug und ein Gipfeli wie eine Pistole in der Hand hielt, als er das Geld verlangte, versetzte er nicht nur die Mitarbeiterin am Schalter, sondern auch die Kunden in Angst und Schrecken (zentralplus berichtete).

Zwangseinweisung in die Psychiatrie

Aus diesem Grund wurde die Polizei gerufen, die den Mann kurz nach dem angeblichen Überfall in einer Bar aufgriff. Weil er einen konfusen Eindruck machte, wurde er daraufhin in eine psychiatrische Klinik eingewiesen – obwohl er das nicht wollte.

Das ist der Grund, weshalb sich das Zuger Verwaltungsgericht einige Tage später mit dem Fall auseinandersetzen musste. Der Mann wehrte sich gegen die Zwangseinweisung. In einer Anhörung sagte er aus, er habe in der Bar mit der Maske ein Halloween-Video drehen wollen und sie deshalb dabei gehabt, als er zur Post ging. Das Gipfeli habe er von einem Bekannten bekommen.

Am Schalter habe er explizit gesagt, dass es sich nicht um einen Überfall handle. Inzwischen könne er allerdings nachvollziehen, dass das von den Umstehenden anders aufgefasst wurde. Er habe sicher eine Grenze überschritten. Er habe allerdings nicht gewusst, dass es verboten sei, eine Vollmaske zu tragen – zumal er diese ganz normal in einem Laden habe kaufen können.

Der Mann ist ein unbeschriebenes Blatt

Das Gericht hatte nun zu beurteilen, ob der Mann behandelt werden muss – und ob es aufgrund einer potenziellen Selbst- oder Fremdgefährdung verhältnismässig ist, dies unter Zwang zu tun. Wie aus dem Urteil hervorgeht, hat der Mann zuvor nie jemanden angegriffen. Erst in der Klinik geriet er ausser Rand und Band. Er bedrohte das Pflegepersonal und wurde sogar gewaltätig, sodass die Klinikleitung entschied, ihn mehrere Tage physisch zu fixieren.

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anhörung jedoch hatte sich der Mann wieder beruhigt und sah ein, dass ein solches Verhalten nicht tolerierbar ist. Das Gericht kam daher zum Schluss, dass eine sogenannte fürsorgerische Unterbringung nicht rechtens ist. Gemäss Urteil wird er allerdings weiterhin von seinem langjährigen Psychiater ambulant betreut.

Verwendete Quellen
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