Kriminalgericht Luzern fällt Urteil

Jahrelange Männerfreundschaft endet mit Messerstich in die Brust

Die drei Männer feierten ausgelassen in einer Luzerner Bar – doch einen von ihnen kostete der Abend beinahe das Leben. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Ein Mann ist im Dezember 2017 mit einem Sackmesser auf einen Freund losgegangen und hat ihn lebensgefährlich verletzt. Dafür soll er sechs Jahre ins Gefängnis und danach die Schweiz verlassen, entschied nun das Luzerner Kriminalgericht.

Es war ein feuchtfröhlicher Abend: Die Männer assen abends zusammen, gingen dann in eine Bar und feierten nach dem Zapfenstreich daheim noch weiter. Ein regelrechtes «Gelage» veranstalteten sie. Insgesamt tranken die drei zwei Flaschen Wodka – und dazu eine Menge Bier.

In den frühen Morgenstunden kippte plötzlich die Stimmung. Während einer der Männer betrunken auf einem Stuhl eingeschlafen war, gerieten die anderen beiden in Streit. Wenige Sekunden später ging einer zu Boden. Sein Freund hatte mit einem Sackmesser mindestens drei Mal auf ihn eingestochen. Und dabei eine Arterie nur um Millimeter verfehlt. Bis zu acht Zentimeter tief waren die Wunden.

«Mein Freund hat mir gesagt, dass ich auf ihn eingestochen habe – und ich glaube ihm.»

Beschuldigter

Diesen Freitag nun stand der Mann vor dem Kriminalgericht Luzern. Es handelt sich um einen feingliedrigen 29-Jährigen aus Eritrea, der die Fragen freundlich und auffällig ruhig beantwortet. Er gibt an, sich an die Tat nicht erinnern zu können. «Aber mein Freund hat mir gesagt, dass ich auf ihn eingestochen habe – und ich glaube ihm.»

Er erinnert sich an alles – ausser an die Tat

Zur Tatzeit hatte der Mann eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,1 Promille. Einen solchen Wert erreichen meist nur gewohnheitsmässige Trinker – und ein solcher ist er. Eine Amnesie ist bei derart hohen Werten zwar häufig. Aber war es im vorliegenden Fall tatsächlich so?

Dass der Kriminalrichter daran zweifelt, ist in der Befragung deutlich herauszuhören. Nicht weniger als sechs Mal befragt er den Mann in unterschiedlichsten Variationen zu seinen angeblichen Erinnerungslücken.

«Es muss davon ausgegangen werde, dass er sehr wohl weiss, wie es zu der Tat kam.»

Staatsanwalt

Den Akten ist nämlich zu entnehmen, dass sich der Eritreer sehr gut an etliche Details des Abends erinnern kann. Etwa, was und wie viel sie getrunken haben. Oder wo wer gesessen hat. «Sie konnten auch das Messer aufklappen und sagten gegenüber der Polizei, dass der zweite Kollege auch im Zimmer war, als sie zugestochen haben. Das spricht doch dagegen, dass Sie sich nicht erinnern können», beharrt der Richter. Doch der junge Mann beteuert: «Ich kann mich nicht erinnern.»

Die Attacke kam aus dem Nichts

Als die Polizei – vom Opfer gerufen – am Tatort an der Baselstrasse eintraf, lag der mutmassliche Täter ohnmächtig auf dem Bett. Der Verletzte sagte aus, der Messerstecher habe beim Eintreffen der Polizisten so getan, als hätte er das Bewusstsein verloren. «Es spricht aber vieles dafür, dass er die Amnesie vortäuscht, um eine Strafmilderung zu erreichen», sagte dazu der Staatsanwalt. «Es muss davon ausgegangen werde, dass er sehr wohl weiss, wie es zu der Tat kam.» Er forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.

«Es ist lebensfremd, dass er das Opfer hätte liegen lassen, wenn mein Mandant nicht bewusstlos gewesen wäre.»

Verteidiger

Dass der Tat ein länger gärender Konflikt zugrunde lag, wird von allen drei Freunden bestritten. Die Attacke kam aus dem Nichts. Der Verteidiger zweifelte deshalb die Aussagen der beiden Zeugen an. «Mein Mandant ist zwar überzeugt, dass es stimmt. Er mag die beiden und kann sich nicht vorstellen, dass sie gegen ihn aussagen würden, wenn er nichts getan hätte.»

Warum liess der Kollege das Opfer mit den Täter allein?

In Tat und Wahrheit seien die Aussagen aber widersprüchlich. So sei ungeklärt, warum der Schlafende nicht schon bei dem Streit aufwachte. Erst nach der Tat will dieser realisiert haben, was passierte. Er gab an, dem Täter das Messer entrissen und es aus dem Fenster geworfen zu haben. Danach will er aus der Wohnung gestürmt sein, um die Polizei zu holen. «Es ist lebensfremd, dass er das Opfer hätte liegen lassen, wenn mein Mandant nicht bewusstlos gewesen wäre», sagte der Verteidiger.

«Ich hatte nie ein Problem mit ihm, wir sind immer gut ausgekommen.»

Beschuldigter

Aus seiner Sicht handelt es sich um eine einfache Körperverletzung, begangen in einem Zustand schwer verminderter Schuldfähigkeit. Angemessen sei dafür eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten. Da der Mann bereits seit drei Jahren im vorzeitigen Vollzug sei, müsse er für die Überhaft entschädigt werden.

Millimeter entschieden über Leben und Tod

Was in jener Nacht im Dezember tatsächlich passiert ist, wird wohl nie ganz geklärt werden können. Klar ist: Eine langjährige Männerfreundschaft endete blutig. Darüber ist beim Beschuldigten ein gewisses Bedauern festzustellen. «Ich hatte nie ein Problem mit ihm, wir sind immer gut ausgekommen.» Das Ganze müsse man sich als eine Art Unfall vorstellen, denn eine solche Tat zu begehen, sei vollkommen untypisch für ihn. «Es tut mir sehr leid. Gott sei Dank ist nichts Schlimmeres passiert.»

«Die Verletzungen waren erheblich, sie hätten tödlich sein können.»

Kriminalrichter

Dass das Opfer den Angriff überlebt hat, ist tatsächlich auch für den Beschuldigten ein Glück. Bei einer vorsätzlichen Tötung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren. Dass es beim Versuch geblieben ist, wirkt sich strafmindernd aus. Auch wenn es reiner Zufall ist, dass der Mann heute noch lebt.

«Die Verletzungen waren erheblich, sie hätten tödlich sein können. Gemäss Gutachten fehlten Millimeter, dass er hätte verbluten können», sagte einer der Kriminalrichter bei der Urteilseröffnung. Wer mit einem Messer mehrfach auf den Oberkörper eines Menschen einsteche, nehme den Tod des Opfers in Kauf.

Mit dem Landesverweis erlischt das Asyl

Der Mann wird daher wegen versuchter eventualvorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die schwere Betrunkenheit des Mannes führt lediglich zu einer leichten Schuldverminderung. Das Kriminalgericht folgt damit weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Die Tat hat zudem einen obligatorischen Landesverweis von zehn Jahren zu Folge. Der Mann war aus Eritrea über den Sudan, Lybien und Italien in die Schweiz geflohen und hat einen Status als anerkannter Flüchtling. Das Asyl erlischt, wenn der Landesverweis rechtskräftig wird. Ob er danach ausgeschafft werden kann, ist offen.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hugo Ball
    Hugo Ball, 08.06.2020, 09:34 Uhr

    Ich stelle nochmals hinsichtlich eines öffentlichen Interesses fest: Bei Verbrechen gegen Leib und Leben mit von Messern sind Eritreer und Somalier überdurchschnittlich oft repräsentiert. Alleine in der Stadt Luzern nun vier Vorfälle in den letzten drei Wochen. In Frenkendorf/BL ebenfalls am Freitag ein Schwerverletzter durch einen Messerangriff eines 21-jährigen Somaliers. Die letzten Monate unzählige weitere solche Vorfälle. Wenn sich die Leute (auch die Einheimischen) auf der Strasse nun ihrerseits wieder als Selbstschutz zu bewaffnen beginnen, würde mich das nicht verwundern! Bedenklich solch Entwicklungen! Auch massiver Alkoholismus unter Eritreern ein massives Problem, das nicht angesprochen werden darf!

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  • Profilfoto von Andy Bürkler
    Andy Bürkler, 05.06.2020, 17:30 Uhr

    Ich werde nie verstehen, warum man solche Leute überhaupt nach Europa lässt.
    Kann mir das mal jemand rational erklären? Bitte rational nicht moralisches Schuldblabla.
    Die Frage lautet: Warum wollen wir das? Warum lassen wir zu, das solche Leute zu uns kommen und unser Sozialsystem belasten?
    Bitte um nachvollziehbare Antworten.

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