Trendgetränk aus Japan

Junmai oder «Kopfweh»-Gebräu? Ein Zuger Sake-Meister klärt auf

Charly Iten begeistert sich schon seit Jahren für die japanische Kultur – und den Reiswein Sake. (Bild: zvg)

Die japanische Kultur ist für Europäer oft ein grosses Fragezeichen. Das gilt auch für die Kulinarik. Einer der durchblickt, ist der Zuger Sake-Meister Charly Iten. Mit Workshops und Kursen versucht er, uns die Welt des trendigen Reisweins näherzubringen.

Für den Durchschnittsschweizer bedeutet Japan vor allem Sushi, technologische Errungenschaften und vielleicht noch die atomstrahlspuckende Städtebaumassnahme namens Godzilla. Dass die japanische Kultur in den vergangenen Jahren immer tiefer in das Schweizer Bewusstsein dringt, hat nicht zuletzt auch mit der Jugendkultur zu tun. Mangas, Animés, J-Pop oder das asiatische Filmschaffen – immer häufiger beschäftigen sich Schweizer Kids und Teenager mit dem kreativen Schaffen aus dem Land der aufgehenden Sonne.

Erwachsene spüren den Einfluss vermutlich eher im Bereich der Kulinarik – zum Beispiel beim japanischen Reiswein Sake. «Die japanische Küche ist in der Schweiz angekommen», sagt Japan-Experte Charly Iten auf Anfrage von zentralplus. Iten beschäftigt sich seit Jahren mit der japanischen Kultur und ganz besonders mit dem Sake. Er wurde Ende 2018 zum ersten Sake-Meister der Schweiz gekürt. Iten war eine von nur acht Personen, welche die damals weltweit zum ersten Mal durchgeführten und höchst anspruchsvollen Prüfungen zum Master Sake Sommelier SSA im Hauptquartier in London ablegte – und bestand (zentralplus berichtete). Bis heute ist er immer noch der einzige SSA-Master in der Schweiz.

Eine komplexe Welt

Und sein Wissen wird weitherum geschätzt. Auch darum, weil die Welt des Sake komplex und verzweigt ist und man als Neuling nur schwer durchblickt, worauf zu achten ist. Denn auch wenn die Herstellung von Sake der von hiesigem Wein an gewissen Stellen ähnelt, sind die Unterschiede doch gravierend genug, um schnell überfordert zu sein. Dass die importierten Sakes oft noch mit japanischer Beschriftung daherkommen, hilft dahingehend auch nicht gerade weiter.

Auch wenn in der Vergangenheit immer mehr asiatische Lokale eröffnet haben, die traditionelle Speisen und auch Sake anbieten, kann man sich gemäss Iten trotzdem nicht immer darauf verlassen, Qualitätsware zu bekommen. «Bei uns gab es lange nur massenproduzierten, qualitativ mangelhaften Sake.» Und über Qualität weiss Iten Bescheid. Alleine an der Prüfung zu seinem Master-Titel musste er von 70 verschiedenen Sorten die Hälfte einzig am Geruch und Geschmack erkennen.

Iten ist der erste Schweizer Sake-Meister überhaupt. (Bild: zvg)

Es gäbe noch viele Klischees und Vorurteile zu überwinden, weil die qualitativ hochwertigen Sakes oft noch nicht probiert worden seien, findet Iten. Das liegt nicht selten auch daran, dass die kompetente Bedienung fehlt – im Restaurant oder beim Händler. «Das macht es für die Kundschaft nicht einfach, sich für den richtigen Sake zu entscheiden.»

Von Premium bis «Kopfweh»-Qualität

Über seinen Webshop bietet Iten vor allem den sogenannten Premium-Sake an, ein Getränk, das mit dem in Restaurants oft noch aufgetischten Gebräu meist wenig zu tun hat. Der Unterschied liegt dabei in der Herstellung. So entscheidet nicht nur der Polierungsgrad des Reises – die Reiskörner werden bei der Sake-Herstellung poliert und «abgeschliffen», je stärker poliert, desto edler und geschmackvoller der Sake –, sondern auch die Zugabe von weiterem Alkohol, Aroma- und Farbstoffen darüber, ob man es mit einem Premiumprodukt oder einer weniger noblen Variante zu tun hat, unter denen es regelrechte «Kopfweh-Sakes» gibt, wie Iten bemerkt.

«Es gibt keine Universallösung. Geschmäcker sind immer verschieden.»

Charly Iten, Sake-Meister

Beim Junmai beispielsweise handelt es sich um die allerreinste Form von Sake. Für die Herstellung wird nur Wasser, gedämpfter Reis, Koji – ein zusätzlicher Reis, der mit einem aktiven Schimmelpilz die für die Gärung nötige Glukose freisetzt – Hefe und Milchsäure verwendet. Wie Iten uns erklärt, werden diese Premium-Sake idealerweise kühl serviert. Eine Tatsache, die bei seinen Kunden oft für erstaunte Blicke sorgt, hat sich im Allgemeinbewusstein doch festgekrallt, dass Sake warm genossen wird. «Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig», sagt Iten. «Ich sehe mich als ‹Missionar› in Sachen Sake», ergänzt er lachend.

Persönlicher Geschmack entscheidet

Letztlich ist also auch die Temperatur des Getränks entscheidend. Im Gegensatz zu hiesigem Wein kann Sake mit einer Temperatur zwischen 5 und 55 Grad getrunken werden – mit verschiedenen Resultaten. Der warm servierte Sake hat vor allem in den kälteren Monaten Tradition in Japan. Da wird er gerne als wärmende Stärkung getrunken, verliert aber durch zu starkes Erhitzen auch die filigranen Duftnuancen. Und Vorsicht: Je höher die Temperatur, desto schneller steigt einem der Alkohol in den Kopf. Der Profi empfiehlt: «Wenn er gekühlt schon ein gutes Bouquet hat, sollte man ihn nicht über 30 Grad erhitzen.»

Wie aber findet man sich als Neuling im Dschungel der Sake-Variationen zurecht? Nebst seinen eigenen Workshops und Kursen hat Iten auch ein simples Rezept: «Ein paar Flaschen kaufen und selber ausprobieren, was einem gefällt.» Grundsätzlich können Präferenzen beim Wein, beispielsweise ob man eher schwere oder trockene Tropfen mag, auch auf Sake angewendet werden. Denn nicht zuletzt gilt: «Es gibt keine Universallösung. Geschmäcker sind immer verschieden.»

Der Meister lehrt

Iten ist sich der Komplexität der Thematik bewusst und hat sein Angebot auch dementsprechend ausgerichtet. Über seine Website findet man nicht nur Shopping-Guides, die Hilfestellungen vermitteln, sondern auch eine Nummer für das «Sake-Telefon», über welches er Beratungen anbietet. «Sake-Anbieter gibt es mittlerweile viele. Ich finde aber die richtige Beratung mindestens so wichtig wie den Verkauf.»

«Ich will den Teilnehmenden bei meinem Workshop aufzeigen, dass Sake auch mit hiesiger Küche kombiniert werden kann.»

Charly Iten, Sake-Meister

Ebenfalls bietet er verschiedene Workshops, Degustationen und Schulungen an, die sich sowohl an Laien als auch Gastro-Profis richten.

Umami ist das Ziel

Itens Fähigkeiten und Kenntnisse sind auch in der Kulinarik immer wieder gefragt. So ist Charly Iten auch an der diesjährigen Ausgabe des «Genuss Film Festival» in Zug vertreten (zentralplus berichtete). Es ist sein dritter Einsatz für das Festival und der zweite mit seinem Workshop «Sake Food Pairing». «Ich will den Teilnehmenden bei meinem Workshop aufzeigen, dass Sake auch mit hiesiger Küche kombiniert werden kann.»

Bei der letzten Ausgabe hat er beispielsweise für Aha-Erlebnisse gesorgt, als er zu einem Urschweizer Menü – Hackbraten mit Kartoffelstock und Bratensauce – einen Sake gereicht hat und damit ein Umami-Erlebnis erzeugt hat. Umami, also die fünfte Geschmacksrichtung, beschreibt eine Vollmundigkeit, Schmackhaftigkeit, die künstlich durch Glutamat oder natürlich mittels Glutamin-Säure erreicht wird. Und genau diese Säure findet sich bei Sake mehr als bei vielen anderen Getränken.

Iten schätzt die Zusammenarbeit mit dem Festival – und den Besuchern. «Die Workshops haben bei den Festivalbesuchenden einen grossen Anklang gefunden. Für sie war das ein komplett neuer Umgang mit Sake», so Iten. «Und für mich sind solche Reaktionen eine Genugtuung.»

Mehr über das Festival und Charly Itens Sake-Workshop findest du hier.

zentralplus ist Medienpartner des «Genuss Film Festivals» in Zug

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