Egal, ob katholisch oder nicht

Jede Luzernerin soll einen Franken nach Rom schicken

Die Schweizergarde bei der Papstverabschiedung im Februar 2019. (Bild: www.schweizergarde.va)

Die Leibgarde des Papsts braucht eine neue Unterkunft. Was das mit Luzern zu tun hat? Eine Menge. Die Regierung will der Schweizergarde nämlich einen Franken pro Einwohner schicken, um in Rom eine Kaserne bauen zu lassen.

Die Schweizergarde schützt den Papst seit 1506 – also seit genau 515 Jahren. Das trägt zum «Ansehen und zur Ausstrahlung der Schweiz in der Welt bei», davon ist die Luzerner Regierung überzeugt. Die Kaserne, in der die Leibgarde untergebracht ist, dürfte nicht ganz so alt sein. Aber sie entspricht nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen. Der Vatikan will für 50 Millionen Franken eine neue bauen. Aber finanzieren will er sie nicht selber.

Für die Renovation der Kaserne der Schweizergarde wurde vielmehr eine Stiftung ins Leben gerufen. Diese schickte Bettelbriefe in alle Welt – so auch an den Bund und die Kantone. Der Bundesrat wollte darauf hin acht Millionen Franken springen lassen. Einen Franken pro Schweizer.

400'000 Franken für den Kirchenstaat

Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP) soll dagegen interveniert haben, wie die Wochenzeitung Woz im Juli berichtete. Dies, weil für eine solche Spende die rechtliche Grundlage fehle. Schliesslich einigte sich die Regierung auf fünf Millionen Franken als «Beitrag an die bilateralen Beziehungen zum Vatikan». Das eidgenössische Parlament winkte den Kompromiss durch.

Nun schlägt die Luzerner Regierung das Gleiche vor: eine Spende von einem Franken pro Einwohner. Das macht 400'000 Franken. In ihrer Botschaft ans Parlament unterstreicht sie die enge Verbindung des Kantons Luzern zur Schweizer Garde. Das Kommando sei während mehr als 300 Jahren ausschliesslich in Luzerner Hand gewesen, so die Regierung. Dies von 1548 bis 1878.

Sechs Luzerner seien derzeit im Dienst der Schweizer Garde. Und kein anderer Kanton sei in den letzten zehn Jahren so oft als Gastkanton zur Vereidigung der Schweizergarde im Vatikan, der sogenannten Sacco di Roma, eingeladen worden.

Entschiedener Protest seitens der Linken

Ob das reicht, um das Parlament zu überzeugen? Widerstand zeichnet sich auf linker Seite ab. Dass die Luzerner Kantonsregierung Geld nach Rom schicken will, bezeichnete SP-Präsident David Roth letzte Woche in seinem zentralplus-Politblog gar als «Skandal».

Die Regierung des Kantons Luzern wolle dem «schuldenfreien Vatikan einen ordentlichen Batzen» überweisen. Geld, das von Katholikinnen, Reformierten, Buddhistinnen, Muslimen oder Konfessionslosen eingetrieben worden sei, um die kantonalen Aufgaben zu erfüllen. «Der Heilige Stuhl will Geld, das mit Kürzungen von Prämienverbilligungen und Stipendien zuvor den Ärmsten weggenommen wurde», kritisiert Roth. Während die Linken den Beitrag kritisch sehen, stehen die Bürgerlichen ihm eher wohlwollend gegenüber (zentralplus berichtete).

Prominenter Luzerner Unterstützer

Entstehen sollen 114 Einzelzimmer für Hellebardiere, elf Studios für Unteroffiziere und 26 Wohnungen für Familien. «Alle Gardisten und ihre Familien können so unter einem Dach untergebracht werden», argumentiert die Regierung. Die Spende trage dazu bei, dass die Gardisten ihren Dienst in einer «zeitgemässen, familienfreundlichen und den ökologischen Standards genügenden Umgebung leiten können. «Die Unterstützung ist auch eine Investition in die Zukunft», findet die Regierung.

Einer der grossen Verfechter der Schweizer Garde ist der Luzerner Unternehmer und Galerist Hermann Beyeler. Er habe schon so manchen Regierungsrat im Vatikan bei Vereidigungen sprechen gehört, sagte er im Juni gegenüber dem Portal kath.ch. Vom «Stolz auf die Garde» sei immer wieder die Rede gewesen.

Aus seiner Sicht sollte jeder Kanton eine Million an den Bau einer Kaserne beitragen. «Solche Beträge hinter der Kommastelle machen den Kantonen nichts aus», wird Beyeler zitiert, der als einer der reichsten Männer der Schweiz gilt. Der Kunstsammler hat mehrere Bücher geschrieben, die im Vatikan spielen. «Wenn man die Schweizergarde aufgibt, gibt man eine hohe Tradition weg, die man nicht mehr zurückholen kann», meint er.

St. Gallen macht mit – Zürich winkt ab

Bereits 510'000 Franken gesprochen hat der Kanton St. Gallen. Der Betrag entspricht ebenfalls einem Franken pro Einwohner. Die SP hatte im Kantonsrat vergeblich argumentiert, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht römisch-katholisch sei.

Die Luzerner Regierung verweist in ihrem Bericht darauf, dass daneben auch Appenzell und Graubünden bereits einer Spende zugestimmt hätten. Dass der Kanton Zürich dem Anliegen postwendend eine Absage erteilte, unterschlägt sie in ihrer Botschaft ans Parlament, das voraussichtlich im Dezember über den Beitrag entscheiden wird.

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7 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf 1
    Rudolf 1, 02.11.2021, 06:26 Uhr

    Nochmals: Rom liegt in Italien. Die Vatikanstadt ist im Vatikanstaat.

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  • Profilfoto von Karl-Heinz Rubin
    Karl-Heinz Rubin, 28.10.2021, 09:29 Uhr

    Nicht wirklich….
    Eine kleine Info

    Der Vatikan ist reich und das Vermögen des Kirchenstaates wächst von Jahr zu Jahr. Einnahmequellen sind zum Beispiel Mieten – auch von Schweizer Liegenschaften.

    «SI Rieu-Soleil SA» ist die formelle Eigentümerin eines unscheinbares Wohnhauses im Genfer Quartier Eaux-Vives. Nichts ungewöhnliches könnte man meinen. Falsch! «SI Rieu-Soleil SA» hat nur einen einzigen Aktionär: den Vatikan.

    Vatikan kaufte Immobilien mit Mussolini-Gelder
    Der Vatikan scheffelt daher Jahr für Jahr einiges an Geld mit Miet- und Pachteinnahmen. Das sind aber längst nicht alle Einnahmequellen, denn auch der Peterspfennig (rund 60 Mio. Euro), Zahlungen von Bistümern aus aller Welt (24 Mio. Euro), Eintrittsgelder zu den Vatikan-Museen (hoher zweistelliger Millionenbetrag), Spenden, Einkünfte aus dem Briefmarken-, Münzen- und Souvenir-Verkauf sowie Filmrechte lassen das Vermögen des heiligen Stuhls jährlich anwachsen.

    Anders gesagt also: Das unscheinbare Wohnhaus im Genfer Quartier Eaux-Vives gehört dem Papst persönlich. Damit aber nicht genug. Das katholische Kirchenoberhaupt besitzt auch rund ein Dutzend Renditeliegenschaften in Lausanne – und das nicht erst seit gestern.

    Der Vatikan hat die Schweizer Immobilien mit Geldern von Italiens Ex-Diktator Benito Mussolini gekauft. Dieser hatte den heiligen Stuhl im Jahr 1929 mit 1,75 Mia. Lire entschädigt, nachdem der Vatikan im 19. Jahrhundert seine einst riesigen Gebiete offiziell an Italien abtreten und Rom als Hauptstadt Italiens anerkennen musste. Der Betrag den Mussolini damals bezahlte war rund ein Prozent des damaligen Bruttosozialprodukts Italiens, das wären heute rund 18 Milliarden Franken.

    Vatikan hält auch Aktien an UBS und Roche
    Wie die «Tagesschau» berichtet, hat der Vatikan bereits in den 30er-Jahren Boden und Liegenschaften in Genf und Lausanne gekauft. Für Aussenstehende ist dies jedoch kaum erkennbar. Hinweise finden sich laut dem Bericht nur vereinzelt in Dokumenten im Handelsregister.

    Der Vatikan ging nach dieser Entschädigung kräftig auf Einkaufstour und zwar nicht nur in der Schweiz: Wohnhäuser in Paris an bester Lage und unter anderem eine Immobilie an einer teuren Einkaufsstrasse in London gehören heute sozusagen zum heiligen Staat. Auch dort ist zudem wieder – wie in Genf und Lausanne – nach Aussen nicht ersichtlich, wer der wahre Besitzer ist.

    Vermögen des Vatikans kann nur geschätzt werden
    Nicht zuletzt gehört zum Besitz des Vatikans natürlich auch die eigene Bank und diese liefert ihren Gewinn – zuletzt 32 Mio. Euro – ebenfalls an den Kirchenstaat ab. Schätzungen zum Vermögen des Vatikans reichen deshalb bis zu 12 Milliarden Euro. Dabei liegt die Betonung auf Schätzungen – offizielle Zahlen gibt es nämlich nicht. Bekannt ist aber zum Beispiel, dass das Gesamtvermögen alleine 2014 um 939 Millionen Euro zunahm und das verrät doch einiges.

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    Luzerner, 26.10.2021, 19:45 Uhr

    Aufhören mit dem Seich und besser in die kantonalen Museen investieren.

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    Julius Cäsar, 26.10.2021, 10:03 Uhr

    Ich bin dagegen. Die Schweizer Garde für den Kirchenfürsten ist ein Überbleibsel des Schweizer Söldnerwesens.

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    Erich Furrer, 26.10.2021, 09:29 Uhr

    Jetzt reichts. Die Kirchenfürsten in Rom sprich Vatikan haben einer unermesslichen Reichtum in ihren Kellern gebunkert. Dass wir nun für unsere Söldnertruppe auch noch die Unterkunft finanzieren sollen schlägt dem Fass den Boden aus. Es reicht wenn wir uns schon lächerlich machen mit unseren Strampelhosen tragenden Garde im Vatikan.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 26.10.2021, 09:09 Uhr

    Dann soll der Herr Beyeler diese CHF 400’000.– übernehmen. Es ist einfach unfassbar, dass die Politik, die Stadt und ein paar Römer auf eine solch absurde Idee kommen. Der Vatikan ist ein milliardenschweres Unternehmen, welches sich u.a. auch nicht gerade durch eine seriöse Geschäftsführung ausgezeichnet hat. Diesem Unternehmen sollen wir auch noch Geld überweisen? In Anbetracht der Tatsache, dass sich die römisch-kathollische Kirche an so vielen Menschen vergriffen hat, geraubt und gemordert hat, an Sarkasmus nicht zu überbieten.

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  • Profilfoto von Fritz Kind
    Fritz Kind, 26.10.2021, 08:51 Uhr

    Das ist ja unmöglich! Unterkunft und Verpflegung haben von den Auftraggebern gestellt zu werden, das ist die Kirche und niemand anders! Ansonsten Sachen packen und nach Hause gehen, soll der Papst sich doch ein Taschenmesser beim nächsten Besuch im Luzerner Souvenirshop kaufen zur Selbstverteidigung.

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