Jolanda Epprecht illustriert für Luzerner EM-Album

Jürgen Klopp im Blumenhemd ebnet den Weg ins Tschuttiheftli

Zusätzlich zu den Spielern und Wappen gestalten die Illustratoren ein Selbstportrait für das tschutti heftli. (Bild: esa)

Das «Tschuttiheftli» ist mittlerweile Kult und dafür Kunst zu gestalten eine Ehre. Jolanda Epprecht ist neben Tanja Skalsky und Roland Burkart eine von drei Luzernerinnen, deren Arbeit aus 122 Einsendungen beim Illustratoren-Wettbewerb zur EM 2020 ausgewählt wurde. zentralplus hat sie in ihrem Atelier besucht.

Jolanda Epprecht ergatterte sich zur diesjährigen Fussball-EM einen der prestigeträchtigen 24 Plätze im Tschuttiheftli. Das alternative Sammelalbum mit den individuell gestalteten Spielerbildern geht 2020 bereits in die siebte Ausgabe. Mittlerweile hat das Luzerner Kunstprojekt einen internationalen Ruf und entsprechend wächst die Konkurrenz beim Illustratoren-Wettbewerb.

Schönheit im Handwerk

Für die Ausschreibung einer Ausgabe des Hefts wird von allen Kunstschaffenden ein Portrait derselben Fussballpersönlichkeit verlangt. Zur WM 2018, für die sich Jolanda Epprecht erstmals bewarb, war es Maradona. «Damals habe ich einfach etwas gemacht, ohne wirklich eine Idee zu haben», erzählt die damalige Studentin, die ohne Zuschlag blieb. Für den diesjährigen Bewerbungsprozess, bei dem die Trainerikone Jürgen Klopp als Sujet diente, musste Epprecht deshalb konkreter werden.«Die Herausforderung war, mich für ein Konzept zu entscheiden.»

Viele hätten etwas gemacht, das typisch für Jürgen Klopp sei (zentralplus berichtete). «Das wollte ich nicht», erklärt Epprecht, «weil ich wusste, dass ich das Konzept auf 13 andere Portraits anwenden muss». Sie wollte einen übertragbaren Stil und spezifisch dafür ausgewählt werden. Epprecht entschied sich dafür, in Gouache (wasserlöslischer Farbe) zu malen, und nicht etwa digital, wie es viele Andere machten. «Ich finde es sehr schön, das Handwerkliche zu zeigen.»

Spiel mit dem Stil

Zu Fussball habe sie keinen riesigen Bezug, sagt Jolanda Epprecht, aber sie ist ein Fan des alternativen Panini-Albums. Es verbinde zwei Sachen, «die man im ersten Moment nicht erwartet». Für ihren jetzigen Beitrag habe sie sich nicht von Bisherigem inspirieren lassen, sondern überlegte, wie sie ihre eigene Art, Portraits zu gestalten, spezifisch auf dieses Projekt anwenden könne. «Weil ich sonst immer Frauen male, dachte ich, sei es eine gute Herausforderung, einmal viele Männer zu malen», erzählt sie lachend.

Jolanda Epprecht in ihrem Atelier. (Bild: esa)

Umso mehr erfreut sich Epprecht am Spiel mit den Stereotypen. «Der Kontrast zwischen den ‹harten› Fussballern und diesen femininen, floralen Mustern gefiel mir.» Auch sonst arbeite sie viel mit blumigen Mustern. Das Faible dafür spiegelt sich sogar in ihrer Garderobe. «Je mehr ich so malte, desto häufiger habe ich mir entsprechende Kleidung gekauft», erzählt Epprecht. «Das ging Hand in Hand.»

Erkennungsmerkmale

Für einen kompletten Spieler brauche sie rund acht Stunden. «Ich beginne mit der Hilfe eines Fotos, lege das dann weg und schaue es vielleicht erst nach ein paar Stunden wieder an.» Die Kombinationen mit den gemusterten Kleidern sollen ins Auge fallen. «Dazu will ich, dass man die Gesichter erkennt.» Da sie selbst nicht sehr fussballaffin sei, habe sie kaum einen Spieler vorher gekannt. «Ich habe schon das eine oder andere Spiel gesehen, aber das ist es auch schon.»

Mit ihrem Jürgen Klopp schaffte es Jolanda Epprecht unter die 24 Illustratoren des tschutti heftli 2020. (Bild: esa)

Portraits gehören zu Jolanda Epprechts Standardrepertoire. Durch ihre Erfahrung konnte sie den Arbeitsaufwand gut abschätzen: «Ich komme sogar schneller voran, als ich ursprünglich dachte.» Sie habe viel Freude daran, die Bilder zu machen und auf ein solches Projekt hinzuarbeiten. Vollzeit als Illustratorin tätig zu sein, wäre trotzdem nicht in ihrem Sinn. «Eine ganze Woche nur im Atelier wäre zu sehr nur auf mich selbst fokussiert.».

Ohne Grenzen

Da die EM 2020 quer durch Europa stattfindet, passte auch das Tschuttiheftli sein Konzept an, um ein Europa ohne Grenzen zu symbolisieren. Normalerweise wird einem Künstler eine ganze Mannschaft vergeben, dieses Jahr loste man einer Künstlerin durcheinander elf Spieler plus ein Wappen zu. Dazu kommt ein Selbstportrait. «Man kann beim Einkleben wählen, ob man nach Stil oder nach Mannschaft einklebt», erklärt Epprecht. «Entweder sind dann die Mannschaften gemischt, oder der Stil.»

Expansion nach Deutschland und Österreich

Das «Tschuttiheftli» begann als lokales Kunstprojekt zur Heim-EM 2008 in Luzern und ist zu einem internationalen Vorzeigeobjekt dafür geworden, wie Sport und Kunst verbunden werden können. Mittlerweile sind die Hefte und Bilder nicht mehr nur in Luzerner Beizen zu finden, sondern in der ganzen Schweiz sowie in Deutschland, Österreich und Grossbritannien. Der Erlös aus dem Verkauf geht in erster Linie in die Produktion der nächsten Ausgabe und ein Teil des Ertrages geht an das Kinderhilfswerk terre des hommes.

Wegen dem komplizierten EM-Qualifikationsprozedere erhalten die Illustratoren die letzten zwei Portraits erst im März zugelost. Mit allen anderen hatte Epprecht schon begonnen. Anfangs machte sie drei Vorzeichnungen mit Farbstift und füllte die grossen Flächen in den Blättern. «Danach ging es nach Lust und Laune weiter.» Wenn Kleines, Filigranes dran war, malte sie die Gesichter und Muster. «Wenn ich darauf keine Lust hatte, habe ich beim nächsten Bild angefangen, die grossen Flächen zu füllen.»

Ein Amt der Ehre

Für ihre Arbeit erhalten die Illustratoren einen Beitrag, der via Crowdfunding gesammelt und gleichmässig aufgeteilt wird. Dieses Mal kamen so insgesamt 12'300 Franken zusammen. Auch eine Reise nach Luzern gehört zur Entschädigung. «Ich wohne halt schon hier», lacht Epprecht und sagt: «Diese Arbeit hätte ich auch ohne finanzielle Entschädigung gemacht.» Zwar sei der Zustupf natürlich schön, aber schliesslich arbeite auch das Team hinter dem Projekt ehrenamtlich.

An rund drei Tagen die Woche unterrichtet Jolanda Epprecht bildnerisches Gestalten an der Kantonsschule Musegg. Für den Rest hat sie ihr eigenes Atelier in Luzern. Als Lehrerin habe sie die Chance, Wissen an Jugendliche weiterzugeben und am künstlerischen Ausdruck zu arbeiten. «Es ist immer wieder spannend zu sehen, welche gestalterischen und inhaltlichen Fragestellungen für die Jugendlichen aktuell sind.» Ohne den Druck, finanziell von der Kunst abhängig zu sein, baut sie derweil ihre Kanäle aus. Dazu gehört die Plattform Instagram, wo sie ihre Arbeit präsentieren und neue Aufträge erhalten kann. Ausserdem wird sie für Veranstaltungen gebucht, um mit dokumentarischem Zeichnen das Geschehen in Bild und Text festzuhalten.

Im Tschuttiheftli vertreten zu sein, ist bisher der grösste Auftritt als Künstlerin für Jolanda Epprecht. Dieser Auftrag wird sie dazu animieren, die Fussball-EM im Sommer intensiver zu verfolgen. Sie hofft, dass die Spieler, die sie malt, weit kommen. Sie grinst: «Dadurch, dass man Spieler aus verschiedenen Mannschaften malt, ist die Chance gross, dass jemand davon die EM gewinnt.»

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