Ein Mann hat sich mit dem Coronavirus angesteckt, als er in einem Zuger Pflegeheim einen Zivilschutz-Einsatz geleistet hat. Er sagt: Die Heimleitung hat Schuld. Sie habe nichts unternommen, um ihn vor einer Infektion zu schützen.
Um die Corona-Pandemie zu bewältigen, hat der Bund den Zivilschutz teilweise in Altersheimen eingesetzt. Damit sollte eine Überlastung des Pflegepersonals verhindert werden. So auch im Kanton Zug.
Ein Zuger Zivilschützer aber hat seinen Einsatz schwer bereut. Er infizierte sich mit dem Coronavirus. Für ihn ist klar: Die Ansteckung ist auf seine Arbeit in dem Heim zurückzuführen. Er erhebt gegen die Heimleitung schwere Vorwürfe. Das Pflegezentrum habe kein Schutzkonzept erstellt und auch die Einhaltung der Schutzmassnahmen nicht überwacht. Die Zivilschützer hätten in den Pausen ohne genügenden Abstand mit dem Pflegepersonal zusammengesessen.
Er sagt: Es gab kein Schutzkonzept
Der Mann hat die Heimleitung wegen fahrlässiger Körperverletzung angezeigt. Diese wehrt sich gegen die Vorwürfe. Es sei gar nicht gesagt, dass sich der Zivilschützer wirklich im Pflegezentrum angesteckt habe. Ein Schutzkonzept habe selbstverständlich vorgelegen und sei auch umgesetzt worden. Vielleicht habe sich der Zivilschützer halt einfach nicht daran gehalten.
«Eine gutachterliche Analyse des Virusstammes zum Nachvollzug des Orts der Ansteckung ist bei Sars-CoV-2 nicht möglich.»
Aus dem Urteil
Diesen Vorwurf lässt der Mann nicht auf sich sitzen. Es lägen weder ein schriftliches Schutzkonzept noch Protokolle über Stichproben oder Vor-Ort-Besichtigungen vor. Tatsächlich hat die Heimleitung gegenüber der Staatsanwaltschaft offenbar lediglich eine E-Mail vorgelegt, um zu beweisen, dass es ein Schutzkonzept gegeben hat.
Trotzdem hat die Zuger Staatsanwaltschaft entschieden, gar nicht erst ein Strafverfahren zu eröffnen und Ermittlungen anzustellen. Der Grund: Aus ihrer Sicht ist dies von vornherein aussichtslos.
Zivilschützer soll sich anderswo mit Covid angesteckt haben
Für den Zivilschützer ist das nicht nachvollziehbar; er wendet sich deshalb an das Obergericht. Dieses soll die Staatsanwaltschaft anweisen, den «belastenden Tatsachen» doch noch nachzugehen.
Die Staatsanwaltschaft verfügt eine sogenannte Nichtanhandnahme, wenn die Straftatbestände «eindeutig nicht erfüllt» sind, wie es in der Strafprozessordnung heisst (zentralplus berichtete). Im konkreten Fall der Körperverletzung bedeutet das: Es muss ein direkter Zusammenhang bestehen zwischen dem Verhalten der Heimleitung und der Corona-Infektion.
Das Problem: «Eine gutachterliche Analyse des Virusstammes zum Nachvollzug des Orts der Ansteckung, wie dies etwa bei der Ansteckung mit HIV teilweise durchgeführt werden kann, ist bei Sars-CoV-2 nicht möglich», heisst es im Urteil des Obergerichts. Zwar sei dem Zivilschützer zuzustimmen, dass eine Ansteckung im Pflegezentrum «durchaus wahrscheinlich» sei.
Zum Ärger kommen nun die Kosten
Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass er sich in der Wohngemeinschaft, beim Einkaufen, beim Benutzen eines Lifts oder auf dem Weg zur Arbeit infiziert hat. Und Zweifel gehen bekannterweise zugunsten des Angeklagten. Heisst: Eine Verurteilung wäre auch nach intensiveren Ermittlungen nicht möglich.
Das Obergericht Zug kommt deshalb zum Schluss, dass die Staatsanwaltschaft den Vorwürfen zu Recht nicht weiter nachgegangen ist. Neben der Covid-Erkrankung und dem Ärger kommen auf den Zivilschützer deshalb nun beträchtliche Kosten zu. Er muss insgesamt 800 Franken für Gebühren und Auslagen bezahlen.
- Urteil BS 2021 82 des Zuger Obergerichts
- Art. 125 Strafgesetzbuch
- Art. 310 Strafprozessordnung