Christliche Kampagne regt an oder auf

«Jesus ist …ein Kiffer»

Die auf Nietzsche zurückgehende Aussage «Gott ist tot» erhitzt die Gemüter bis heute, wie die Kritzeleien am Bahnhof Cham zeigen. (Bild: Yannik Ringger)

Seit einigen Wochen hängen an zahlreichen Orten im Kanton Zug leere APG-Plakate mit der Sprechblase «Jesus ist …». Dazu die Frage «Was meinst du?» zentralplus nahm die Plakate in Zug unter die Lupe. Was haben die Zuger alles darauf gekritzelt?

Auffallend sind sie schon, die Plakate. Vor einem wahlweise blauen, olivgrünen oder rosa Hintergrund stechen die beiden weissen Sprechblasen hervor. Die simple Phrase «Jesus ist …» soll Passanten dazu anregen, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

Vor allem positive Botschaften

Am Bahnhof in Zug und Cham werden die Flächen rege genutzt. Ins Auge springen zunächst die vielen unterschiedlichen Schriften und Farben der Stifte, welche die Plakate zu einem kleinen Kunstwerk machen. Die Zuger lassen sich nicht lange bitten und lassen ihrer Kreativität freien Lauf. So charakterisieren einige Jesus wahlweise als «Kiffer», «Putin» oder geile Siech». Diese Plakate werden den Passanten eher in Erinnerung bleiben als triviale Beschreibungen Jesu wie «Sohn Gottes», «Gnädiger» oder «der gute Hirt».

(Bild: Yannick Ringger)

Die meisten Kommentare drücken jedoch eine positive Einstellung gegenüber Jesus aus. Teilweise wirken sie beinahe euphorisch, so bei «immer für mich da!», «das Beste», «Liebe in Person». Wenn Menschen wie bei dieser Aktion – «Ja, auf dieses Plakat darfst du schreiben. Ehrlich, aber fair.» – freundlich aufgefordert werden, ihre Meinung auf ein Plakat zu schreiben, sind die Reaktionen offensichtlich durchaus positiv – im Gegensatz zu populistischen Abstimmungsplakaten, die Teile der Bevölkerung zu aggressiven Kommentaren provozieren.

«Gott ist tot» am Bahnhof Cham

Ganz ohne kritische Kommentare geht es allerdings nicht. Am Bahnhof Cham sticht ein ebenso fettes wie düsteres «Gott ist tot!» hervor, das einige Jesus wohlgesinnte Meinungen wie «der Retter und Erlöser» überdeckt, doch prompt Reaktionen provoziert. Gleich zwei Kommentatoren erwidern, dass «er» sehr wohl unter uns sei. An diesem Beispiel hat sich also eine kleine Diskussion entzündet.

(Bild: Yannick Ringger)

Kleine Zensur – Plakate teilweise ausgewechselt

Dass der Autor keine verletzenden Kommentare gefunden hat, hängt mit einem kleinen Trick von den Organisatoren der Kampagne zusammen. «Plakate, auf denen es rassistische Äusserungen gab, liessen wir abhängen und durch neue ersetzen. Dies betraf aber nur ein Prozent aller Plakate», so Rachel Stoessel, Geschäftsführerin vom Aktionskomitee Christen Schweiz.
Ironische und provokative Kommentare mussten in Kauf genommen werden, da das Komitee mit der Aktion «vor den Ostern eine Diskussion über Jesus Christus in Gang setzen» wollte. Insgesamt wurden seit Mitte März 1500 Plakate in der Deutschschweiz aufgehängt. Finanziert wurde das Projekt von Stiftungen sowie Privatpersonen.

«Plakate, auf denen es rassistische Äusserungen gab, liessen wir abhängen und durch neue ersetzen.»
Rachel Stoessel, Aktionskomitee Christen Schweiz

«Ein Prophet, wie Mohammed»

Dass sich in einer pluralistischen Gesellschaft auch Angehörige anderer Konfessionen in der Debatte über religiöse Werte zu Wort melden wollen und die Unterschiede zwischen den einzelnen Glaubensrichtungen nicht so gross ist, wie man aufgrund der Medienberichterstattung meinen könnte, zeigt ein Kommentar in Cham eindrücklich: Jesus sei ein «Prophet, wie Mohammed».

Die Kampagne wird nur von christlichen Verbänden geführt. Kann sie dennoch als Aktion gesehen werden, damit nach der langjährigen, negativen Presse über den Islam Religionen wieder positiv in der Öffentlichkeit erscheinen? Stoessel verneint dies: «Unabhängig vom aktuellen Weltgeschehen wollten wir eine grundsätzliche Debatte über die Bedeutung christlicher Werte für unser Land anstossen.

(Bild: Yannick Ringger)

Alle Jahre wieder?

Wird die Plakatkampagne nächstes Jahr fortgesetzt? «Momentan werten wir die Kommentare online und auf den Plakaten qualitativ und quantitativ aus. Wir haben mehrheitlich positive Rückmeldungen erhalten. Das Aktionskomitee plant aber keine nächste Kampagne», schliesst Stoessel.

(Bild: Yannick Ringger)

Eines wurde bei dieser Aktion jedoch wieder einmal deutlich: Überraschend viele Leute tragen einen Filzstift bei sich. Die Person Jesu lässt die Zuger Bevölkerung nicht kalt und falls doch, so lässt sich Jesus, wie ein Kommentar am Chamer Bahnhof bemerkt, wenigstens als «gute Marketingskampagne für die kat. Kirche» benützen.

(Bild: Yannick Ringger)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von bplanet
    bplanet, 05.04.2016, 10:14 Uhr

    Der Artikel hat mich amüsiert. Die These «Jesus ist …ein Kiffer» gibt einer bereits älteren Theorie wieder mal Auftrieb 🙂

    http://www.cannabisculture.com/content/1998/01/02/1301

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