Stigmata und «2 für 1»-Aktionen

Bemitleidet Singles! Warum es uns manchmal echt mies geht

Was wohl Isa jetzt wieder umtreibt? (Bild: Mike Bislin)

Ja, es gibt sie: glückliche Singles, die doch etwas zu jammern haben. Aber nicht wegen ihres Beziehungsstatus. Die neueste «Isa, garantiert kompliziert»-Kolumne.

Oh Baby, It’s a couples world.

Diese Welt ist für Singles einfach nicht gemacht. Das merkt man schon bei den TV- und Radiogebühren. Haben doch die Richterinnen am Bundesgericht kürzlich entschieden: Serafe-Gebühren diskriminieren keine Singles. Ob WG mit neun Köpfen oder Ein-Zimmer-Studentenbude: Alle müssen sie gleich viel bezahlen.

Gibt's dich im Duo, sparst du Kohle

Es gibt noch andere Fälle, die sind echt asozial. Als alleinlebende Person musst du fast 4'000 Stutz für ein GA hinblättern. Gibt's dich im Duo und lebt ihr unter einem Dach, zahlst zu einen 1'000er weniger. Einfach so. Weil du dein Plus 1 gefunden hast. Oder bei Spotify: «Individuals» berappen ein Abo mit 12.95 Franken, als «Duo» unter einem Dach spart jede Person vier Franken. Es ist Usus: Beziehungen, Paare und Hochzeiten werden gehyped, Singles stigmatisiert.

Als Single und Alleinlebende fühl' ich mich finanziell nicht wirklich benachteiligt. Ich muss nur für meinen Lebensunterhalt aufkommen. Ich zahle mehr Miete oder eben mehr TV-Gebühren – aber damit kann ich leben.

Viel schlimmer sind die Reaktionen anderer auf den eigenen Singlestatus. Es gibt Menschen, die quält mein Beziehungsstatus viel mehr als mich selbst. Die geben mir das Gefühl, etwas stimme nicht mit mir. Der Richtige kommt schon noch, raunen sie mir zu. Und überreichen mir eine Serviette mit drei Handynummern drauf. «Anton hat bei uns neulich den Strom abgelesen. Er ist in deinem Alter, weisst du. Und sehr, sehr nett. Bärtig dazu.» Dieses Single Shaming ist geht mir echt auf die Nerven.

Und dann gibt es eben die Momente, in denen ich mir als Single in dieser Welt recht fehl am Platz fühle.

Kollaps zwischen Prösiregalen

Lebensmittelläden sind für Alleinstehende das Letzte. Die ganzen XXL-Packungen sind pure Blösse und Verachtung aller Singles.

Aber als Sparfuchs und bei anhaltender Inflation liess ich mich bei den «2 für 1»-Aktionen nicht lumpen. Jetzt liegen bei mir zu Hause zwei Ananässer … Ananassi … Ananasse? Zum Teufel, einfach zwei davon – auf dem Tisch. Dazu gibt's ein gutes Kilogramm Reibkäse und eine gefühlte Tonne Wäschepulver. Bei einem Einkauf bewege ich mich zwischen Prösi- und Essiggurkenregalen, zwischen Schwindelanfällen und Kreislaufkollapsen.

Als Single im richtigen Masse einzukaufen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Entweder überquillt dein Kühlschrank zu Hause dermassen, dass du eine Woche lang den ganzen Wohnblock durchfüttern könntest – oder er bleibt dermassen leer, dass du als Single still und einsam vor dich hin hungerst. Und nach Wochen deine verweste Leiche aus der Wohnungstür gezogen wird, weil dich ja niemand vermisst hat.

Blick aufs stille Örtchen statt Meerblick

Den absoluten Tiefpunkt meiner Single-Karriere erreichte ich vor einigen Wochen. Alleine kreuzte ich in einem Restaurant auf, bevor ich mich mit meiner Kollegin traf. Der Kellner führte mich an einen Tisch, den er ausgewählt hatte. Der Teller wurde aufgetischt. Nur drei Minuten später stand der Kellner wieder am Tisch und fragte, ob es mir vielleicht etwas ausmachen würde, mich an einen anderen Tisch zu setzen.

Ich erblickte Mann und Frau, Hand in Hand, hinter ihm. Ich murmelte etwas, mein Mund war voll und ich stinkehässig. Doch er griff bereits zu meinem Wasserglas, säuselte «ja, mega lieb» und bugsierte mein Glas zu einem der hinteren Tische. Zu einem dieser kleinen, schäbigen Tische. Mit Blick auf die Toiletten statt wie zuvor auf die Limmat.

Lasst uns das Single-Leben zelebrieren

Ich wünsche mir eine Welt, in der es normal ist, als Single alle Raclettepfännchen für sich zu beanspruchen. Und das bei den Tischen für die «besseren Leute». Oder noch besser: Bei einem romantischen Pendler-Rendezvous in einem SBB-Zug mit mir alleine, mit meinem «Es halbs für 1»-ergatterten GA im Hosensack.

Verwendete Quellen
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