Polizei fahndet nach Fussball-Randalierern

Internetpranger verliert an Durchschlagskraft

Abzug der FCZ-Fans nach dem Spiel vom Bundesplatz Richtung Bahnhof. Zu diesem Zeitpunkt war wieder Ruhe eingekehrt. (Bild: zvg)

Im Kampf gegen Fussball-Randalierer vom FCZ-Spiel diesen Mai setzt die Luzerner Polizei erneut auf die Öffentlichkeitsfahndung: Wer sich nicht meldet, wird unverpixelt auf der Polizei-Webseite gezeigt. War dieses Instrument bislang sehr erfolgreich, zeichnen sich nun Probleme ab.

Die Luzerner Polizei sucht nach Personen, die nach dem Mai-Spiel FC Luzern gegen den FC Zürich in Luzern randaliert haben (siehe Box). Damals kam es zu heftigen Schlägereien und erheblichem Sachschaden. Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Strafuntersuchungsbehörden, gibt im Interview Auskunft über die neueste Öffentlichkeitsfahndung der Polizei.

zentral+: Simon Kopp, wie oft hat die Luzerner Polizei schon zur Öffentlichkeitsfahndung gegriffen und mit welchem Ergebnis?

Simon Kopp: 2007 haben wir schweizweit die erste Öffentlichkeitsfahndung durchgeführt – in Absprache mit dem Datenschützer. Alle fünf Gesuchten haben sich damals gemeldet. 2009 haben wir die zweite gemacht, 36 Personen konnten identifiziert werden. 2011 folgte die nächste Öffentlichkeitsfahndung, damals konnten 22 Randalierer identifiziert werden. 2012 kam es vor dem KKL zu Ausschreitungen; 18 per Öffentlichkeitsfahndung ausgeschriebene Personen wurden bestraft. Im gleichen Jahr, nach dem Match gegen GC, konnten so 34 Personen ermittelt werden. Ein Jahr später wurden nach Ausschreitungen 26 Randalierer verurteilt. Nun haben wir folglich die sechste Öffentlichkeitsfahndung gestartet.

«Je öfter wir die Öffentlichkeitsfahndung durchführen, umso schwächer wird das öffentliche Interesse.»

zentral+: Wie erfolgreich ist dieses Mittel in den Augen der Polizei?

Kopp: Wir sind damit eigentlich immer sehr erfolgreich. Allerdings nimmt die Wirksamkeit aber immer mehr ab. Das Problem dabei ist: Am Anfang hat die Bevölkerung dieses Fahndungsmittel sehr interessiert. Je mehr wir es aber einsetzen, umso schwächer wird das öffentliche Interesse und die Klickzahlen auf unserer Webseite. In Zahlen heisst das: 2007 hatten wir auf unserer Webseite mit den gesuchten Personen über 170’000 Klicks. 2012 verzeichneten wir noch zwischen 10’000 und 20’000 Klicks. Für die Leute ist es offenbar nicht mehr gleich spannend, sich die Bilder anzuschauen.

Polizei geht gegen 21 Randalierer vor

Nach dem Fussballspiel vom FC Luzern gegen den FC Zürich letzten Mai ist es in der Stadt zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei konnte 13 mutmassliche Randalierer identifizieren. Nun wird die Staatsanwaltschaft nach einer vorgegebenen Meldefrist die Fotos von 21 weiteren Personen veröffentlichen.

Konkret erhalten beteiligte Personen bis zum 30. August die Möglichkeit, sich bei der Polizei (Tel. 041 248 81 17) zu melden. Am 7. September werden die verpixelten Täterfotos auf der Webseite der Polizei aufgeschaltet. Alle Gesuchten, die sich bis zum 11. September um 12 Uhr nicht melden, werden anschliessend unverpixelt publiziert.

zentral+: Muss sich die Polizei folglich etwas anderes überlegen?

Kopp: Wir sind immer noch sehr zufrieden mit den Rückmeldungen und der Identifizierungsquote. Aber wenn diese radikal abnehmen würden, so müssten wir neue Optionen prüfen.

zentral+: Nun werden 21 weitere Randalierer gesucht. Melden die sich nicht bis zum 30. August, werden ihre Bilder verpixelt veröffentlicht. Woher weiss einer, ob er zu den Gesuchten gehört?

Kopp: Jeder, der an den Ausschreitungen beteiligt war, weiss das sehr genau. Wir suchen alle Personen, die sich innerhalb der gewalttätigen Gruppe aufgehalten oder beteiligt haben. Wenn einer etwa eine Bierflasche gegen Personen geworfen hat, ist er schon dabei, das ist strafbar. Fakt ist aber, dass die Meisten warten werden, bis wir die Bilder ein erstes Mal verpixelt aufschalten werden.

zentral+: Was macht die Polizei mit jenen, die sich melden, obwohl sie nicht unter den Gesuchten sind?

Kopp: Wir haben auch diverse Beteiligte, die wir trotz Bildmaterials nicht veröffentlichen können. Wenn die Person ein strafbares Vergehen meldet, wird sie natürlich erfasst. Das läuft dann unter Selbstanzeige.

So sehen die Fahndungsbilder der Polizei jeweils aus. Dieses hier ist noch immer online. Es stammt von 2012, als es nach einem EM-Qualispiel beim KKL zu Ausschreitungen kam.

So sehen die Fahndungsbilder der Polizei jeweils aus. Dieses hier ist noch immer online. Es stammt von 2012, als es nach einem EM-Qualispiel beim KKL zu Ausschreitungen kam.

(Bild: Luzerner Polizei)

zentral+: Bilder veröffentlichen darf die Polizei nur in schweren Fällen. Trifft das mit Sicherheit auf alle 21 gesuchten Personen zu? Was wirft man ihnen vor?

«Bei den meisten Gesuchten geht es um Landfriedensbruch, also die Beteiligung an einer gewaltsamen Auseinandersetzung.»

Kopp: Hier geht’s immer um Landfriedensbruch, Vermummung und teilweise Körperverletzung. Mindestens der Landfriedensbruch liegt gegen alle der Gesuchten vor. Dabei geht es um die Beteiligung an einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Die meisten sind zudem maskiert. Von einigen haben wir Bilder, auf denen zu sehen ist, wie sie auf andere einschlagen. Da kann auch Körperverletzung dazu kommen.

zentral+: Aber nur die Vermummung allein genügt nicht, oder? Und wenn einer vermummt war, aber nicht zugeschlagen hat?

Kopp: Veröffentlicht wird nur, wer sich aktiv an der Ausschreitung beteiligt hat und damit mindestens Landfriedensbruch begangen hat. Dazu muss er auch nicht unbedingt selber zugeschlagen haben.

zentral+: Und wenn die Polizei ein Bild veröffentlicht, und sich im Nachhinein herausstellt, dass sich die Person nichts zu Schulden kommen liess? Würde sich die Polizei in solchen Fällen strafbar machen, Stichwort Rufschädigung?

«Wenn ein Fall nicht glasklar ist, wird er auch nicht publiziert.»

Kopp: Das wäre in der Tat ein Problem. Aber wie erwähnt, wir machen das nun schon zum sechsten Mal und wir sind extrem vorsichtig dabei. Wenn ein Fall nicht glasklar ist, wird er auch nicht publiziert. Die Öffentlichkeitsfahndung ist ein sehr sensibles Instrument mit grosser Auswirkung auf die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten. Darum muss man das Instrument sehr behutsam und überlegt einsetzen.

zentral+: Melden sich die Gesuchten in der Regel gleich mit oder ohne Anwalt?

Kopp: Meistens melden sie sich sehr schnell, oft gleich mit einem Anwalt. Ich bin überzeugt, dass es nun am 7. September, wenn wir die verpixelten Bilder veröffentlichen, viele Selbstmeldungen geben wird. Grund ist sicher die Angst vor Lehrmeistern und Arbeitgebern. Auch Eltern haben sich bei uns schon gemeldet.

zentral+: Eine Person zu identifizieren ist das eine. Sie rechtskräftig zu verurteilen, das andere. Wie hoch ist hier die Erfolgsquote? Gibt es viele Fälle, die eingestellt werden müssen?

«Die Erfolgsquote liegt hier bei über 90 Prozent, respektive nahezu 100 Prozent.»

Kopp: Die Erfolgsquote liegt hier bei über 90 Prozent, respektive nahezu 100 Prozent. Denn mit den Fotos haben wir einen starken Tatbeweis. In diesen Fällen sind wir uns sehr sicher.

zentral+: 13 Randalierer konnten bislang identifiziert werden. Zwölf davon gehören zum FC Zürich, einer stammt aus dem FCL-Umfeld. Wie sieht das Verhältnis bei den 21 weiterhin Gesuchten aus?

Kopp: Gemäss Stand der Dinge ist darunter nur ein weiterer FCL-Fan.

zentral+: Zwei Luzerner Randalierer, 32 Zürcher  – waren die Luzerner so viel braver?

Kopp: Das kann man so nicht sagen. Diese Aufteilung hat primär mit den Kamerastandorten der Beweisfotos oder Beweisvideos zu tun.

zentral+: Trotz Öffentlichkeitsfahndung kommt es hin und wieder zu Ausschreitungen. Nützt das Instrument überhaupt auch präventiv etwas?

«In der Fan-Szene hört man aber: Pass auf, in Luzern ist es streng.»

Kopp: Das ist Kaffeesatzlesen. In der Fan-Szene hört man aber: Pass auf, in Luzern ist es streng. Wir stellen aber fest, dass die Randalierer nun noch mehr darauf achten, nicht erkannt zu werden.

zentral+: Was für Strafen erwarten die Randalierer?

Kopp: Wir nutzen den vorhandenen Strafrahmen konsequent. Im Wiederholungsfall kann es sein, dass Betroffene weit über 10’000 Franken Geldstrafe plus Untersuchungskosten zahlen müssen.

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