Schon wieder Anzeige

Das sind alle Gerichtsfälle von Mass-Voll-Chef Rimoldi

Nicolas A. Rimoldi mit einer Zigarre an einer Demo gegen die Coronamassnahmen. Wegen der Teilnahme an solchen bekam er bereits mehrfach Ärger. (Bild: zvg)

Nicolas Rimoldi muss demnächst gleich zweimal vor Gericht auftauchen – in Bern und Zürich. Das geschieht wahrlich nicht zum ersten Mal. Hier eine Übersicht.

Drohung und Nötigung in Bern, Verleumdung in Zürich – das sind die Vorwürfe der jeweiligen Staatsanwaltschaften gegen Mass-Voll-Chef Nicolas Rimoldi. In beiden Kantonen hatte die Juso den Luzerner angezeigt. So soll Rimoldi im Rahmen einer Anti-Mass-Voll-Demo in Bern auf Telegram geschrieben haben: «Sollten sie Grenzen überschreiten, landen sie in der Notaufnahme.»

Damit habe er die Co-Präsidentin der Berner Juso «wissentlich und willentlich in Angst und Schrecken versetzt», heisst es in der Anklageschrift aus Bern. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn an, beantragt aber einen Freispruch.

In Zürich hat ihn der frühere Juso-Präsident und jetzige SP-Kantonsrat Nicola Siegrist wegen Verleumdung angezeigt. Der Mass-Voll-Anführer hatte ihn auf der Plattform X als Faschisten, Terroristen, Verfassungsfeind und Nationalsozialisten bezeichnet. Bis die Urteile vorliegen, gilt die Unschuldsvermutung.

Es sind die jüngsten Kapitel in der Geschichte von Rimoldis Gang durch die Gerichte. Seit der Pandemie geriet der Luzerner aus verschiedenen Gründen immer wieder mit der Justiz in Konflikt.

1. Polizisten behindert, Maske verweigert, Verkehr gestört

Der erste grosse Prozess fand im November 2022 statt. Rimoldi stand vor dem Bezirksgericht. Die Vorwürfe: Störung des Polizeidienstes, Hinderung einer Amtshandlung, Nötigung, Nichttragen einer Maske, Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration – die Liste ist lang.

Es ging um Demonstrationen von Mass-Voll im Jahr 2021. Die Gruppierung hatte dabei den Verkehr behindert, Rimoldi geriet mit einem Polizisten aneinander. Er hinderte ein Polizeifahrzeug an der Wegfahrt, als alt Bundesrat Alain Berset im Oktober 2021 im Verkehrshaus zu Besuch war. Und wurde wegen nicht getragener Maske angeklagt.

Der Mass-Voll-Chef zog am Prozesstag mit einer Kundgebung und einer Schar von 150 Gleichgesinnten zum Gericht, das aufgrund des Besucherandrangs im Rütlisaal tagte.

Vor Gericht versuchte er, seine Rolle bei den Kundgebungen kleinzureden, und plädierte auf einen Freispruch. Doch vergebens. Das Bezirksgericht verurteilte Rimoldi zu einer bedingten Geldstrafe.

2. Rimoldi will Urteil nicht auf sich sitzen lassen

Das liess dieser nicht auf sich sitzen. Er zog den Fall weiter. Im Herbst 2023 kam es zur Berufungsverhandlung vor dem Kantonsgericht. Dieses bestätigte das Urteil und bestrafte Rimoldi mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 70 Franken sowie einer Busse von 375 Franken. Auch die 3500 Franken Verfahrenskosten musste er berappen. Dagegen hat Rimoldi erneut Beschwerde eingelegt. Der Fall ist derzeit vor Bundesgericht hängig und geht in eine weitere Runde. Ein Termin ist noch nicht bekannt.

3. Rimoldi darf als «Querulant» bezeichnet werden

Noch im selben Jahr, im November 2023, zog Rimoldi selbst vor Gericht. Der «Sonntagsblick» hatte ihn in einem Artikel als «Querulanten» betitelt. Das gefiel dem Luzerner nicht, und er klagte vor dem Zürcher Bezirksgericht wegen Ehrverletzung. Das Gericht kam aber zum Schluss, dass die Bezeichnung nicht ehrverletzend sei, und wies Rimoldi ab.

4. Kurzzeitig in Polizeigewahrsam

Ebenfalls 2023 geriet Rimoldi in Basel kurzzeitig in Polizeigewahrsam. Basel hatte eine angekündigte Mass-Voll-Demo in ein nahes deutsches Städtchen verlegt. Statt der Massnahmen-Kritiker demonstrierten in Basel dann linke Gruppierungen unter dem Slogan: «Basel-Nazifrei».

Sie hatten Mass-Voll auf dem Kieker. Die unbewilligte Demonstration von «Basel-Nazifrei»  eskalierte. Die Polizei wurde bedrängt. Es kam zu zig Festnahmen. Darunter auch Rimoldi, der sich selbst in Basel gezeigt hatte. Als Schutzhaft bezeichnete es die Polizei. Rimoldi nannte die Festnahme später eine «illegale Haft» und hat ein Beschwerdeverfahren gestartet. Sieben Stunden später war er wieder frei.

5. Video, Schüsse auf Jesusbild und Busse wegen Demo-Teilnahme

2024 waren Mass-Voll und die Leitfigur Rimoldi mehrfach mit Anzeigen und Prozessen konfrontiert. In Bern etwa fand ein Prozess gegen die Organisation statt, weil eine Aussage Tamara Funiciello für ein Video zweckentfremdet hatte. In diesem sagt die SP-Nationalrätin: «Es ist unser Körper – und es ist unsere Entscheidung.» «My body, my choice» also – ein bekannter feministischer Slogan. Das Gericht wies die Gruppierung an, das Video zu löschen.

Mass-Voll konnte aber in diesem Zug aber auch einen Sieg verbuchen. Funiciello hatte in einem weiteren Verfahren eine Strafzahlung gefordert. Diese lehnte das Gericht ab.

Im August 2024 bekam Rimoldi zudem eine Busse, weil er an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen hatte, die sich gegen die WHO richtete. Rimoldi hat dagegen Beschwerde eingereicht. Demnächst findet eine Verhandlung vor dem Luzerner Bezirksgericht statt.

Und schliesslich wurden Rimoldi und Mass-Voll im Herbst 2024 angezeigt, nach dem Skandal um die Politikerin Sanija Ameti. Diese hatte mit einer Pistole auf ein Jesusbild geschossen und damit eine Welle der Entrüstung losgetreten. Sie wurde stark angefeindet. In den sozialen Medien forderte Rimoldi die Ausschaffung Ametis. Ein Luzerner Jurist zeigte daraufhin Rimoldi wegen Ehrverletzung sowie Rassendiskriminierung an. Die Anzeige scheiterte aber.

Dafür musste er seinen Badge fürs Bundeshaus abgeben, den ihm ein damals befreundeter Parlamentarier beschafft hatte.

6. Daten über Rimoldi und Mass-Voll bleiben geheim

Anfang 2025 gelangte der Luzerner schliesslich selbst ans Bundesverwaltungsgericht. Es ging um Daten, die der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) über Rimoldi und Mass-Voll sammelt. Der Präsident des Vereins wollte wissen, welche das sind, bekam diese aber verweigert. Dagegen hat der 30-Jährige eine Beschwerde eingereicht.

Rechtlich gesehen ist die Sammlung der Daten heikel. Der NDB darf keine «Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit» sammeln. Der Geheimdienst sagt, dass er nicht an Rimoldis politischen Tätigkeiten interessiert sei. Personen im Umfeld von Mass-Voll-Veranstaltungen würden aber «die Anlässe für ihre Zwecke missbrauchen und auf diese Weise die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährden». Wer, wurde nicht weiter genannt.

Letztlich gab das Bundesverwaltungsgericht dem Nachrichtendienst recht. Rimoldi erhält nach wie vor keinen Einblick in die über ihn gesammelten Daten, da sonst geheime Informationen offenbart würden.

7. Rechtliches Nachspiel nach Gegendemo in Einsiedeln?

Ende Februar dieses Jahres demonstrierte linke Gruppen in Einsiedeln unter dem Slogan «Demo gegen rechts» gegen AFD-Politikerin Alice Weidel, die dort ihren Wohnsitz hat. Die Demo war bewilligt. Mass-Voll rief zur Gegendemo auf – unbewilligt. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort, es kam zu zahlreichen Wegweisungen. Rimoldi wurde gar verhaftet.

Mass-Voll hat daraufhin gegen die Verhaftung und die Wegweisungen zwei Beschwerden eingereicht. Das Verfahren läuft, ein Entscheid ist noch ausstehend.

Gegen Rimoldi und Mass-Voll selbst ging aber ebenfalls eine Strafanzeige ein. Dies wegen öffentlicher Aufforderung zur Gewalttätigkeit und Landfriedensbruch. Urheber der Anzeige ist wiederum der Luzerner Anwalt. Die unbewillgte Gegendemo könnte also auch für den Verein und seinen Präsidenten Konsequenzen haben.

8. Freispruch nach Demo gegen Impfdorf

2021 demonstrierten Anhänger von Mass-Voll gegen das Impfdorf im Zürcher Hauptbahnhof. Die Demonstrierenden wurden durch die Polizei kontrolliert und weggewiesen. Mehrere Teilnehmer erhielten einen Strafbefehl und hätten 200 Franken bezahlen müssen. Dagegen wehrten sie sich vor Gericht – mit Erfolg. Der Grossteil der Einsprecher wurde vor dem Bezirksgericht Zürich freigesprochen.

Dagegen wehrte sich wiederum das Stadtrichteramt der Stadt Zürich – erfolglos. Das entschied kürzlich das Zürcher Obergericht. Es bestätigte die Freisprüche vollumfänglich. Die Polizei dürfe nur Wegweisungen aussprechen, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist. Und dafür hätten keine Beweise vorgelegen, lautete das Verdikt.

Dies sind (fast) alle Gerichtsfälle von Nicolas Rimoldi. Die Anzahl an kleineren Festnahmen und Instanzenwechseln bei Gerichtsfällen ist schwer überblickbar. Dieser Artikel wird fortgeführt und laufend ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Medienarchiv zentralplus
  • Diverse Artikel verschiedener Medien
  • Urteil der Luzerner Gerichte
  • Schriftlicher Austausch mit Nicolas Rimoldi
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