Ermittlungen zur Vergewaltigung in Emmen

«Jede Probe könnte ein Treffer sein»

Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft, äussert sich zum aktuellen Stand der Ermittlungen im Vergewaltigungsfall von Emmen. (Bild: Montage/zentral+)

Noch 14 Proben stehen aus – dann ist klar, ob der Massen-DNA-Test ein Flop war oder der Täter gefasst werden kann. Warum sind einige Personen nicht zum Test erschienen? Und wie geht’s weiter, wenn der letzte Strohhalm reisst? zentral+ hat mit Simon Kopp über die laufenden Ermittlungen gesprochen.

In einem «Rundschau»-Bericht von vergangener Woche wurde die Arbeit der Luzerner Behörden harsch kritisiert: Die Fahnder hätten bei ihren Ermittlungen zur Vergewaltigung von Emmen falsche Prioritäten gesetzt – ausserdem seien die Kriterien zur Auswahl der Personen für den Massen-DNA-Test untauglich und dieser ein Flop gewesen. Die Luzerner Staatsanwaltschaft wehrte sich gegen diese Vorwürfe und bemängelte, dass ein Teil der inhaltlichen Angaben des Berichts falsch seien (zentral+ berichtete). 

Bis zum besagten Fernsehbericht hüllte man sich seitens der Luzerner Staatsanwaltschaft bezüglich des Falls grossmehrheitlich in Schweigen, «aus ermittlungstaktischen Gründen», wie es auf Anfragen stets hiess. Man wolle dem Täter schliesslich keinen Vorsprung gewähren.

«Bei jeder offenen Probe besteht die Chance, dass es sich um den Täter handeln könnte.»
Simon Kopp, Luzerner Staatsanwaltschaft 

Am Donnerstagvormittag dann jedoch die Überraschung: Die Staatsanwaltschaft informiert über den aktuellen Stand der Ermittlungen – und das noch bevor der Massen-DNA-Test restlos ausgewertet und abgeschlossen ist. zentral+ hat mit Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft, über die offenen Fragen gesprochen.

zentral+: Herr Kopp, vor einigen Tagen hiess es noch, dass man erst Ende Jahr – nach Abschluss des Massen-DNA-Tests – über den aktuellen Stand der Dinge informieren will. Warum äussert sich die Luzerner Staatsanwaltschaft gerade jetzt zum Fall? Ist der öffentliche Druck nach dem «Rundschau»-Bericht nun doch zu gross geworden?

Simon Kopp: Die Rundschau ist für uns nicht interessant und auch nicht relevant. Wir richten unser Verhalten und unsere Ermittlungen und Kommunikation auch nicht auf Medienberichte aus. Wir haben immer gesagt, dass wir vor Ende Jahr informieren werden. Es war ein guter Zeitpunkt, um die aktuellen Zwischenergebnisse zu kommunizieren. Zudem haben wir den Medientext mit dem Opfer besprochen und auch die Personen, welche den DNA-Test mitgemacht hatten, unseren Brief im Briefkasten.

zentral+: Drei Personen wurden vorübergehend festgenommen. Warum? Befinden sich diese noch in Haft?

Kopp: Das war bereits vor dem Massen-DNA-Test. Die Personen befinden sich nicht mehr in Haft, da sich der Verdacht gegen sie nicht erhärtet hatte. Der Test der DNA fiel negativ aus und auch die Alibiabklärungen waren entsprechend.

zentral+: 14 Proben wurden bisher noch nicht erhoben, weil sich die Personen im Ausland oder in den Ferien befinden. Könnte es sein, dass einige davon abgetaucht sind?

Kopp: Im Moment wissen wir, dass die Personen entweder in den Ferien sind, oder dass sie sich im Ausland aufhalten. Wir setzen alles daran, diese Personen noch zu testen. Wenn eine Person abgetaucht ist, so wird sie für uns besonders interessant.

zentral+: Wie geht man dabei vor, diese Personen zur Prüfung ihres DNA-Profils zu bewegen?

Kopp: Bei jeder offenen Probe besteht die Chance, dass es sich um den Täter handeln könnte. Wir setzen alles daran, diese Proben noch zu erhalten. Wie wir das machen, geben wir nicht bekannt, weil wir den allfälligen Täter nicht vorwarnen wollen.

zentral+: Gibt es Personen, die Beschwerde gegen eine Entnahme der DNA eingereicht haben?

Kopp: Nein, im Gegenteil. Wir haben bezüglich unseres Vorgehens viele positive Rückmeldungen von Betroffenen erhalten. Viel wurde positiv wahrgenommen, dass man sich so entlasten konnte.

zentral+: Neben dem Massen-DNA-Test haben die Strafverfolgungsbehörden weitere 200 Personen polizeilich überprüft. Stammen diese alle aus Emmen?

Kopp: Nein. Wie die zum DNA-Test vorgeladenen Personen erfüllen auch diese Personen entweder einen Tatortbezug oder weisen Ähnlichkeiten zum Täter-Signalement auf – oder aber es liegt sonst ein Verdacht im Zusammenhang mit der Tat gegen sie vor. Der Wohnsitz im engeren Umkreis zum Tatort ist nur ein mögliches Kriterium unter vielen.

zentral+: Die DNA dieser Personen wurde nicht erhoben – heisst das, dass diese Personen bereits früher ins Visier der Justiz geraten sind?

Kopp: Eine DNA von einer Person besteht dann, wenn schon mal Ermittlungen gelaufen sind – diese müssen auch nicht unbedingt mit einem Sexualdelikt im Zusammenhang stehen. Die Polizei hat neben dem Massen-DNA-Test auch andere Ermittlungen am Laufen. Daher kommen auch weitere Personen in unseren Fokus, die aufgrund ihrer Vorgeschichte aufgefallen sind.

«Wir nutzen jede Chance, den Täter zu fassen.»

zentral+: Bezüglich der weiteren Ermittlungen: Sie erwähnten, dass man mit einem Profiler zusammenarbeitet. Was können solche Analytiker leisten? Besteht bereits ein psychologisches Profil des Täters oder welche Inputs kann er für die Ermittlungen liefern?

Kopp: Wir haben dem Profiler unsere Informationen gezeigt und er hat sich im Rahmen einer Einschätzung dazu geäussert. Seine Hinweise sind in unsere Ermittlungen – auch in den Massen-DNA-Test – eingeflossen. Es besteht aber bisher kein festes und regelmässiges Austauschgefäss, da uns auch einige erforderliche Parameter zur näheren Untersuchung fehlen. Für ein erfolgreiches Profilen müssen sehr viele Parameter bekannt sein. Sobald uns weitere oder neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir die Lage neu beurteilen lassen.

zentral+: Würde eine engere Zusammenarbeit nicht Sinn machen – insbesondere, wenn der Massen-DNA-Test ein Misserfolg wird?

Kopp: Das kann durchaus Sinn machen, wenn wir weitere neue Erkenntnisse haben. Wir nutzen jede Chance, den Täter zu fassen.

zentral+: Wie geht es weiter, wenn der Massen-DNA-Test nicht erfolgreich ist? Wird dann der Kreis der Verdächtigen erweitert und nochmals getestet?

Kopp: Wir haben diverse Ermittlungen am Laufen. Die Situation wird auch immer wieder neu eingeschätzt. Wir wollen diesen Täter fassen. Jetzt gilt es aber erst einmal, alle Testresultate abzuwarten und die anderen Ermittlungen weiterzuführen.

Im Juli dieses Jahres wurde hier am Dammweg in Emmen eine Frau vom Velo gerissen und vergewaltigt. Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln noch immer nach dem Täter. (Bild: SRF)

Im Juli dieses Jahres wurde hier am Dammweg in Emmen eine Frau vom Velo gerissen und vergewaltigt. Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln noch immer nach dem Täter. (Bild: SRF)

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