Wohnungsnot in Luzern

«Jetzt müssten die Mieten runter»

Das Wohnquartier an der Büttenenhalde in Luzern. (Bild: Emanuel Ammon/ Aura Fotoagentur)

Der Referenzzinssatz ist auf einen neuen Rekordtiefstand gefallen. Eigentlich dürften sich jetzt viele über tiefere Mieten freuen. Umso mehr, als Luzern mittlerweile zu den teureren Pflastern für Mieter gehört. Die meisten werden jedoch enttäuscht.

Der hypothekarische Referenzzinssatz für die Mieten ist von 2 auf 1,75 Prozent gesunken, wie am Montag das Bundesamt für Wohnungswesen bekannt gibt. Ein Grossteil der Mieterinnen und Mieter hätte entsprechend Anspruch auf eine Mietzinssenkung von rund 3 Prozent. Leider reduzieren viele Vermieter ihre Mieten nicht von sich aus – was viele Mieter verärgern dürfte.

Der Tonfall des Mieterverbandes ist entsprechend unmissverständlich und klar: Während Wohneigentümer Jahr für Jahr fürs Wohnen weniger ausgeben müssten, seien die Wohnkosten für Mieterhaushalte weiter angestiegen, schreibt er in einer Mitteilung. Doch ein Grossteil hätte Anrecht auf niedrigere Mieten. Die Vermieter müssten ihrer sozialpolitischen Verantwortung nachkommen und die Mieten auf den nächstmöglichen Termin entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen senken. zentral+ sprach mit Michael Töngi, Generalsekretär des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands, über die Situation in Luzern und über die Gründe für die Verweigerungshaltung vieler Vermieter.

zentral+: Wer wird von dieser Zinssenkung tatsächlich profitieren?

Michael Töngi: Die überwiegende Mehrheit der Mieter hätte ein Recht auf eine Mietzinssenkung. Leider bekommen sie nur rund 20 Prozent.

zentral+: Warum ist das so?

Töngi: Man muss eine Reduktion schriftlich einfordern, was nicht alle machen. Wer dies aber tut, bekommt in den meisten Fällen eine Senkung – das ist zumindest unsere Erfahrung. Allerdings haben Vermieter vermehrt Ausreden zur Hand.

zentral+: Was für Ausreden?

Töngi: Entweder heisst es, die Rendite sei ungenügend, oder es wird behauptet, dass die aktuelle Miete «orts- und quartierüblich» sei. Es gibt zum Beispiel einen Musterbrief des Hauseigentümerverbands Bern, der diese Argumente prominent beinhaltet und die Vermieter auf sie aufmerksam macht. Der Vermieter ist aber für diese Gründe beweispflichtig, doch gelingt es ihm kaum, diese Argumentation in der Praxis belegen zu können.

zentral+: Was, wenn ein Mieter das anzweifelt?

Töngi: Dann geht das Ganze an die Schlichtungsbehörde.

zentral+: Eigentlich ist es erstaunlich, dass viele Mieter erst gar nicht nach einer Reduktion verlangen. Warum ist das so?

Töngi: Bei den einen ist es womöglich Trägheit, aber es gibt auch andere Gründe. Menschen mit Migrationshintergrund etwa haben vielleicht Schwierigkeiten mit der Sprache. Manche realisieren darum gar nicht, dass sie die Reduktion verlangen könnten, und andere wissen nicht, wie genau sie das anstellen müssten.

zentral+: Die Wohnungen in Luzern sind teuer und rar, darum wäre eine Mietzinssenkung hier sehr willkommen.

«Wir haben heute höhere Mieten als etwa St. Gallen oder Basel-Stadt. Insofern wäre eine Entlastung der Mieten bitter nötig.»

Michael Töngi, Schweizerischer Mieterverband

Töngi: Auf jeden Fall. Luzern hat sich in den letzten Jahren punkto Wohnen zu einem Hotspot entwickelt. Es ist offensichtlich, dass Luzern in den Sog des Wirtschaftsraumes Zürich geraten ist und darum die Mietpreise markant gestiegen sind. Luzern hatte immer schon relativ hohe Mietzinse, wir haben heute höhere Mieten als etwa St. Gallen oder Basel-Stadt. Insofern wäre eine Entlastung der Mieten bitter nötig.

zentral+: Seit 2008 sind schweizweit die Mieten um 9 Prozent gestiegen, gleichzeitig sind die durchschnittlichen Hypothekarzinsen von 3,45 auf 1,86 Prozent fast halbiert worden.

Töngi: Die Eigentümer zahlen dieses Jahr 14 Milliarden weniger Zinsen als vor sieben Jahren. Ein Teil dieser Einsparung müsste den Mietern zugutekommen. Das ist leider in den meisten Fällen nicht geschehen. So werden jährlich Milliardenbeiträge von den Mietern zu den Vermietern umverteilt, was im höchsten Masse ungerecht ist.

zentral+: Wie gross ist denn konkret das Sparpotenzial?

Töngi: Wenn man die letzten drei Senkungen des Referenzzinssatzes zusammen nimmt – viele Vermieter haben keinerlei Senkungen gewährt –, dann kommt man auf rund 8 Prozent. Das wären bei einer monatlichen Miete von 2500 Franken immerhin 200 Franken. Pro Jahr macht das 2400 Franken, damit könnte man ein schönes Reisli machen.

Hier können Sie den Musterbrief zur Mietzinsreduktion herunterladen.

 

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